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Der Skandal (German Edition)

Der Skandal (German Edition)

Titel: Der Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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nach Madison hat es geschneit. Sie hofft, dass es aufhört, denn sie muss nachher fahren. Adam liebt es, am Abend einen guten Whisky oder Brandy zu trinken, und auf den Abend im Jacob’s House hat er sich schon die ganze Woche gefreut. In der letzten Zeit hat sie ihm das Leben nicht gerade leicht gemacht. Und das will sie jetzt wiedergutmachen.
    Sie wirft einen Blick auf das Programm auf ihrem Schoß. Schumann, Klavierquartett Es-Dur, op. 47. Sie mag eher Bach. Das hat sie von ihrem Vater. In seiner Kanzlei hat er manchmal auch Kammermusik-Abende gegeben, und sie hat ihn immer dabei bewundert, wie er so selbstvergessen Violine gespielt hat. Da wurde er ein ganz anderer Mensch.
    Sie streicht das Jackett ihres anthrazitfarbenen Hosenanzugs aus Rohseide glatt, der ein wenig mehr auf Figur geschnitten ist als der schwarze, den sie ins Büro anzieht. Adam drückt ihr kurz die Hand, dann schenkt er seine Aufmerksamkeit wieder den Musikern vor ihnen. Die fünfundzwanzig handverlesenen Gäste um sie herum lauschen aufmerksam den noch recht jungen Musikern. Sie ertappt sich dabei, wie sie sich Alex statt des Jungen dort am Klavier vorstellt. Die Klavierstunden waren eine Qual – nicht nur für Alex, auch für die Klavierlehrerin. Nach zwei Jahren waren alle – auch Adam – am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Der Unterricht fand ein abruptes Ende, und sie fand sich damit ab, dass ihr Sohn wohl genauso unmusikalisch war wie sie.
    Der Schlussakkord verhallt. Applaus setzt ein, und die vier Musiker verbeugen sich. Die Veranstalterin bedankt sich und kündigt eine Pause an. Ruth steht schnell auf, ihr fehlen Bewegung und frische Luft. Adam signalisiert ihr, dass er sich mit dem Herrn, der auf ihn zukommt, unterhalten muss, sie lächelt ihm zu und wendet sich in Richtung Bar. Sie braucht unbedingt etwas zu trinken.
    »Guten Abend, Ruth!« Carl H. Ochs kommt lächelnd auf sie zu. In der Hand ein Whisky- und ein Champagnerglas. »Das hab ich gerade ergattert.« Mit seinem typischen Lächeln reicht er ihr das Champagnerglas.
    »Wie kann ich mich revanchieren? Mit einem alten, rauchigen Highlander?« Sie denkt auch jetzt wieder an die Nacht vor zwanzig Jahren, als sie – damals noch Streifenpolizistin – ihn in seinem Auto angehalten und eine Alkoholprobe verlangt hat. Die Probe war positiv, er hatte, das weiß sie noch genau, anderthalb Promille. Sie hat ihn ins Präsidium zur Blutprobe gebracht. Am nächsten Morgen waren beide Proben verschwunden – und sie hat niemals rausgekriegt, wie er das geschafft hat.
    Mit übertriebener Empörung weicht er zurück, dann sagt er gedämpft hinter vorgehaltener Hand: »Aber offiziell trinke ich nur echten amerikanischen …«
    »Ich wusste doch, dass Sie Geheimnisse haben«, erwidert sie.
    Er lacht wieder. »Und Sie, Ruth?«, sagt er und trinkt einen Schluck.
    Sie beugt sich ein wenig vor. »Eine Frau muss ihre Geheimnisse bewahren … Wie geht es Heather?«
    »Sie hatte heute leider andere Verpflichtungen«, entgegnet er. »Eine Charity-Veranstaltung in Milwaukee.«
    Er sieht ausgesprochen gut aus, stellt sie fest. Wahrscheinlich hat er eine Affäre.
    Sie lässt sich von ihm zur großen Glasscheibe führen, hinter der sich der schneebedeckte Rasen ausbreitet. Im Licht der Laternen wirkt er gleißend und unberührt.
    »Ist das nicht großartige Architektur?«, fragt er. »Simpel, funktional, wie wir Amerikaner das mögen, und dennoch klassisch schön?«
    »Adam hat schon die ganze Woche vom Jacob’s House gesprochen. Er konnte es nicht verstehen, dass ich noch nie hier gewesen bin.«
    »Tja, Adam ist ein begnadeter Architekt. Wenn Menschen zu ihrer Bestimmung finden … dann ist das … wirklich … wirklich … großartig …« Sein Lächeln wirkt verschämt, als hätte er ihr gerade einen intimen Einblick in seine Seele gewährt. Doch sofort wird sein Gesichtsausdruck wieder offiziell und glatt. »Wie geht es in diesem Fall voran, ich hab davon gehört? Eine Ihrer Detectives ist persönlich darin verwickelt. Schlimme Sache«, fügt er mit einem Stirnrunzeln hinzu.
    »Wir ermitteln noch, aber wir machen Fortschritte. Sie kennen ja unsere Aufklärungsrate.« Sie lächelt höflich.
    »Sicher! Die höchste in den Staaten!«
    »Und wir tun alles dafür, dass es auch so bleibt. Das heißt aber nicht, dass der Zweck grundsätzlich immer die Mittel heiligt …« Sie dämpft ihre Stimme. »Leider hat einer meiner Leute unbedingt einen Schuldigen finden wollen. Gegen Lieutenant Nolan Brewer

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