Der Sodomit
nachgeht, dann darf kein Schatten auf uns beide fallen, jedenfalls nicht bevor wir einen größeren auf Szábo werfen können und bis jetzt ist das nicht der Fall. Aus dem Apothekerjungen ist nichts raus zu quetschen. Der singt in den höchsten Tönen von dem Wundarzt.“
Das Geld hätten sie sich allerdings schenken können. Tamás nagte die letzten Fasern von seinem Frühstückshühnchen. Das geronnene, braune Zeug unter den Rippen war besonders gut. Satt ließ es sich leichter denken, auch wenn ihn Bence damit ablenkte, als er eine Ader des Vogels in die Länge zog und zurückschnippen ließ.
Er sollte Szábo einen versöhnlichen Anstandsbesuch abstatten. Ihm die Sache erklären und ihn im Zweifel bestechen.
Doch war das überhaupt notwendig oder bloß eine neue Geldverschwendung?
„Ob man sein Geschlecht der eigenen Frau oder einer anderen in die Möse steckt, ist wahrscheinlich nicht von Bedeutung.“
Wie schaffte es Bence bloß, stets und ständig Tamás’ Gedanken aufzugreifen?
„Sodomie ist es nicht. Ich habe mir die Latte von Jacquiers Aufzählung gemerkt.“ Er stellte seinen Daumen auf. „Nur wenn du dein Ding in einen Mann steckst, egal wo, ist das Sodomie.“ Der Zeigefinger folgte. „Und wenn du es einer Frau von hinten, also über den Arsch besorgst, ist das auch Sodomie.“
Da konnte Bence von Glück reden, dass sich sein Würmchen in besagter Nacht nicht regen wollte, denn es war eindeutig der Hintern und nicht die Pflaume der Dirne gewesen, den er im Visier gehabt hatte.
Der Mittelfinger klappte sich aus. „Unzucht mit Tieren, das ist auch Sodomie.“ Mühsam folgte der Ringfinger. „Oder wenn du es dir selbst machst. Das auch.“
„Du hast ein gutes Gedächtnis.“
Bence nickte stolz. „Anfangs hat mich bloß irritiert, dass Jacquier zu sämtlichen Löchern Gefäße gesagt hat. Ich wusste nicht, was der Wachmann damit meinte. Aber nach längerem Grübeln bin ich dahinter gestiegen.“
„Wie dem auch sei. Ich geh zu Szábo.“
„Tu das.“ Bence ließ erneut die Hühnerader schnippen. „Aber wie gesagt, wir sind keine Sodomiten.“
„Aber auch keine Vorbilder für lernwillige junge Männer.“ Er würde nicht riskieren, dass der König ihm wegen eines Fehltritts die Zukunft in Pressburg zerstörte.
*
Zwei Patienten mit vereiterten Zähnen, einer mit einem Sägeblatt im Oberschenkel und einer mit haselnussdicken Hämorrhoiden, die weder auf Hamamelis noch Eichenrindenextrakt ansprachen, weshalb sie Mihály kurzerhand mit einem glühenden Eisen weggebrannt hatte.
Der arme Mann. Beide Zahnpatienten, Péter und sogar Sara mussten ihn festhalten. Mihály hörte seine Schreie immer noch. Diese Art der Behandlung stieß ihn selbst ab. Auch dann, wenn er sie durchführen musste. Gefolgt von Schädelaufbohren und Star-Operationen am Auge, die ihm ebenfalls zuwider waren.
Seine letzte Patientin für diesen Tag war das Mädchen mit dem angeschnittenen Finger. Die Mutter hatte es gestern nicht dazu bewegen können, zu kommen. Es saß zitternd auf der Bank und wartete, dass Péter den Behandlungsstuhl hinter dem Vorhang reinigte. Auf Blut- und Eiterpfützen wollte Mihály das Kind nicht setzen und den Verband konnte er ihm auch hier wechseln.
„Nicht bewegen.“ Schnell wickelte er die Leinenbahnen ab. „Du bekommst von mir eine neue Schiene und einen sauberen Verband, aber solange dein Finger ungeschützt ist, darfst du ihn nicht das kleinste Bisschen bewegen.“
Die Naht sah gut aus. Aber das Destillat würde er trotzdem benutzen. Sicher war sicher.
Er warf den alten Verband in den Eimer und setzte sich du der Kleinen. Er zog den Korken aus einer der Flaschen und das Kind rutschte an die andere Seite der Bank. „Nicht noch mal.“
„Aber es hat geholfen.“
Die Kleine drehte ihm den Rücken zu.
„Willst du lieber, dass der Finger rot und dick wird, irgendwann stinkt und ich ihn dir abknipsen muss?“ Das war gemein. Mehr als das. Grausam. Aber nach einem Tag wie diesem mit abgebrannten Hämorrhoiden besaß er keine Nerven mehr für kindlichen Starrsinn. Auch dann nicht, wenn er ihn verstand.
Das Mädchen sah ihn erschrocken an, rutschte aber näher. „Tut es so weh wie beim ersten Mal?“
„Fast. Aber Finger abknipsen ist tausendmal schlimmer.“ Gedanklich ohrfeigte er sich für seine Kaltherzigkeit.
„Dann mach mal“, sagte das Mädchen kleinlaut. Zögernd hielt sie ihm den Finger hin. Mit Tupfen war es nicht getan. Der Alkohol musste in die Naht
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