Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)
ihn.
Sieh hin!, vernahm er eine Gedankenstimme in sich.
Als er die Augen wieder öffnete, sah er, wie Lirandil ihm zunickte. » Dein Vater forderte die Durchführung eines elbischen Heilrituals an seinem Sohn– an dir, Arvan. Du warst damals noch ein Säugling, und nur in diesem zarten Alter hat dieses Heilritual Wirkung. Es ist ein Zauber, der die Widerstandskraft des Betreffenden gegen Krankheiten und Gebrechen aller Art stärkt. Insbesondere erhöht er die Genesungskräfte nach Verletzungen und unterstützt die Wundheilung.«
» Das ist es also«, stieß Arvan hervor. » Darum bin ich nach all den schweren Stürzen nicht gestorben! Und darum überlebte ich auch die Dolchwunde, die für jeden anderen den sicheren Tod bedeutet hätte.«
» Der Zauber war mit einem gewissen Risiko behaftet«, erklärte Lirandil. » Er wird an Elbenkindern durchgeführt, aber nicht einmal Brass Elimbor dürfte geahnt haben, wie er sich bei einem menschlichen Säugling auswirkt.«
» Dennoch bestand dein Vater darauf, dass der Zauber an dir angewendet wurde«, sagte Grebu. » Zumindest hat es mir so mein Sohn Dargu berichtet, und der hat die Reise ins Ferne Elbenreich sogar mitgemacht.«
» Nun, offenbar hat mir dieser Zauber nicht geschadet«, meinte Arvan, und seine Miene entspannte sich ein wenig.
» Das hätte aber leicht geschehen können. Und um dich vor Nebenwirkungen zu schützen, flößte Brass Elimbor dir eine beträchtliche Menge der Magischen Essenz des Baumsaftes ein. Mehr als normalerweise jeder Halbling nehmen und vertragen würde. Ansonsten hättest du die Durchführung des Zaubers nicht überlebt.«
Weitere Erinnerungen erwachten in Arvan. Er hatte plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Er hörte Stimmen. Es waren die vertrauten Stimmen seiner Eltern und die von Brass Elimbor. » So tut doch etwas! Er wird ganz blau«, rief jene Frau, von der Arvan nun wusste, dass sie Tel’a Aradis hieß und seine Mutter gewesen war.
War das der Teil der Erinnerung, der mir Angst machte?, ging es Arvan durch den Kopf. So musste es wohl sein.
» Arvan hat immer besonders gut auf die Magische Essenz angesprochen«, stellte Gomlo fest. » Wir wussten nie, woran das liegt, und haben es der Tatsache zugeschrieben, dass Arvan von menschlichem Blut ist.«
» Nein, es muss mit dem zusammenhängen, was während des Rituals geschah«, stellte Lirandil klar.
» Dein Vater hat dich niemals in Gefahr bringen wollen, Arvan«, versicherte Grebu. » Er wollte dir Gesundheit und ein längeres Leben ermöglichen und hat sich auf seinen zahlreichen Reisen ins Elbenreich anscheinend sehr eingehend über die dort angewandte Heilkunst informiert, die mit nichts zu vergleichen ist, was anderswo in dieser Hinsicht gepflegt wird.« Er richtete den Blick kurz auf Gomlo und fuhr fort: » Davon bin auch ich überzeugt, auch wenn ich mir mit dieser Aussage unter der Heilerschaft der Halblinge noch mehr Feinde mache, als ich ohnehin schon habe, und man vermutlich sagen wird, dass ich aufgrund der Einflüsse, denen ich während meiner Jahre in Carabor ausgesetzt war, bereits der Verderbnis anheimgefallen bin.«
» Nun, ein paar eigenartige Ansichten, die einen derartigen Rückschluss nahelegen, hast du ja durchaus«, merkte Brongelle an.
Grebu seufzte. » Verwandtschaft«, murmelte er. » Aber das ist wiederum ein ganz eigenes Thema, das ich an dieser Stelle ungern vertiefen würde.«
» Was wurde aus Dargu?«, fragte Arvan.
» Terbon Sordis wollte das gesamte Haus Aradis auslöschen«, erzählte Grebu. » Und zu einem Haus gehört in dem Sinne, wie die Caraboreaner dieses Wort verstehen, nicht nur die eigentliche Familie, sondern auch wichtige Angestellte, Schreiber, Vertraute, die Kapitäne, die für einen Handelsadmiral fahren, und so fort. In diesem Fall also all diejenigen, die in leitender Funktion für die Aradis tätig waren. Und zu denen gehörte auch Dargu. Ich verbreitete damals das Gerücht, er wolle nach Carabor zurückkehren, denn mir war bewusst, dass ihm die Schergen von Terbon Sordis sogar bis hierher folgen würden. Er ist auch nicht von streunenden Orks erschlagen worden, wie man hin und wieder zu hören bekommt. Dazu war er zu geschickt, er wäre ihnen nicht so einfach in die Arme gelaufen.« Grebu seufzte erneut. » Sein Ziel war Aladar, die Hauptstadt von Beiderland. Er hoffte, dort wieder eine Anstellung als Schreiber zu finden und sein Glück machen zu können. Allerdings habe ich seit vielen Jahren nichts
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