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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Sherry. Er konnte nun seinen König retten und dabei seinen Läufer verlieren. Oder aufgeben. Einmal nur hätte er gern dem Alten ins Gesicht gesehen, wenn der verlor. Er sah sich forschend auf dem Brett nach Alternativen um, von denen er wusste, dass es sie nicht gab.
    » Wer waren Ihre Besucher vorhin?«, fragte Hird.
    Nachdem Nicholas Close und seine Schwester gegangen waren, hatte sich Pritam grünen Tee gemacht und zwei weitere Kodeintabletten genommen, und binnen einer halben Stunde waren seine Kopfschmerzen verschwunden gewesen. Was war für die Erholung verantwortlich? Die Tabletten, oder weil Close mit seinen lächerlichen Fragen verschwunden war?
    » Unwichtig«, sagte er.
    » Nun, es interessiert mich aber doch. Was, wenn es auch Hindustanis waren? Ungewaschene Halbblutverwandte, die Sie heimlich einzuschmuggeln versuchen? Ihr vermehrt euch doch wie die Karnickel. Oder noch schlimmer: Was, wenn es Wahlkämpfer der Liberalen waren? Die sich darum bemühen, dass Sie das Kreuzchen mit Ihren Curryfingern bei ihnen machen?«
    Pritam sah zu dem Alten auf. Dessen Augen funkelten vor Vergnügen.
    » Sie haben einen von ihnen bei der Beerdigung von Gavin Boye kennen gelernt«, sagte er.
    Hird schob die weißen Augenbrauen zusammen. » In der Kirche?«
    Pritam nickte. » Und seine Schwester.«
    Hird überlegte einen Moment. » Wollten sie über den Selbstmord sprechen?«
    » Ich gebe auf«, sagte Pritam.
    » Na endlich!«, krähte Hird, ehe er listig lächelnd in einen nüchterneren Ton fiel. » Ach so, Sie meinen das Schachspiel. Nein, ich lasse Sie nicht. Bis zum bitteren Ende.« Er sah den Jüngeren an. » Nun?«
    » Sie haben über den Mord an dem kleinen Thomas gesprochen.«
    Der ältere Reverend nickte. » Und?«
    » Nichts und.«
    » Mein Freund Bill Chalmers hat Nicholas Close getauft. Der Junge ist Agnostiker wie seine Mutter und vermutlich auch seine Schwester. Ihr Vater war ein mieser Drückeberger. Hat zu trinken begonnen, seine Frau mit den Kindern sitzen lassen und sich mit dem Wagen um einen Strommasten gewickelt.« Hird säuberte ein Nasenloch sorgfältig mit dem Daumennagel. » Ich mag alt sein und ein Idiot, was die Auswahl meiner Mitbewohner angeht, aber ich bin immer noch fähig, mich zu wundern, wieso zwei Agnostiker in einer regnerischen Winternacht einen anglikanischen Reverend besuchen gehen. Es sei denn, Nicholas wollte seiner Schwester nur zeigen, wie lächerlich ihr Inder ausseht, wenn ihr euch wie Weiße kleidet.«
    Pritam wartete. Es gab kein Entkommen. Hird würde so lange sticheln und drängen, bis er antwortete, es war so unvermeidlich wie er beim Schach gewann. Er seufzte.
    » Sie haben eine Mrs. Quill erwähnt. Eine Schneiderin, glaube ich.«
    Der ältere Reverend nickte ganz leicht. » Und?«
    » Nichts und. Ich wollte Sie nicht mit solchem Unsinn belästigen, John.«
    Pritam verstummte, und Hird sah ihn über seine Brille hinweg an.
    » Ich weiß, Englisch ist nicht Ihre Muttersprache, also lassen Sie sich Zeit.«
    Pritam warf die Hände in die Höhe. » Also gut! Er wollte, dass Sie sich das Foto von Eleanor Bretherton ansehen, und dann sollte ich Sie nach dieser Quill fragen.«
    Hird blickte über die Schulter zu der alten Fotografie vom Bau der Kirche und erhob sich schwerfällig.
    » Und das wollen Sie jetzt tatsächlich tun?«, fragte Pritam ungläubig. » Ist das Ihre Art, mein Leiden zu verlängern?«
    Hird winkte fröhlich und humpelte zu der Wand mit dem Bild. Er rückte seine Brille zurecht.
    » Ich erinnere mich an Mrs. Quill«, murmelte er.
    Pritam wandte sich wieder dem Schachbrett zu. Wenn er schon keinen würdigen Weg aus dieser Partie fand, konnte er wenigstens seine Schritte zurückverfolgen und die Fehler suchen, die zu seiner Niederlage geführt hatten.
    » Haben Sie eigentlich in Korea zu spielen gelernt? John?«
    Pritam hob den Blick zu dem alten Mann. Hird starrte auf das Foto. Sein Gesicht war weiß, und seine Hände zitterten anfallartig.
    » John?«
    Hird sah Pritam an und schüttelte langsam den Kopf.
    » Du meine Güte«, sagte er leise.
    Dann ging er in die Knie und sank zu Boden wie ein angeschossenes Wild.
    » John!«
    Pritam rannte zu dem Alten. Dessen Atem ging flach und schnell, und sein Mund formte lautlose, unverständliche Worte. Pritam hastete zum Telefon.
    Der Regen hatte aufgehört, und die Wolken zogen ab wie Theaterbesucher nach dem letzten Vorhang. Eine wunderbare Nacht: kalt und klar, mondlos. Der Himmel war ein dunkles Glas, blank

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