Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
spricht mit ihrem Vater, wenn er zurück ist. « Er sah sich vorsichtig um. »I ch versuche, bald wiederzukommen « , erklärte der Junge und zwinkerte William verschwörerisch zu. »B ah, stinkt das! « , sagte er dann laut und wandte sich den Soldaten zu. »D er Eimer ist voll. «
»D ann leer ihn aus, Kleiner. Ist die Arbeit von deinem Alten. Gibt dir einen Vorgeschmack auf das, was dich erwartet, wenn du seinen Posten übernimmst. « Sie lachten schadenfroh und wiesen ihm den Weg zur Tür.
Der Junge schleppte den Eimer hinaus und kehrte bald darauf zurück.
»D anke « , flüsterte William und senkte beschämt den Blick.
Obwohl der Hunger ihn quälte, gab William dem abgemagerten Leonard ein Stück von dem Braten ab. Weinend vor Dankbarkeit, fiel der Alte auf die Knie, kaute mit seinem zahnlosen Kiefer auf dem Fleisch herum, bis die Sonne unterging, und wand sich in der Nacht vor Bauchschmerzen.
»D u wirst mich nicht noch einmal verführen, Satan! « , fauchte er, als William nach dem nächsten Besuch des Jungen wieder sein Fleisch mit ihm teilen wollte. Aufgebracht streckte er ihm zwei gekreuzte Finger entgegen.
Auch wenn der erbarmungswürdige Anblick des armen Mannes ihn quälte und ihm verdeutlichte, welches Schicksal ihm selbst bevorstand, war dessen Gesellschaft allemal besser als vollkommene Einsamkeit. In den ersten Tagen hatte William den verrückten Leonard manches Mal verflucht, doch nach einer Weile hatte er begonnen, ihm von seinem Leben in der Falknerei und dem Abtragen der Vögel zu erzählen. Vermutlich hörte der verwirrte Alte ihm gar nicht zu, aber William spendete der Klang der eigenen Stimme Trost, so wie damals, in jener Nacht im Wald, als er aus Orford weggelaufen war. Wehmütig dachte er an Arthur und Sir Baudouin, aber vor allem an seine Mutter, Isaac, Jean und Rose. Wenn er hier starb, würde er sie niemals wiedersehen. Keiner von ihnen wusste, dass er in diesem elenden Loch verreckte, also konnten sie ihm auch nicht zu Hilfe kommen. Vielleicht würde Sibylle wirklich mit ihrem Vater reden, wenn der Burgherr erst aus der Normandie zurück war. Doch wie lange würde es noch dauern bis zu seiner Rückkehr?
William fuhr sich durch die schmutzigen Haare. Ob er bis dahin durchhielt?
Anf a ng Juli 1188
R obert saß mit hängenden Schultern auf einem großen Stein im unteren Burghof, das Kinn auf die Knie gestützt. »Mein Vater tut, als hätte es William nie gegeben. Er redet nie von ihm, aber er kann mir nichts vormachen! Ich weiß, dass er sich Sorgen macht. Auch wenn er es nie gezeigt hat – er mag William, doch er hat Angst, wie alle hier.« Robert warf einen Stein in die kleine Pfütze vor sich. »Wie es William wohl im Kerker geht?«, fragte er seufzend und sah Sibylle besorgt an.
»E adric, der Sohn des Wächters, bringt ihm hin und wieder Essen, das ich aus der Burgküche besorge. Er ist ein bisschen in mich verliebt « , gab Sibylle mit einem kleinen, verlegenen Lächeln zu. »G laub mir, ich würde das unter anderen Umständen niemals ausnutzen, aber William braucht unsere Hilfe. Da! Siehst du, da kommt er! « Sie zeigte auf einen rothaarigen Jungen, der fast einen Kopf kleiner war als sie selbst. Er hatte den Korb seines Vaters dabei und war in Begleitung der beiden Soldaten, die für gewöhnlich mit dem Wächter in den Kerker gingen.
Robert und Sibylle warteten eine ganze Weile, aber der Junge schien gar nicht mehr wiederkommen zu wollen. Sibylle rutschte nervös auf dem Mauervorsprung herum, auf dem sie sich niedergelassen hatte. »I ch verstehe nicht, wo er so lange bleibt! «
»D a, die Tür geht auf! « Robert zeigte auf den Eingang, in dem Eadric und die Männer zuvor verschwunden waren.
Sibylle sprang erfreut von der Mauer, doch als sie sah, dass nicht nur der Junge, sondern auch sein Vater herauskam, erschrak sie. Der Wächter hatte seinen Sohn am Ohr gepackt. Nach dem schmerzverzerrten Gesicht Eadrics zu urteilen, musste er ziemlich heftig daran ziehen.
»K omm, wir schleichen uns näher ran! Vielleicht hören wir, was geschehen ist! « , flüsterte Robert.
Vor der Tür blieb der Wächter vor seinem Sohn stehen, packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn. »W er hat dich dazu angestiftet? « , fuhr er ihn an.
Sibylle schlug ängstlich die Hand vor den Mund. »W enn er mich nur nicht verrät! « , wisperte sie Robert zu. »M eine Mutter schlägt mich grün und blau, wenn sie es erfährt! « Wie erstarrt stand sie da und beobachtete, was weiter
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