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Der Sodomit

Der Sodomit

Titel: Der Sodomit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.B. Sasori
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seinen Geist streifen zu lassen. Welch ein glücklicher Zufall, dass er bereits vor Ort und in der Lage gewesen war, einzugreifen. Ob mit dem Mund geäußert oder mit Tinte und Feder auf Papier gekratzt, nie wieder durften sich die blasphemischen Gedanken des Schreibers in der Welt manifestieren.
    Der Beisitzer verneigte sich ehrfurchtsvoll vor ihm. „Eminenz, ist es nicht an der Zeit, dem Mann Ruhe zu gönnen?“
    Richtig. Ohnmächtig büßte es sich schlecht.
    „Nehmt ihm das Gerät aus dem Mund.“ Für heute war es genug. Wahre Reue musste bei klarem Verstand empfunden und beteuert werden. Nicolas lehnte sich auf seinem Sessel zurück. Die Stellschraube der eiförmigen Metallkonstruktion quietsche leise und mit einem schmatzenden Geräusch entfernte sie der Knecht.
    Die Birne. Dass das Gerät keinesfalls harmlos wie sein Name war, hatte es eben bewiesen.
    „Kieferbruch.“ Der Folterknecht zuckte die Schultern. „Bis zum Ende seines Lebens wird der Schreiber mit Brei gefüttert werden müssen.“
    Wer seinen Mund mit Unwahrheit und Verwerflichkeit füllte, musste die Konsequenzen tragen. Nicolas wartete, bis die Folterknechte den Sünder in den Kerker zurückgeschleppt hatten. Erhielt er morgen ein Geständnis, erteilte er die Absolution und der Mann war frei. Ein Kieferbruch taugte als Leibesstrafe. Sicher, manch einer seiner Kollegen würde ihm den Scheiterhaufen richten lassen, doch Gnade walten zu lassen, lehrte das einfache Volk oft tief greifender als gellende Schreie in den Flammen.
    Der Scheiterhaufen sollte einzig und allein den Ketzern und Hexern vorbehalten sein, auch wenn mehr und mehr derlei verwerfliches Tun von den weltlichen Richtern bagatellisiert und ihm bei der Verfolgung Steine in den Weg geworfen wurden. Das musste ein Ende haben. Hexenwirken war keine Erscheinung geistiger Umnachtung, sondern ein handfestes Übel, das nach der Sitte und dem unumstößlichen Glauben griff.
    Nicolas leerte den Becher mit einem wirklich vollmundigen Tokaier. Der Prophet galt nichts im eigenen Land. Es sei denn, er verschaffte sich an den richtigen Stellen Gehör. Dem Schleifenlassen der Hexenverfolgung musste er Einhalt gebieten, denn wenn nicht er, wer dann?
    „Eminenz?“ Sein Sekretär eilte durch die nach Blut und Angst stinkende Kammer. Ängstlich sah er sich nach der Streckbank um, die jedoch keine Anwendung gefunden hatte. Das Blut, das auf ihr klebte, war alt.
    „Beunruhigende Nachrichten aus der Nähe der königlichen Residenz.“ Mit einer tiefen Verbeugung überreichte er ihm ein Schreiben. „Die beiden Herren Doktoren, die mit ihrem Wissen zur Erhellung der neuen Universität beitragen sollen, berichten Arges aus einem Dorf. Einem Pestverdacht nachgehend hätten sie die braven Leute in heller Aufregung vorgefunden. Der Teufel persönlich sei in Dömös eingefallen und habe einen seiner Söhne vor dem gerechten Tod gerettet. Nun geschehen seltsame Dinge westlich von Visegrád. Die jungen Männer treiben Unzucht mit Schweinen und die Mutter des Dorfschulzen schwört, dass alles mit dem Teufelsbalg zusammenhänge.“
    Nicolas überflog die Zeilen. Der Brief war von beiden Doktoren unterzeichnet worden und drückte eindeutig ihre Hilflosigkeit angesichts der dunkeln Mächte aus. Wieder schlug der Teufel zu. Ungeachtet dessen, dass ihn Hohe und Mächtige zu gern negierten. Die Augen vor dem Offensichtlichen verschließen, sich verkriechen und hoffen, dass der Höllenfürst vorbeiritt. Doch das tat er nicht. Er wählte seine Jünger aus schlichten und erlauchten Kreisen und formierte sie zu einer Schar, die sich gegen die heilige römische Kirche aufstellte. Nicht umsonst studierte Nicolas Tag für Tag die Geschichte des Verrats. Templer, Katharer, Hussiten. Sie alle teilten den zerstörerischen Geist Satans. Selbst um sich in einem kleinen, unbedeutenden Dorf festzusetzen, war sich der Gehörnte nicht zu schade. Hoffte er, dort würde niemand den Funken erkennen? Niemand den schwefligen Rauch riechen?
    „Ruft mich, sobald der Schreiber bei Sinnen ist.“ Die gnadenvolle Absolution würde er ihm noch an diesem Tag erteilen. In Dömös wartete Bedeutenderes auf ihn.
     
    *
     
    Ziegenkäse? Josias schnupperte sich aus verworrenen Träumen. Neben ihm standen ein Korb mit Essen und ein Krug mit Kamillentee. Sein Magen fühlte sich sauer an und sein Kopf doppelt so groß, wie er sein dürfte. Nett von Mihály, ihm Frühstück zu bringen, aber dieses Mal genügte ihm trockenes Brot und das auch erst

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