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Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Sohn der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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eindringlich. » Nie wieder.«
    Arvan steckte ein Kloß im Hals. Er war unfähig, auch nur ein Wort hervorzubringen, während sein Herzschlag nur so raste.
    » Hast du mich verstanden?«, fragte Lirandil nach einem Augenblick des Schweigens.
    Arvan nickte leicht. Aber dieses Nicken kam einer Lüge gleich. Lirandil brauchte seine Gedanken nicht zu lesen, um das zu erkennen.
    » Wenn du mir weiter folgen und mir wirklich helfen willst, dann lass nie wieder zu, dass deine finsteren Gefühle dermaßen die Oberhand über deine Seele erringen«, sagte der Elb.
    » Aber…« Mehr brachte Arvan nicht hervor.
    » Wenn du das nicht kannst, endet unser gemeinsamer Weg hier und jetzt«, erklärte der Elb. » Die Entscheidung liegt bei dir.«
    » Hatte dieser Ork denn nicht den Tod verdient?«, platzte es aus Arvan heraus. » Seht Euch doch an, was hier geschehen ist!«
    » Und sieh du dir an, was du getan hast.«
    » Aber seid Ihr denn blind? Die Orks haben hier gehaust wie wilde Tiere.«
    » Gerade hast auch du dich verhalten wie ein wildes Tier, Arvan. Abgesehen davon hätten wir vielleicht noch etwas von dem Ork erfahren können.«
    In diesem Augenblick erklang draußen ein Schrei. Er war so durchdringend und tief, dass Arvan sofort klar war, dass er weder von einem Menschen noch von einem Halbling oder einem Ork kommen konnte. Stampfende Schritte folgten.
    » Bei allen Waldgöttern– was ist das?«, stieß Zalea hervor. Die anderen waren Arvan und Lirandil inzwischen gefolgt, und das Halblingmädchen war die Erste von ihnen, die angesichts des Grauens, das sich ihnen hier offenbarte, die Sprache wiederfand.
    » Ein Waldriese«, sagte Lirandil, ohne dabei irgendeine Gefühlsregung zu zeigen.
    » Das muss Tarruu sein«, vermutete Arvan atemlos.
    » Wer ist Tarruu?«, fragte Borro.
    » Der Waldriese, den Zobo als Hilfskraft beschäftigt, um schwere Lasten zu tragen und die Boote aus dem Wasser zu heben.«
    » Hast du nicht mal erzählt, es sei Jahre her, dass du zuletzt hier warst?«, fragte Borro. » Da kann sich einiges geändert haben.«
    » Nicht bei einem Waldriesen«, widersprach Arvan.
    Waldriesen erfreuten sich überall in Athranor als Hilfskräfte großer Beliebtheit. Das lag nicht nur an den enormen Körperkräften dieser Geschöpfe, sie waren auch äußerst zuverlässig. Zumeist waren sie jemandem, der sie beschäftigte und gut entlohnte, über viele Jahre hinweg treu ergeben, und da sie deutlich älter als Menschen und Halblinge wurden, dienten sie oft genug sogar über mehrere Generationen hinweg derselben Familie.
    » Ich sehe nach ihm«, entschied Arvan. Seine letzte Erinnerung an Tarruu war, wie dieser versucht hatte, ihn als kleinen Jungen zum Lachen zu bringen, wozu er sein zerfurchtes Riesengesicht zu Fratzen verzogen und mit den astähnlichen beweglichen Auswüchsen auf seinem Kopf das moosähnliche grünliche Haar zu lustigen Gebilden aufgetürmt hatte.
    Arvan war schon halb zur Tür hinaus, als Lirandils Stimme ihn aufhielt. » Warte, Arvan! Da kommt noch jemand.«
    » Wer?«
    » Viele Tritte von Stiefeln…«
    » Orks?«
    » Vielleicht.«
    Da gab es für Arvan kein Halten mehr. Er lief hinaus, und als er wieder in die Baumgrotte gelangte, vernahm er von draußen die lauten Schreie eines Riesen, der in höchster Not war.
    Du kannst ihm nicht helfen!
    Dieser Gedanke stand auf einmal so klar und deutlich in seinem Kopf, als wäre es sein eigener.
    » Hätte ich so auch denken sollen, als die Orks Euch bedrängten, Lirandil?«, murmelte Arvan.
    Er hörte Schritte in seinem Rücken. Offenbar folgten ihm die anderen. Er aber setzte zu einem Spurt an, rannte am Wasser entlang ins Freie und überstieg einige der landeinwärts wuchernden Wurzeln des Riesenbaums.
    Dann sah er den Waldriesen vor sich. Für gewöhnlich waren sie zweimal so hoch wie ein ausgewachsener Elb oder Mensch, doch bei diesem Exemplar handelte es sich um einen besonders großen Vertreter seiner Art. Fast drei Mannslängen ragte er empor. Das moosartige Haar war wirr und zerzaust. Die astähnlichen Fortsätze, die ihm aus Stirn, Schläfen und Hinterkopf ragten, führten rudernde Bewegungen aus, so als würde ihm das helfen, sein Gleichgewicht zu halten. Gewaltige, schaufelartige Hände hielten einen Baumstamm, der andernorts vielleicht als dick durchgegangen wäre, hier in den Wäldern am Langen See aber eher zu den kleineren Gewächsen zählte.
    Der Riese hatte mit dem Baumstamm zum Schlag ausgeholt, hielt aber inne, als er erkannte, dass er

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