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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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getroffen haben…«
    »Hört doch mal!« Es war Saraf, der die beiden unterbrach und auf das Fernsehgerät deutete.
    Das Porzellanpuppengesicht der Moderatorin verlas mit wieder gewonnener Sicherheit gerade eine Lokalnachricht:
    … arbeitete das Labor seit der Kette von Milzbrandanschlägen im Jahr 2001 hauptsächlich im Regierungsauftrag. Die Häuser im Umkreis von zwei Blocks wurden vorsorglich evakuiert, weil die Feuerwehr nicht sicher war, ob der Brand auf die benachbarten Häuser übergreifen würde. Inzwischen ist das Feuer jedoch bis auf wenige Brandnester gelöscht. Von dem Labor selbst existiert nur noch Schutt und Asche. Die Polizei vermutet die Tat eines Verzweifelten. In den vom Feuer zerstörten Räumlichkeiten wurde eine verkohlte Leiche gefunden. Dabei könnte es sich um Cedric Youngberg, den Leiter des Labors, handeln, der zur Zeit vermisst wird. Es klingt wie eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet eine DNA-Analyse, jene Art von Verfahren also, mit dem Youngberg seinen Lebensunterhalt bestritt, nun seinen eigenen Tod beweisen soll.
    Während die glattgesichtige Moderatorin munter weiterplauderte, starrten Yeremi und Carl fassungslos auf den Bildschirm. Sie waren wie gelähmt.
    Saraf deutete auf den Fernseher. »Die Frau hat am Anfang gesagt, das Feuer sei um halb vier ausgebrochen. Ungefähr eine halbe Stunde später hat uns der Angler besucht. Wie viel Zeit braucht man, um von San Jose nach Morgan Hill zu fahren?«
    Carl dachte laut darüber nach. »Für ungefähr zwölf Meilen, dann noch die Strecke hinaus nach Bellman’s Paradise – tagsüber wäre das in dreißig Minuten kaum zu schaffen, aber mitten in der Nacht…«
    Yeremi schüttelte den Kopf. »Vielleicht hat der Angler das Feuer mit einer Art Zeitzünder entfacht. Oder er ist gar nicht der Brandstifter.«
    »Das hieße, Flatstone setzt jetzt eine ganze Armee gegen euch ein.«
    »Zwei Schurken sind noch keine Armee«, widersprach Saraf, »aber eine ernste Bedrohung. Womöglich bist du, Carl, auch in Gefahr, ebenso Fredrika. Kennst du einen Ort, an dem ihr euch für eine Weile verstecken könnt?«
    »Ja, diese Hütte hier.«
    Saraf blickte den alten Mann verwundert an.
    Carl grinste füchsisch. »Du denkst, sie ist doch so nah bei unserem Haus, nicht wahr? Ist sie auch. Aber niemand weiß, dass die Hütte und das Grundstück, auf dem sie steht, mir gehören, nicht mal das Katasteramt. Ich habe das alles über einen Strohmann gekauft, und es ist auf eine Stiftung in Liechtenstein eingetragen.«
    »Was ist ein Liechtenstein?«
    »Ein Felsen in den europäischen Alpen, der reichen Kerlen wie mir erlaubt, so zu tun, als ob sie bettelarm wären.«
    Saraf blickte Yeremi Hilfe suchend an. »Er macht nur Scherze. Opa Carl ist der ehrlichste Geschäftsmann, den ich kenne. Allerdings auch der gerissenste.« Sie wandte sich ihrem Großvater zu. »Vorläufig ist die Hütte wohl sicher genug. Wenn Flatstones Schergen annehmen müssen, ihr hättet euch abgesetzt, dann lassen sie das Anwesen bestimmt in Frieden. Hole Oma Fredrika und ein paar Sachen aus dem Haus, dreht ein paar Runden in der Gegend, und wenn ihr sicher seid, dass euch niemand folgt, dann schlüpft hier unter.«

 
    GAMBIT
     
     
     
    Freeway 280, zwischen San Jose und
    San Francisco (Kalifornien, USA)
    1. Januar 2006
    11.02 Uhr
     
    Da der Daihatsu nicht zum Transport von Diebesgut gedient hatte, bestand kein Anlass, ihn vorschnell zu verschrotten. Er war noch auf einen Pizzabäcker aus Oakland zugelassen, der vermutlich gar nicht existierte – Yeremi hatte beim Kauf auf dem Parkplatz eines Supermarktes lieber nicht so genau nachgefragt. Abgesehen von einer Menge Stauraum besaß der Wagen vor allem ein gut funktionierendes Radio.
    Es lief fast pausenlos, während Yeremi und Saraf nach San Francisco fuhren, und brachte ununterbrochen neue Nachrichten von dem Nukleardiebstahl aus Murmansk. Schnell hatten sich vermeintliche und echte Experten gefunden, die alles Mögliche behaupteten und damit nicht gerade zur Beruhigung der Hörer beitrugen. Da wurde einerseits versichert, die technischen Anforderungen an die Handhabung von radioaktivem Material seien viel zu hoch, um eine ernsthafte Bedrohung der USA befürchten zu müssen. Andererseits wurde gezeigt, mit welch geringen Summen ein russischer Nuklearphysiker, der für einen Hungerlohn arbeitete, bestochen und zum Bau einer Atombombe überredet werden könnte. Ein Fachmann behauptete, der »Stoff« für den nuklearen Holocaust sei

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