Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
und ich reisen noch heute ab. Ohne dich. « Der Gedanke, dass Robert ihn begehrte, sich gar nach körperlicher Vereinigung mit ihm sehnte, war zu viel für ihn.
»W illiam, bitte, lass mich mit euch gehen! «
»D amit du mir meinen Sohn verdirbst? « Noch ehe er die Worte ausgesprochen hatte, wusste er, dass er Robert unrecht tat, aber Angst und Enttäuschung waren in diesem Augenblick stärker als Freundschaft und Mitleid.
Robert sah ihn mit aufgerissenen Augen an. »N ein, William, das würde ich nie tun! Einen Sohn hast du? Darf ich ihn sehen? « Dann schnappte er nach Luft. »B itte, ich schwöre, ich würde ihn niemals anrühren! «
» D u wirst uns nicht begleiten. Meine Entscheidung ist endgültig, und wage nicht, mir zu Henry de Ferrers’ Halle zu folgen « , erwiderte William mit einem leichten Zittern in der Stimme und verließ das Mauserhaus. Das Licht blendete ihn und war eine gute Entschuldigung für die Träne, die über seine Wange lief.
Nicht weit von der Halle entfernt, lief ihm Marguerite mit dem Kind auf dem Arm über den Weg.
»U m Gottes willen, Liebster, was ist geschehen? Du siehst aus, als wärst du dem Leibhaftigen begegnet! «
»R obert wird nicht mit uns kommen « , stieß William hervor, nahm Marguerite beim Arm und zog sie fort.
»W arum? Was ist mit ihm? «
»N icht jetzt. Ich erkläre es dir ein anderes Mal, bitte! « William stürmte schnaufend voran. Wie sollte er ihr begreiflich machen, was er selbst nicht verstand? Hatte er noch zu Beginn des Tages innerlich gejubelt bei dem Gedanken, dass Robert zurückkommen würde, so fühlte er sich nun leer und stumpf. Robert würde ihm auch weiterhin fehlen, trotzdem brachte er es nicht fertig, über seine Empörung hinwegzusehen. Er kannte ihn schon so lange! Wie hatte ihm nur entgehen können, dass sein Freund zu denen gehörte, die man Sodomiter nannte, die verdammt waren und verurteilt, weit über ihr Lebensende hinaus zu leiden?
Auf dem Rückweg nach Roford, den sie noch am gleichen Tag antraten, machten sie halt in Smithfield. William hatte unbedingt noch einmal den dort stattfindenden Markt aufsuchen wollen, auch wenn er nach den Ereignissen in Oakham nun nur noch halbherzig dorthin ging. Da Marguerite erschöpft von der Reise war, brachte er sie und das Kind in einer Herberge unter und schlenderte allein über den Marktplatz.
Die Erinnerungen an seinen ersten Besuch in Smithfield holten ihn ein und verdrängten die Gedanken an Robert. Er dachte an Tanner, den Gerber, an FitzEldred und FitzOwen, und ein Hauch von Wehmut kroch in ihm hoch. Als er jedoch nicht weit von dem Platz, an dem er den beiden Kaufleuten das erste Mal begegnet war, einen Gerfalken entdeckte, den einer der Vogelhändler feilbot, gehörte auf einen Schlag all seine Aufmerksamkeit nur noch diesem Tier.
Der Falke war fast schneeweiß, mit ganz wenigen pechschwarzen Zeichen auf Brust und Rücken und einer Ausstrahlung, wie William sie nur bei wenigen Tieren gesehen hatte. Er ging näher heran und betrachtete ihn genauer. Der Greif war außerordentlich groß, sogar für ein Gerfalkenweibchen. Haltung, Schnabel, Ständer und Füße waren ebenso perfekt wie die Zeichnung und der Zustand des Gefieders. William rieb die Hände aneinander. Sie waren vor Aufregung ganz feucht, und seine Fingerspitzen kribbelten. Es handelte sich zweifelsohne um einen noch recht jungen Gerfalken aus dem Norden, vielleicht aus Island.
William schüttelte den Kopf und wandte sich ab, als wäre er nicht interessiert, obwohl es ihm schwerfiel, den Vogel aus den Augen zu lassen. Ein Stück weiter blieb er stehen und tat, als betrachtete er die Auslage eines Händlers. Er würde sich gar nicht erst nach dem Preis des edlen Tieres erkundigen müssen. Ein solcher Vogel war sicher unerschwinglich.
Während sich William an den anderen Marktständen umsah, ließ ihn der Gedanke an den Greif jedoch nicht los. Was König John wohl zu solch einem Vogel sagen würde? William wusste, wie begierig dieser darauf war, die schönsten Falken des Landes sein Eigen zu nennen, und ein weißer Gerfalke war sogar für John etwas ganz Besonderes. Soweit William wusste, besaß der König nur einen Einzigen davon. William verdankte König John die Ehe mit Marguerite und in der Folge ihre Ländereien und den Titel als Lord Roford. Wie gern hätte er ihm zum Dank solch ein außergewöhnliches Geschenk gemacht!
William schlenderte weiter, doch der Vogel wollte sich nicht aus seinem Gedächtnis vertreiben
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