Der Sodomit
Es tat weh aber fühlte sich trotzdem gut an.
Vor ihm erhob sich ein Bergkegel. Darauf thronten die Mauern einer Festungsanlage. Die Zitadelle mit dem Salomonturm. Weiter unten musste sich der Königspalast anschließen. Ob Mihály den König oft besuchte?
„Wie fühlt sich das an?“ Mihály ließ locker, stütze ihn nur noch soweit, dass er nicht wieder zusammensank. „Vergiss dein Versprechen nicht.“
„Tu ich nicht.“ Josias konzentrierte sich auf das Reißen und Ziehen in seinem Rücken. „Als ob ein Stock so weit gebogen wird, bis er kurz vorm Brechen ist.“
„Gut oder schlecht?“
„Schlecht, weil ich Angst habe, mein Rücken bricht wirklich entzwei. Gut, weil du mich festhältst und ich mir gerade einrede, dass du es nicht zulassen wirst.“
„Das werde ich auch nicht.“ Mihály ließ ihn los und drehte ihn zu sich. „Vertrauen, Wahrheit und Verschwiegenheit. Mehr will ich nicht von dir.“
„Klingt wie ein geheimnisvoller Schwur.“ Warum legte er ihm nicht eine Schwertschneide mit der flachen Seite auf die Schulter?
„Ist es auch und vergiss nicht, dass du ihn bereits geleistet hast.“ Die Lider senkten sich über die braunen Augen, bis nur noch Schlitze übrig waren. „Ich werde deinen Körper in eine neue Form zwingen. Ich werde dir und mir und dem Rest der Welt beweisen, dass nichts gottgegeben, dass nichts unabänderlich ist, außer der Tod. Solange das Leben durch einen Körper strömt, kann er verändert werden.“ Mihály sah ihn beschwörend an. „Wenn alles gut geht, verlässt du mich als aufrechter Mann in dein neues Leben. Aber nur, wenn du nicht ausplauderst, was du bei mir hörst und siehst. Sonst droht mir ein ähnliches Schicksal wie dir in Dömös.“
„Nein!“ Vor ihm stand der erste Mensch außer seiner Mutter, der gut zu ihm war. „Ich sage nichts. Und wenn du bei Mondschein mit dem Teufel plauderst. Es ist deine Sache. Ich halte mich da raus. Meine Seele besitzt er ohnehin schon.“
„Tut er nicht.“ Wieder lag Mihálys Hand warm und beschützend an seiner Wange. „Ein Buckel ist nur außen. Der Teufel interessiert sich, wenn er überhaupt einen Gedanken an uns verschwendet, höchstes für unsere innere Hässlichkeit.“
Mihálys Worte fühlten sich so gut an, dass er schlucken musste. Auch wenn sie nicht wahr waren. „Der Teufel ist mein Vater.“
Mihály starrte ihn an.
Wenn er ihn nun verstieß, war es seine Schuld. Aber er sollte nicht lügen und Schweigen war offenbar auch lügen.
„Die Leute in Dömös haben mich nicht umsonst Teufelsbalg genannt.“
Mihály lachte. Nicht übermäßig laut aber es genügte, dass sich Josias schlecht fühlte. Der Arzt glaubte ihm nicht. Dabei hatte er ihm geschworen, die Wahrheit zu sagen.
„Nichts gegen deine Mutter, Josias. Sie war sicherlich eine schöne Frau. Aber genügte es, um den Teufel zu verführen?“
Woher sollte er das wissen? Wenn die Ansprüche nicht höher als die des Dorfschulzen waren, warum nicht?
Mihály legte ihm die Hände auf die Schultern. „Noch einmal: Der Teufel hat Besseres zu tun. Glaub mir. Dein Vater war ein ganz normaler, wenn offenbar auch ehrloser Mann. Sonst hätte er dich und deine Mutter nicht im Stich gelassen. Aber er war kein Teufel.“
„Du musst es ja wissen.“ Ehrlos und normal. Was wollte er mit so einem Vater? Dann war der Teufel ja besser.
*
Offenherzig.
Gutmütig und trotz seiner schlimmen Erfahrungen mutig.
Der Junge vertraute in diesem Moment sein Leben einem Fremden an. Weil er ihn für ehrenhaft hielt. Nach nur wenigen Stunden.
Und wenn er dich ans Messer liefert? Nein, diese Frage durfte sich Mihály nicht stellen. Mit Josias bekam er, wenigstens für eine gewisse Zeit, zwei helfende Hände und er musste dem Besitzer dieser Hände ebenso sehr vertrauen können. Wie erkaufte man sich absolute Loyalität? Mit einem großen, lebensveränderten Geschenk.
Gesundheit.
Schönheit.
Schmerzfreiheit.
Dass der Weg dahin durch die Hölle führte, würde Josias früh genug merken. Bibbernd stand der Junge vor ihm. Mihály legte ihm eine der Decken um, die Barti ihm mitgegeben hatte. „Das Ufer ist an dieser Stelle nicht einzusehen. Kaum jemand verläuft sich hierher. Sei dennoch vorsichtig, wenn du dich wäschst oder austrittst.“
„Waschen ist dir wichtig.“ Josias hob seinen Arm, schnupperte an seiner Achsel und hob erstaunt die Brauen. „Pfingstrose?“
„Du kennst diesen Duft?“
Josias schloss die Augen und seufzte. „Es ist
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