Der Sodomit
auf seinen eigenen Lippen.
Ein fremder Mund. An seinem. Überall Duft. Überall Nähe und Trost.
Nur ein bisschen berührte er Mihálys Lippen. Warum machte er das? Weil ihm alles wehtat. Weil sich in seinem überdehnten Körper plötzlich Hitze staute, die den Schmerz erträglicher machte. Genau unter seinem Nabel. Ein Kribbeln. Auch wenn sein Nacken schmerzte, noch ein Stückchen näher zu Mihálys duftender Haut.
Seine Lippen … schmeckten gut. Sanft drückten sie sich auf Josias Mund. Einmal, noch einmal. Ein Kuss. So hatte er noch nie geküsst. Wen auch?
Tat gut.
Noch einmal.
Mihály wich ihm nicht aus. Dann störte es ihn nicht, oder doch? Dass Lippen so lecker sein konnten, auch wenn er sie kaum berührte. Nur anstupsen. Das war schön genug. Das Gefühl, das ihn viel mehr ausdehnte, als es das dumme Deckenknäuel in seinem Rücken tun konnte, breitete sich mit jedem Mal weiter aus. Die Lippen waren ihm nicht genug. Es wollte in die Brust. In den Bauch. Zwischen seine Beine.
Sein Unterleib zuckte, trieb den Schmerz zurück. Er hörte sich beim Keuchen zu. Biss die Zähne zusammen. Wieder ein Kuss. Genau im richtigen Augenblick. Aber nicht nur Schulter und Rücken spannten, auch in seinen Lenden zog es unerträglich. Was musste Mihály nur von ihm halten?
*
Dem Kleinen stand der Schwanz hoch. Er beulte die Hose aus und begann zu zucken. Wenn er ihn jetzt berühren würde, wäre der Stoff in wenigen Augenblicken nass.
Eine Jungfrau. Wie konnte es auch anders sein? Rührend unschuldig, unendlich schön, in dieser Verletzlichkeit.
Es war lange her, dass er einen Menschen als schön oder gar begehrenswert empfunden hatte.
Josias Wangen brannten, dennoch suchten seine Lippen die Berührung der anderen.
Wie vorsichtig Josias mit Mihálys Mund umging. Er probierte das Küssen zum ersten Mal.
Ein sanftes Anstupsen ohne den Mund zu öffnen. Ein langes Verharren in dieser verbotenen Nähe, tiefes Einatmen. Roch er an ihm? Leises Seufzen, dann wieder der sanfte Druck.
Den Mund eines anderen Mannes auf seinen Lippen fühlen. Seine Zärtlichkeit, seine Sehnsucht nach Nähe spüren. Schon so lange nicht mehr. Gott, wie er sich danach gesehnt hatte.
Er wollte nie wieder sich oder einen anderen in diese gefährliche Situation bringen. Nun wurden seine Augen feucht, weil seine Gefühle nicht wussten, wohin sie sollten. Mihály zwinkerte die Tränen fort.
Himmel, was tat er hier?
Später würde Josias ihn dafür hassen.
Rückzug. Auch wenn er sich nach diesen lange vermissten Zärtlichkeiten sehnte. Das Ziehen zwischen seinen Beinen biss bereits in seinen Bauch. Nein, auf das hier durfte er sich nicht einlassen.
Seine Forschungen waren wichtiger. Josias Leben war wichtiger. Wenn der Junge gesund war, fand sich ein Mädchen, das ihn glücklich machte.
Mihály ließ die fremden Lippen allein. Das traurige Seufzen überhören, den fragenden Blick übersehen, in den sich die Scham drängte.
Josias schloss die Augen, sein Mund verkniff sich im Schmerz, den er nun wieder in seiner ganzen Macht spürte.
Langsam bis zehn zählen und Schluss. Für heute war es genug. In mehrerlei Hinsicht.
„Ich schnalle dich ab.“ Er zwang seiner Stimme einen gleichgültigen Klang auf. „Bleib noch liegen und entspanne deine Muskeln ganz langsam. Sie sind überdehnt und werden wehtun.“
„Ist ja mal was Neues“, keuchte Josias, als sich die Schnallen öffneten und die Riemen abfielen. Mihály massierte die Schultern und Oberarme. „Steh langsam auf.“
„Ich traue mich nicht.“ Josias lächelte gequält. „Mein Rücken fühlt sich weich an, als ob ich keinen Knochen mehr im Leib hätte. Wie gestern.“
„Sie sind alle dort, wo sie sein sollen.“ Nun ja, fast. Er griff unter Josias Nacken und hob ihn vorsichtig an. Der Junge keuchte, ließ sich aber helfen, bis er saß.
„Halte dich für den Rest des Tages so aufrecht wie möglich.“
Josias stand der Schweiß auf der Stirn. „Wie lange?“ Statt ihn anzusehen, blickte er an ihm vorbei. Er schämte sich, einen Mann geküsst zu haben. Was hatte Mihály erwartet? Ein Ausrutscher. Er geschah kein zweites Mal.
„Über den Winter ganz sicher und dann sehen wir weiter.“
Josias nickte, fühlte über seine Schultern und seinen Nacken. Plötzlich sah er ihn erstaunt an. „Ich kann dich sehen.“ Seine Augen leuchteten. „Ich muss nicht den Kopf hochbiegen. Ich sehe dich einfach so.“
Die Krümmung würde ihm Laufe des Tages wieder zunehmen, aber vorerst
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