Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
verlassen. So war es früher schon, und so wird es immer sein. Niemand hat mehr Überfälle der Orks erlebt als ich, und ich sage euch, das Unheil wird sich wieder zurückziehen, wenn wir uns still verhalten, anstatt uns ihm entgegenzustellen, so wie es jüngst geschehen ist. Das hat viele Halblingkrieger das Leben gekostet. Und das nur, um einem Elb von früher tadellosem, jetzt aber nicht mehr ganz so unbeflecktem Ruf das ohnehin schon überlange Leben zu retten.«
Er wandte sich Gomlo zu. » Einem Elb und einem Menschling, den Ihr in Eurem Haus aufgezogen habt und der Euch nur Unglück und Kummer brachte. Ihr habt damals dem Willen Eurer Frau nachgegeben, diese ungeschickte Menschlingmissgeburt aufzunehmen, und Ihr habt jetzt, so vermute ich, ihr erneut nachgegeben, als sie Euch beschwor, ihn vor den Orks zu retten, und deshalb die Krieger ausgeschickt!«
» Das ist nicht wahr«, widersprach Gomlo aufgebracht.
» Wie soll jemand unser Anführer sein, der so leicht zu beeinflussen ist?«
» Und was ist mit Euch? Ihr nutzt diese Stunde, in der wir ernste Entscheidungen treffen müssen, nur dazu, um Euren Nachfolger schlechtzumachen, weil Ihr es nicht verwinden könnt, dass dieser Baum nun Gomlos Baum heißt und nicht mehr Euren Namen trägt wie vor vielen, vielen Jahren«, rief Brongelle wütend.
Tumult entstand. Stimmengewirr erhob sich.
Lirandil setzte dem mit einem Ruf von enormer Stimmgewalt ein Ende. Arvan hatte bemerkt, dass der Elb zuvor etwas vor sich hin gemurmelt hatte, und so vermutete er, dass Lirandil seine Stimme magisch verstärkt und mit noch mehr Eindringlichkeit versehen hatte. » Es mag sein, dass sich die Orks früher von selbst zurückgezogen haben und Euer Volk sich einfach nur möglichst ruhig verhalten musste, um nicht bemerkt zu werden! Es mag auch sein, dass die Söldner des Waldkönigs Haraban die Eindringlinge bisher immer vertrieben haben. Aber diesmal werden sich Eure Hoffnungen nicht erfüllen. Selbst wenn sich die Diener Ghools noch einmal zurückziehen sollten, sie werden zweifellos wiederkehren. Und dann werden vielleicht nicht nur Orks im Auftrag des Schicksalsverderbers nach Norden ziehen, sondern auch seine Dämonenhorden und jene anderen Kreaturen, die er entweder selbst herbeigerufen oder aber unter seinen Willen gezwungen hat! Und sehr bald werden auch Menschen, Oger, Waldriesen, ja, und nicht zuletzt auch Halblinge von Ghools Macht in den Bann gezogen, und man wird sie in den Schlachtreihen dieser Armee des Bösen allesamt wiederfinden!«
» Vergaßt Ihr nicht das Volk der Elben in Eurer Aufzählung?«, fragte Mansor bissig.
» Jeder ist in Gefahr, der Kraft des Übels zu erliegen und von ihm beeinflusst zu werden«, antwortete Lirandil nach einer kurzen Pause. » Jeder, und da nehme ich auch die Elben nicht aus, obwohl sie vielleicht über mehr Mittel verfügen, um sich gegen den Einfluss Ghools zu schützen. Aber das ändert nichts daran, dass Ghool auch mein eigenes Volk ins Verderben reißen wird, wenn es nicht aus seiner Lethargie und Ignoranz erwacht und sich endlich besinnt, das Richtige zu tun.
Ich bin unterwegs, um Verbündete zu sammeln. Ich werde jeden Königshof und jeden Heeresführer in ganz Athranor aufsuchen, um Bundesgenossen zu gewinnen, die bereit sind, sich Ghool entgegenzustellen. Denn wenn das nicht geschieht, solange noch Zeit dazu ist, wird es keine Macht mehr geben, die ihm Einhalt zu gebieten vermag.
Ghool wird immer stärker und stärker. Er saugt die Kräfte der Finsternis in sich auf. Sie fließen ihm zu und sammeln sich in ihm, so wie sich das Wasser der Flüsse im Meer sammelt. Und wenn diese Kräfte erst wie eine schwarze Flut über Athranor hinwegbranden, werden die Könige aller Völker und ihre Magier nicht mehr stark genug sein, ihnen etwas entgegenzusetzen. Sie werden einfach hinweggespült werden oder sich unterwerfen müssen, und für Athranor wird dann eine neue Zeit anbrechen, die man gewiss die Dunkle Zeit nennen wird.«
Niemand sagte noch etwas. Lirandils Worte waren so eindringlich gewesen, dass selbst Mansor zunächst nichts darauf zu erwidern wagte.
» Die Ritter aus Beiderland und die Krieger des Dalanorischen Reiches werden sich mit den Flotten von Carabor und des Siebenlandes sowie den Heeren des Waldkönigs vereinen müssen«, fuhr Lirandil fort. » Wir werden selbst die Zwerge aus ihrem im Meer versunkenen unterirdischen Reich rufen müssen und die alten Feinde meines Volkes, die Bewohner Trollheims, die sich
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