Der Skorpion
sich die Parkgarage, und Jillian und Zane blickten jetzt durch das verschlossene Tor der Garage, die ebenerdig so viel Platz einnahm, wie Läden und Boutiquen übrig ließen.
Durch die Gitter hindurch musterte Jillian die Parkbucht, die Mason gewöhnlich belegte und auf die MacGregor gewiesen hatte. Ein neuer weißer Mercedes stand dort. »Das ist sein Parkplatz, aber ich weiß nicht, was für einen Wagen er fährt. Ich schätze, dieser da ist seiner.«
»Dann wollen wir ihm mal einen Besuch abstatten.«
»Man braucht einen Schlüssel. Das Haus ist elektronisch …«
»Ich weiß. Vermutlich brauchen wir nur ein paar Minuten zu warten.«
Und er hatte recht. Sie holten sich in einem Geschäft in der Nähe Kaffee und warteten. Innerhalb von Minuten öffnete sich das Tor, um einen überlangen Cadillac hinauszulassen. MacGregor half Jillian in die Garage, bevor sich das Eisengitter wieder scheppernd schloss. Die Tür zum Aufzug war immer offen; sie stiegen ein, und Jillian drückte die Taste für den dritten Stock, wie sie es vor Jahren getan hatte, als sie noch mit Mason zusammen war.
Langsam fuhr der Aufzug nach oben, ohne anzuhalten, und die Türen öffneten sich im dritten Stock, wo Sofas, Lampen und Kübelpflanzen in den Fensternischen arrangiert waren. Auf MacGregor gestützt, hinkte sie den teppichbelegten Flur entlang bis zu der schmalen Lücke, die als Eingang zur Privatwohnung diente.
Jillian fühlte sich eigenartig und fehl am Platze, als wäre sie ein Eindringling, obwohl sie diese Wohnung noch vor wenigen Jahren oft genug mit Lebensmitteln oder Wäsche aus der Reinigung oder einer Flasche Wein beladen ganz selbstverständlich betreten hatte.
Wie seltsam es ihr jetzt erschien.
»Jetzt oder nie.«
»Dann lieber jetzt«, sagte sie und klingelte.
Zunächst hörte sie nichts. Nichts rührte sich in der Wohnung. Sie glaubte schon, er wäre nicht zu Hause. Trotzdem versuchte sie es noch einmal, drückte den Klingelknopf und lauschte dem vertrauten Klang der elektronischen Glocke.
»Komme!« Masons Stimme eilte ihm voraus.
Jillian straffte sich, als die Tür sich öffnete und sie ihrem Ex-Mann gegenüberstand.
»Jillian!«, sagte er verblüfft. »Du liebe Zeit, wie kommst du hierher? Ich habe mich schon gefragt, wo du wohl stecken magst. Ich wollte dich anrufen, dachte aber, du brauchst vielleicht noch Zeit zur Genesung.« Dann fiel sein Blick auf MacGregor, und sein Redefluss stoppte. »Was … was ist hier los?« Mit einem Wimpernschlag verwandelte er sich vom übertrieben und widerlich besorgten Ex-Mann in den ruhigen, misstrauischen Anwalt.
»Mason? Wer ist da?«, fragte eine Frauenstimme, dann tauchte Sherice auf, in einem roten Bikini und einem winzigen, durchsichtigen Überwurf. Und das ein paar Tage vor Weihnachten, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. »Oh.« Sherice’ eifrige, heitere Miene bewölkte sich, als sie Jillian erkannte, dann setzte sie ein perfektes Lächeln auf, wie man es von jungen Mädchen in Paillettenkleidern auf Schönheitswettbewerben kennt.
»Hi, Sherice«, sagte Jillian, rückte näher an MacGregor heran und sagte zu Mason: »Das ist Zane MacGregor, der Mann, der mir das Leben gerettet hat, als irgendein Psychopath mich umbringen wollte.«
»Aber dir fehlt nichts?«, fragte Mason.
»Kann man so sagen.« Sie fixierte den Mann, mit dem sie einmal verheiratet gewesen war, mit hartem Blick. »Wir glauben, der Kerl, der das getan hat, könnte aus Spokane stammen, und da du dich hier aufhältst, würde ich gern mit dir darüber reden.«
»Warum?«, fragte er, und Sherice, die neben ihm stand, wurde sichtlich blass.
»Weil du sehr oft hier bist.«
»Und du glaubst – was? Dass ich …? Dass ich etwas damit zu tun habe?« Er hob beide Hände. »Das ist Wahnsinn, Jillian. Ich habe keinen Grund, dir etwas zu tun. Du kannst doch unmöglich annehmen, dass ich … Also hör mal!«
»Nicht du, aber vielleicht jemand, den du kennst.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was du mit deinem Besuch bei mir erreichen willst, aber das ist doch verrückt.«
»Hören Sie uns an«, sagte MacGregor. Sein Handy klingelte, und er schaute aufs Display nach der Nummer. »Ja?«
»Jillian«, sagte Mason mit gesenkter Stimme. »Was geht hier vor?«
»Ich brauche einfach deine Hilfe«, gab sie zu.
Hinter Masons Rücken verdrehte Sherice die Augen. »Ist dieser Verrückte nicht hinter dir her?«, fragte sie Jillian und wandte sich dann ihrem Mann zu. »Wir wollen keinen
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