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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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meinen Träumen habe ich nicht den Langen See gesehen, wusste Arvan plötzlich. Es war das Meer, denn es roch wie das Meer. Salz … Es war überall in der Luft!
    Warum erschreckten ihn die Waldgötter mit diesen Träumen? Wollten sie ihn verwirrt ins Jenseits eingehen lassen?
    Man erzählte sich, dass die Waldgötter durchaus hin und wieder dafür sorgten, dass eine Seele wahnsinnig wurde, bevor sie in die jenseitige Welt einging und sich dann auflöste. Das geschah, wenn jemand viel Übles in seinem Leben getan hatte, um zu verhindern, dass diese Seele in der jenseitigen Welt weiteren Schaden anrichtete.
    War ich wirklich so schlimm, dass ich dieses Schicksal verdient habe?, dachte Arvan. Was immer ich anderen angetan haben mag, es war doch meistens aus Versehen oder aus Ungeschicklichkeit.
    Arvan sah das Gesicht eines Elben vor sich, uralt und hager. Die Haut war so weiß wie Schnee und von winzigen Falten durchzogen. Es musste ein Elb sein, der um viele Zeitalter länger gelebt hatte als Lirandil. Er trug eine Kutte und ein Amulett mit einer Elbenrune darauf, deren Bedeutung Arvan nicht kannte. Im nächsten Moment sah er einen Säugling, der dem uralten Elben übergeben wurde. Ein Kind, dessen Ohren nicht spitz und dessen Augen auch nicht schräg gestellt waren wie bei einem Elben. Ein Menschenkind, erkannte Arvan.
    Worte wurden gesprochen. Worte in Relinga und in der Sprache der Elben. Arvan verstand nichts davon, obwohl er das Gefühl hatte, dass er eigentlich genau hätte wissen müssen, worum es ging. Dann verschwamm das Bild wieder. Alles schien sich zu drehen und zu einem Strudel aus Farben und Formen zu werden.
    Er hörte eine andere, helle Stimme. » Lirandil, er wird wach!«
    Es war eine Mädchenstimme. Zalea … In dem Moment, als ihm der Name einfiel, blendete ihn Licht. Unbewusst hatte er die Augen geöffnet, und nach und nach erkannte er, dass es gleißendes Sonnenlicht war, das ihn blendete; es fiel durch das offene Fenster in seiner Kammer in Gomlos Haus. Er lag also nicht in einem Sarg im Erdreich, der alten Heimat der Halblinge, wie er befürchtet hatte, sondern in seinem eigenen Bett.
    » Ich hatte einen furchtbaren Traum«, murmelte er und versuchte, sich aufzusetzen, aber ein heftiger Schmerz hinderte ihn daran.
    » Schön liegen bleiben«, hörte er Lirandils mahnende Stimme.
    Arvan blinzelte und sah, dass außer dem Elben und Zalea auch Borro und Neldo im Raum waren. Und wenig später kamen auch seine Zieheltern Gomlo und Brongelle herein, sodass es in der kleinen Kammer recht eng wurde.
    » Du hast gute Freunde, Arvan«, sagte Lirandil. » Sie haben Tag und Nacht bei dir gewacht, während wir nicht wussten, ob du es schaffen würdest, im Reich der Lebenden zu verbleiben.«
    Arvan lächelte matt; er fühlte sich sehr erschöpft. » Scheint, als wäre ich der Strafe der Waldgötter noch einmal entronnen.«
    » Du verdankst Lirandil dein Leben, nicht der Gnade der Waldgötter«, sage Zalea. » Meine Eltern haben beide ihre sicherlich nicht geringe Kunst an dir versucht, aber du warst so schwer verwundet, dass wohl kein Halbling-Heiler es geschafft hätte, dich zu retten.«
    Arvan stellte fest, dass er einen Verband um den Oberkörper trug. Darunter befand sich irgendeine matschige Heilerde, die bestimmt mit Kräutern und den absonderlichsten Zutaten versetzt war. Der eigenartige Geruch, den Arvan wahrnahm, erinnerte ihn an irgendetwas, das mit seinen Träumen zu tun hatte.
    » Er braucht jetzt viel Ruhe«, sagte Lirandil, an Arvans Zieheltern gewandt.
    Neldo deutete zur Wand, an der ein Schwert lehnte, und Arvan erkannte es sofort wieder. » Ich dachte mir, dass du es vielleicht als Andenken behalten willst.«
    » Beschützer …«, murmelte Arvan.
    » Als wir dich herbrachten, habe ich es mitgenommen«, erklärte Neldo. » Mir persönlich wäre dieses Riesending zu groß und schwer, aber soweit ich es mitbekommen habe, kommst du mit dieser Waffe gut zurecht.«
    » Sie hat ihrem Namen alle Ehre gemacht«, sagte Arvan. » Danke.«
    » Es ist ein Schwert, wie es die Ritter von Beiderland tragen«, wusste Lirandil.
    » Ich hätte gedacht, dass es von einem Haraban-Söldner stammt«, sagte Arvan.
    Lirandil hob die Schultern. » Wer mag schon wissen, durch wie viele Hände es gegangen ist und ob es nicht der Söldner, dem es von einem Ork geraubt wurde, zuvor in einem Turnier gewann. Der Knauf wurde später aufgesetzt, vielleicht um die wahre Herkunft des Schwerts zu verhüllen. Die Klinge selbst

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