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Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Titel: Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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riesigen Kristallfenstern aus, der sich weit oben auf der Blütenplattform befand. Von dort erstrahlte jenes weiche und angenehme Licht, das Fis Begleiter so gerühmt hatten. Berchtis’ Leuchtfeuer blendete nicht, sondern legte sich sanft über Schiff und Besatzung. Doch je näher sie dem Leuchtfeuer kamen, desto blasser wurde sein Schein, denn am östlichen Horizont kündigte sich ein Naturschauspiel an, das Fi noch mehr erregte als das rätselhafte Bauwerk: der Sonnenaufgang.
    Ein samtweiches Apricot legte sich über das blaue Himmelszelt und als die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont wanderten, tauchten sie Land und Wolken in ein majestätisches, goldgelbes Licht.
    Albion erstickte seit fast zwei Jahrzehnten unter Nebeln, Regen und Wolken. Eine ganze Generation kannte die Sonne nur als trüben Fleck im ewigen Himmelsgrau. Auch Fi hatte die überwältigende Schönheit, die von dem Himmelslicht ausging, fast vergessen gehabt. Das junge Sonnenlicht kitzelte ihre Haut und Fi biss sich vor Entzücken auf die Lippen. Eine Freudenträne rann ihr über die Wange.
    »Alles in Ordnung?« Nikk war hinter sie getreten, ohne dass sie es bemerkt hatte. Vor seinem nackten Oberkörper baumelte noch immer das Muschelhorn und die Seeleute hatten ihn inzwischen mit einer schlichten Hose und einem Paar ausgetretener Schuhe ausgestattet.
    Verlegen schirmte Fi die Sonne mit den Fingern ab. »Ja, ich habe die Sonne nur so lange nicht mehr gesehen. Zu wissen, dass sie noch da ist, dass es sie wirklich noch gibt, ist …« Ihr fehlten angesichts der gleißenden Pracht die Worte.
    Sie sah wieder zu dem rätselhaften Leuchtturm auf, doch das Leuchtfeuer war verschwunden. Es musste in dem Moment erloschen sein, als die Sonne im Osten aufgegangen war. »Die Feenkönigin verfügt über unglaubliche Zauberkräfte«, sagte sie nachdenklich. »Mit einer so mächtigen Verbündeten sollte es den freien Völkern doch gelingen, Morgoya zu besiegen.«
    »Kampf entspricht nicht Berchtis’ Natur«, entgegnete Nikk. »Wie stark die Feenkönigin wirklich ist, vermag niemand zu sagen. Ihr Wirken war schon immer von Geheimnissen und Rätseln umgeben. Doch ihre Liebe zur Schöpfung muss unendlich sein, denn es geht das Gerücht, dass sie bei der Errichtung der Leuchtfeuer einen Teil von sich selbst geopfert hat. Wenn das stimmt, wollte sie uns mit ihrem Opfer wahrscheinlich eine Atempause verschaffen.«
    »Eine Atempause? Wofür?«
    »Das weiß niemand«, ertönte hinter ihnen die Stimme von Koggs Windjammer. Der Klabauter stieg die Treppe zum Vorderkastell hoch und hielt einen Kompass in den Händen, dessen Nadel unter einer Glasabdeckung zitterte. »Selbst die versammelte Magierschaft in Halla konnte sich bislang keinen Reim darauf machen, warum Berchtis so und nicht anders auf die Bedrohung durch Morgoya reagiert hat. Die gelehrten Damen und Herren hätten es sicher lieber gesehen, wenn die Feenkönigin an der Spitze eines Heeres in Albion eingefallen wäre.«
    »Halla ist eine Stadt?«, fragte Fi.
    »In der Tat«, murrte Koggs. »Eine Gelehrtenstadt am südlichen Lauf des Elbstroms. Dort befindet sich seit den Schattenkriegen eine große Zauberakademie, die Magier aller elementaren Fachrichtungen ausbildet. Lauter eitle Sesselfurzer, wenn du mich fragst. Die Damen und Herren Akademiker werden wahrscheinlich noch über ein geeignetes Vorgehen gegen die Nebelhexe beraten, wenn das Heer dieser Schattenbuhle bereits die Stadtmauern überwunden hat.«
    »Und Magister Eulertin ist einer dieser Magier?«, fragte Nikk wenig begeistert.
    »Ja, aber von gänzlich anderem Kaliber«, beruhigte ihn Koggs. Der Klabauter trat neben Fi und Nikk an die Reling und beäugte Kompass und Leuchtturm. »Drei Strich Steuerbord!«, brüllte er über das Deck. »Hievt das Großsegel und schickt einen Mann in die Rüsten, der die Tiefe des Fahrtwassers misst!«
    Auf dem Schiff brach hektische Betriebsamkeit aus. Ein Dutzend Männer kletterte die Takelage zu den Rahen hoch, weitere rannten zur Reling mit der Nagelbank und lösten die Seile. Wie beim Tauziehen holten sie unter lauten Hol-weg!-Hol-weg!-Rufen Stück für Stück das Hauptsegel ein. Rob, der Seemann, den Koggs als Erstes aus den Netzen der Sirene befreit hatte, stand unterdessen am Steuerrad und führte konzentriert die Kursänderung des kleinen Kapitäns aus. Neben dem Vorderkastell kletterte jetzt ein drahtiger Matrose in die Rüsten, der ein Lot ins Wasser warf und in einem monotonen Singsang die Tiefe des

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