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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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nicht dazu, dem Immerwährenden Herrscher zu antworten, denn Lirandil ergriff wieder das Wort. Offenbar wollte er hier und jetzt nicht über ein untergegangenes Handelshaus aus Carabor reden.
    Lirandil wandte sich stattdessen den anderen Anwesenden zu, die an der Tafel des Waldkönigs Platz genommen und mit ihm offenbar Verhandlungen geführt hatten. Darauf deutete zumindest der Umstand hin, dass sich keinerlei Speisen auf dem Tisch befanden, wohl aber eine Unmenge von Papieren. Zudem war der Kanzler des Waldkönigs anwesend, ein Halbling, der sich so sehr an die Lebensweise bei Hofe angepasst hatte, dass er sogar Schuhe trug.
    » Wie ich sehe, sind noch andere gekrönte Häupter anwesend«, stellte Lirandil fest und richtete den Blick auf einen jungen Mann am Tisch. » König Candric von Aladar, wenn ich mich nicht irre.«
    » Ihr irrt Euch nicht, werter Lirandil«, sagte der junge Mann, auf dessen Brust ein goldenes Amulett prangte, in das die stilisierten Kuppeln von Aladar, der Hauptstadt des Beiderlandes, eingraviert waren.
    » Ihr seht gut aus, König Candric«, sagte der Elb, » beinahe verjüngt.«
    » Vermutlich verwechselt Ihr mich mit meinem Vater. Als Ihr das letzte Mal in Aladar zu Gast wart, war ich noch ein Junge.«
    » So ist Euer werter Vater…«
    » …von den Göttern heimgeholt worden«, vollendete Candric den Satz des Elben. » Aber wie Ihr seht, zeigen Eure diplomatischen Bemühungen Erfolg. Ich habe Eure Schilderungen des Übels, das in der Hornechsenwüste des Ost-Orkreichs schon seit Generationen erwächst, seit damals nicht vergessen, und darum bin ich jetzt hier.«
    » Ich wusste nicht, dass Euer Vater gestorben ist«, sagte Lirandil sichtlich betroffen. » Doch fiel mir auf, dass nicht von Candric XII ., sondern von Candric XIII . die Rede war, als ich den Hauptmann der Palastgarde nach der Herkunft der Galeeren im Hafen fragte. Ich war bereits mit Candric I. gut befreundet, dem Sohn von König Hadran und Königin Taleena, aus deren beiden Reichen das Beiderland hervorging und zum mächtigsten Menschenreich von Athranor aufstieg. Sind tatsächlich schon vier Jahrhunderte seither vergangen?«
    » Genau dreihundertachtundsechzig Jahre sind verstrichen seit der Heirat von Hadran und Taleena, und wir feiern jedes Jahr die Gründung unseres Reiches.«
    » Wie ist Euer Vater gestorben?«, fragte Lirandil.
    Candrics Miene verfinsterte sich. » Eine Bande von Orks überfiel ihn, als er in der Provinz Transsydien unterwegs war, um die Trutzburg an der Schlangenbucht zu besuchen. Die Mörder entkamen über das nahe gelegene Grenzgebirge in die Reiche der Orks.« Candric ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten. » Ich hasse nichts so sehr wie diese verfluchte Orkbrut!«
    » Es würde mich nicht wundern, wenn Ghool diese Mörder geschickt hätte«, vermutete Lirandil. » Ihr solltet nicht die Orks im Allgemeinen dafür verantwortlich machen.«
    » Ach, nein? Ist es denn ein Zufall, dass ausgerechnet diese Scheusale anscheinend so anfällig für den Einfluss des Bösen sind?«, fragte eine andere Stimme, die unverkennbar die eines Zwerges war.
    » Botschafter Rhelmi aus der großen Höhle unter Thomra-Dun«, sagte Lirandil. » Ich bin überrascht.«
    » Überrascht?«, fragte Rhelmi und zog dabei seine buschigen Augenbrauen zusammen. Mit einer beiläufigen Bewegung strich er sich über den zu einem Dutzend Zöpfen geflochtenen rotstichigen Bart. » Ihr wart es doch, der einst meinen König überzeugte, dass sich unser Volk nach vielen Zeitaltern wieder für die Geschehnisse über der Erde interessieren und einen Botschafter nach Aladar entsenden sollte.«
    » König Grabaldin hat gut daran getan, auf meinen Ratschlag zu hören«, meinte Lirandil. » Ich hatte nur nicht zu hoffen gewagt, dass er dies tatsächlich tun würde, und das auch noch gerade zur rechten Zeit, da das große Bündnis gegen den Schicksalsverderber geschmiedet werden muss.«
    Einst war das Zwergenreich im Meer versunken, und dort, wo es gewesen war, erhoben sich nur noch die ehemaligen Gipfel der Bergmassive Ulras-Dun, Thomra-Dun und Kergur-Dun aus dem Ozean, den man seitdem das Zwergische Meer nannte. Zu tief hatten die Zwerge gegraben, so sagte man. Ihre Gier nach den Schätzen der Erde war so groß gewesen, dass sie ihre Stollen ohne Rücksicht auf die Kräfte der Natur ausgedehnt und immer weitergetrieben hatten, bis ein Großteil davon eingestürzt war. Das Land hatte sich abgesenkt, und die Fluten des Meeres hatten das

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