Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
Bemerkung recht.«
» Welcher Bemerkung?«
» Dass Sehen etwas mit dem Verstand und nicht mit den Augen zu tun hat. Und darum siehst du leider in die falsche Richtung und hältst eine entrückte Elbin für den Inbegriff von Schönheit, anstatt das Naheliegende zu bemerken.«
Aber Arvan schien ihre Worte gar nicht zu hören, geschweige denn ihren Sinn zu begreifen. » Ich habe mich erkundigt. Ihr Name ist Zoéwén, und sie ist eine Heilerin.«
» Heilung scheinst du auf jeden Fall zu brauchen«, meinte Zalea spitz. » Fragt sich nur, ob du dir die richtige Heilerin dafür ausgesucht hast– oder vielleicht eine, die dein Leiden noch verschlimmert!«
Zalea wandte sich zum Gehen, da stand plötzlich Neldo vor ihr. Sie hatte ihn gar nicht kommen hören.
» Ich wollte niemanden erschrecken, und ich bin auch kein Elb oder Dunkelalb, der fremde Gespräche belauscht«, sagte er schnell, weil ihm ihre Reaktion nicht entgangen war.
» Na, da bin ich ja froh«, meinte Zalea.
» Lirandil schickt mich. Ich soll euch alle zusammenrufen.«
» Heißt das, er konnte den Elbenkönig überzeugen?«, fragte Zalea.
» Es heißt auf jeden Fall, dass wir diesen Ort bald verlassen werden«, antwortete Neldo.
Zalea stieß Arvan an. » Komm, Neldo hat auch dich gemeint, auch wenn du im Moment etwas schwerhörig bist und es vielleicht nicht mitbekommen hast.«
An Bord der » Tharnawn «
Lirandil empfing sie alle in seinen privaten Gemächern. Zu Arvans Überraschung war auch Prinz Eandorn anwesend. Whuon begutachtete gerade eine vom Rost angefressene Speerspitze. Sie lag auf einem steinernen Podest, so als wäre sie etwas Besonderes und nicht nur eine grobe Schmiedearbeit, die der Kunst der Metallverarbeitung, wie sie bei den Elben gepflegt wurde, völlig unwürdig war.
» Das sieht mir aber nicht nach dem berühmten Elbenstahl aus«, stellte der Söldner fest. » Ich habe in Thuvasien einige Krieger gesehen, die mit Waffen aus diesem Stahl ausgerüstet waren. Dies hier aber ist… Abfall.«
» Bisweilen sammle ich alte Dinge«, sagte Lirandil.
» Aber… eine rostzerfressene Speerspitze?« Whuon zuckte mit den Schultern. » Kein Wunder, dass du selbst unter deinesgleichen als Sonderling giltst, Lirandil.«
Whuon wollte die Lanzenspitze in die Hand nehmen, um sie sich genauer anzusehen, aber Lirandil schien das nicht zu gefallen. » Rührt dieses Artefakt nicht an«, riet er dem Söldner eindringlich. » Ich brauche es noch, und Ihr habt grobe Hände und einen zu festen Griff. Wer weiß, ob Euch dieses von de r Z eit gezeichnete Eisen nicht unter den Fingern zerbröselt.«
Whuon hob beschwichtigend die Hände. » Ich bin dein Gast– und wenn du mich tatsächlich Elbisch lehrst, auch dein Schwert! Also tue ich, was du sagst.«
» Warum habt Ihr uns zusammengerufen?«, fragte Arvan voller Ungeduld.
» Wir werden von hier aufbrechen«, erklärte Lirandil. » Hier kann ich derzeit nichts ausrichten.«
» Heißt das, es wird kein Bündnis mit den Elben geben?«, fragte Arvan.
» Niemand sollte die Hoffnung aufgeben, dass mein Vater und die Mitglieder des Thronrates doch noch zu einer anderen Überzeugung gelangen«, ergriff Prinz Eandorn das Wort. » Ich denke in vielem anders als mein Vater. Und deshalb bin ich entschlossen, euch zu helfen.«
» Prinz Eandorn wird uns mit seinem Schiff nach Carabor bringen«, sagte Lirandil. » Und dort werden wir dann hoffentlich den Admiralsrat davon überzeugen können, uns die caraboreanische Flotte zur Verfügung zu stellen.«
» Carabor…«, murmelte Arvan. Nachdem dieser Name gefallen war, hörte er kaum noch zu, was sonst noch gesprochen wurde. So lange war diese Stadt nur ein Trugbild in seinem Kopf gewesen. Eine Erinnerung, die er eigentlich nicht haben durfte, denn er war damals noch viel zu jung gewesen. Und jetzt sollte endlich geschehen, was er sich so sehnlichst gewünscht hatte: Sie würden im Hafen von Carabor anlegen!
» Auch Brass Elimbor will euch helfen«, erklärte Eandorn. » Ich habe mit ihm gesprochen. Er wird versuchen, den Thronrat davon zu überzeugen, dass wir unsere Magie einsetzen müssen, um Ghool aufzuhalten, mag unsere Zauberkunst auch noch so schwach geworden sein. Allerdings darf ich euch nicht viel Hoffnung machen. Es kann gut sein, dass ihr im Kampf gegen den Schicksalsverderber nicht auf die Elben zählen könnt.«
» Das sind keine guten Nachrichten«, stellte Borro fest.
» Brass Elimbor wird die Eldran bitten, ihm als Boten zu dienen, damit man
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