Der Sog - Thriller
daran, nach Hause zu schlurfen – mit ausgestreckten Armen, in einer Pose, die ihn, hätte er sich selbst sehen können, in erschreckender Weise an den Mann erinnert hätte, der sie verfolgt und Stunden später Tristram tot aus dem Wald getragen hatte.
Vier Stunden später lag er in den Armen seiner Mutter. Suzette hatte sich, nachdem sie ihren Bruder wohlbehalten zu Hause wusste, auf dem Sofa zusammengerollt und war eingeschlafen. Vor dem Haus standen Polizeiautos, ihre Blaulichter funkelten wie Saphire im strömenden Regen. Ein Bad und eine Polizistin, die zusammen mit seiner Mutter seinen Kopf, seinen Hals, seinen Penis und seinen Hintern inspizierte. Fragen, Fragen, Fragen. Hatte er den Mann gekannt, der sie verfolgt hatte? Welche Farbe hatte sein Auto gehabt? Hatte er etwas gesagt, während er sie verfolgte? War er bärtig gewesen oder glatt rasiert? Tristrams Eltern saßen mit Gavin im Nebenraum. Mrs. Boye warf hohle Blicke durch die Tür auf Nicholas, als könnte dieser sich durch die Kraft ihrer Konzentration plötzlich in ihren jüngsten Sohn verwandeln.
Die Boyes gingen. Die Polizei ging. Der Kessel kochte. Süßer Tee. Bett.
Und die ganze Zeit über: Regen.
Die Suche nach Tristram Hamilton Boye wurde aufgrund der für die Jahreszeit ungewöhnlich heftigen Regenfälle verschoben. Wie sich herausstellte, war sie ohnehin unnötig: Das Frankensteinmonster erzählte der Polizei selbst, wo sie das Kind finden konnte.
Nicholas saß stockstarr neben seiner Mutter und sah die Nachrichten. Ein Fernsehreporter beschrieb, wie Winston Teale, in zweiter Generation Inhaber des Möbelhauses Teale & Nephew, sich in der Polizeistation von Milton, zwei Ortschaften von Tallong entfernt, gestellt und dem Sergeant am Empfangstisch mitgeteilt hatte, wo die Leiche des vermissten Kindes Tristram Boye aus Tallong zu finden war. Man sah kurze Bilder von einem mit einem Tuch bedeckten Häufchen, das von einem Abrisshaus keinen Kilometer von der Polizeistation entfernt abtransportiert wurde.
Eine Woche später musste Nicholas Close auf Geheiß seiner Mutter für seinen Auftritt vor Gericht eine Krawatte tragen. Während der gesamten Anhörung – einschließlich des Teils, in dem der Staatsanwalt Nicholas bat, auf den Mann zu zeigen, der ihn und Tristram am 1. November gejagt hatte – beobachtete Nicholas Winston Teale. Der Mann sah nicht mehr Furcht erregend aus. Er wirkte kleiner. Seine Augen huschten umher wie gefangene Mäuse in einem Käfig, als könnte er selbst nicht ganz glauben, dass er auf der Anklagebank gelandet war. Und als Teale Nicholas ansah, lag nicht eine Spur von Wiedererkennen in seinem Blick. Seine eigenen Worte schienen ihn während der Befragung nur noch mehr zu verwirren.
» Sie haben Tristram Boye getötet?«
» Ja.« Teales Stimme war die eines kleineren Manns.
» Wie?«
» Ich … ich glaube, ich habe ihm die Kehle durchgeschnitten.« Er erklärte, wie er dazu ein Teppichmesser aus seinem Laden benutzt hatte.
» Warum haben Sie ihn getötet?«
Teale blinzelte, legte die Stirn in Falten. Im Gerichtssaal war es so still, dass Nicholas einen Zug im weit entfernten Bahnhof pfeifen hörte.
» Mr. Teale?«, drängte der Vernehmungsrichter.
» Ich weiß es nicht mehr.«
» Und ihn zu dem Grundstück an der Ecke Myner Road und Currawong Street transportiert?«
» Ja.« Teales Stimme klang nicht überzeugend.
» Wie?«
Wieder schüttelte Teale den Kopf. » In meinem Auto. Im Kofferraum meines Autos, glaube ich. Ja …« Teale zuckte mit den Achseln und lächelte entschuldigend.
Nicholas spürte einen Blick im Nacken und drehte sich um.
Seine Mutter beobachtete ihn, eine senkrechte Furche zwischen den Augen. Ihre Lippen lächelten, aber ihre Augen musterten ihn weiter aufmerksam.
Winston Teale wurde wegen Mordes und Freiheitsberaubung verurteilt, erhängte sich jedoch mit seinem Hemd in der Nacht bevor das Strafmaß verkündet werden sollte.
Nicholas hatte keinen Grund mehr, über den Zaun zu springen und an Mrs. Giles vorbeizurennen, um die Boyes zu besuchen.
Die Tropensturmsaison setzte ein, und ihre Hagelzahnwinde bliesen die Zeitungen mit den Fotos seines ermordeten Freundes fort.
Ein Schuljahr endete. Der Fluss floss braun. Die Stadt stieß einen traurigen Seufzer aus Autoabgasen, schalem Parfüm und Elektrozugozon aus, zuckte mit ihren stählernen Achseln und wappnete sich für die Betrunkenen und den Feuerzauber zu Neujahr.
Die Zeit blieb nicht stehen.
Katharine Close verbat ihren
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