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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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ihm offenbart hatte, selbst einmal die große Stadt besucht zu haben. Es schien, als hätte Gomlo dieses Geheimnis ansonsten mit kaum jemand anderem geteilt, vielleicht nicht mal mit Brongelle.
    In diesem Moment holte Lirandil jenen Stein aus einer seiner Gürteltaschen, den Arvan bereits auf dem Herdenbaum kurz gesehen hatte, und hielt ihn zwischen Daumen und Zeigefinger in die Höhe. » Dies ist ein Stein von Ysaree, einer Insel, die zum Elbenreich gehört. Diese Steine haben besondere Eigenschaften. So kann man mit ihrer Hilfe Augenblicke festhalten und sie jemandem zeigen, der nicht dabei war. Und man kann sogar eine Botschaft darauf bannen, die sich auch jemandem offenbart, der der Magie unkundig ist, vorausgesetzt, er ist vertrauenswürdig und man hat ihn vorher als einen möglichen Empfänger bestimmt.«
    Er wandte sich an Grebu. » Die Botschaft war an Euch gerichtet, für den Fall, dass ich sie Euch nicht persönlich überbringen könnte. Denn ich kenne Euch seit– nach den Maßstäben Eures Volkes– langer Zeit und war sicher, dass Ihr das Richtige zu tun gewusst hättet, werter Grebu.«
    Die Wertschätzung, die Lirandil für den alten Grebu ausdrückte, wurde nicht allgemein geteilt. Jedenfalls quittierten die versammelten Halblinge diese Worte mit abwartendem Schweigen. Arvan hörte auch ein paar flüsternde Stimmen, die sich über die besondere Beziehung mokierten, die Lirandil offenbar zu dem Alten unterhielt. Aber sie verstummten rasch, vielleicht deshalb, weil sie annehmen mussten, dass Lirandil selbst ihr leises Wispern so klar zu verstehen vermochte, als würden sie ihre Kommentare laut rufen.
    » Ein Jahr lang ging ich bei einem Elbenmagier von Ysaree in die Lehre, nur um die Magie dieser Steine einigermaßen zu erlernen«, sprach Lirandil weiter, » denn immer, wenn ich von den Dingen berichtete, die sich in den Ländern der Orks taten, stieß ich auf Unglauben. Mir wurde klar, dass ich die Gefahr, die uns allen droht, vielen nur begreiflich machen kann, indem ich zeige, was ich gesehen habe. Worte sind so flüchtig wie der flüsternde Wind, so heißt es in einem alten Sprichwort der Oger, die in der Flachen Mark von Bagorien beheimatet sind. Aber mithilfe eines Steins von Ysaree vermag ich zu zeigen, was sich in der tiefsten Tiefe der Hornechsenwüste tut.«
    Lirandil murmelte einige magische Worte in der Sprache der Elben– und ein greller Strahl fuhr aus dem Stein und bildete über dem Platz eine Blase aus Licht, die die Halblinge im ersten Moment blendete.
    Doch dann waren Bilder zu erkennen. Bilder, die zum Leben erwachten, als wäre man selbst bei den gezeigten Ereignissen dabei.
    Arvan war vollkommen fasziniert und konnte nur fassungslos auf die Lichtblase starren. Wie großartig erschien ihm doch die Magie der Elben im Vergleich zu dem, was unter den Halblingen als Magie praktiziert wurde. Zu nichts auch nur annähernd Vergleichbarem waren die Bewohner der Wälder am Langen See fähig, da war sich Arvan sicher.
    In der Lichtblase war zunächst die Ödnis der Hornechsenwüste zu sehen. Ein rotgelbes Land, das nur aus Sand und Gestein zu bestehen schien und in dem die Luft flimmerte, so heiß war es dort. Dann aber erblickten die Halblinge die schwarzen Mauern jener geheimen Feste, von der Lirandil gesprochen hatte. Hoch ragten sie empor. Ihre Ausmaße waren zunächst nicht einzuschätzen, da jeglicher Größenvergleich fehlte– oder eher zu fehlen schien. Denn um die Feste mit ihren gewaltigen Türmen und dunkel im Schein der Sonne schimmernden Kuppeldächern herum bewegte sich eine dunkle, sich ausbreitende Masse. Sie wirkte zunächst wie eine zähe Flüssigkeit, die an allen Seiten aus der Feste quoll. Erst auf den zweiten Blick erkannte Arvan, woraus diese Masse wirklich bestand.
    Unzählige Krieger, wurde ihm klar.
    » Orks«, entfuhr es ihm laut, doch niemand nahm es wahr, denn im selben Moment hatten viele, die sich auf dem Platz der Hauptastgabel befanden, die gleiche Erkenntnis. Ein Raunen ging durch die Reihen der Halblinge. Hier und dort wurden auch entsetzte Ausrufe laut.
    » Einst gab es im Grenzgebiet zwischen Bagorien und Trollheim eine ähnliche Feste, von der aus Ghools Dämonenhorden zur Schlacht am Berg Tablanor zogen«, sagte Lirandil in eindringlichem Tonfall. » Heute nennt man sie Ghools Altfeste. Sie wurde, nachdem Ghool gebannt worden war, weitgehend zerstört, und die Ruinen werden seit vielen Zeitaltern gemieden. Die Menschen in Bagorien erzählen sich, dass

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