Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin
Menge Geld mit seinem Talent verdiente, war ihm noch gar nicht bewusst und es schien ihn auch nicht zu interessieren, zumindest nicht so wie seine Umwelt. Für ihn selbst existierte nur die Musik.
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In den nächsten zwei Jahren kam Alexander viel herum. Studium und Reisen wechselten sich ab: Wien, Mailand, Paris, London. Und Gottlieb schien ihn überall hin zu begleiten. Alle Kompositionen trugen Mozarts Stempel. Gottlieb schien immer mehr von diesem Jungen Besitz zu ergreifen. Alexander tauchte vollends ein in Mozarts Welt. Er schwebte in Regionen, zu denen andere längst keinen Zutritt mehr hatten. Manchmal war er ein ganz normaler Junge, der lachte und plauderte und im nächsten Moment schien es, als würde er geistig weggetreten sein. Keiner konnte ihn dann erreichen. Er war ein stiller, bescheidener aber berühmter Junge, der von einer Seele aus der geistigen Welt voll in Besitz genommen wurde. Durch Alexanders Erfolg kam Mozart zu verspätetem Reichtum, der ihm zu Lebzeiten nie zuteil wurde.
“Er ist mir so fremd geworden”, erklärte Hannah, als sie mit Joey und Thomy zusammen saß.
“Ja”, meinte Joey, “er scheint wirklich nur noch für die Musik zu leben.”
“Manchmal ist es mir fast unheimlich. Er ist mit seinen acht Jahren kein Kind mehr”, seufzte Hannah, “und trotz seines Ruhmes ist er ein stiller, in sich versunkener Junge. Den Ruhm scheint er nur am Rande wahrzunehmen”.
Sie und Alexander wohnten zwar immer noch in Garching, aber mittlerweile nicht mehr in Joey’s Treff, sondern in einem Haus, Alexanders Haus, wo es genug Platz für einen Flügel gab. Alexander spielte indessen auch Violine und Querflöte. Garching schätzte sich natürlich als stolze Gemeinde, ein Genie zu seinen Bürgern zu zählen.
Doch Hannah arbeitete immer noch als Kellnerin bei ihren beiden Freunden. Sie war dreißig Jahre alt und dachte längst nicht mehr daran, ihr Studium fortzusetzen. Joey und Thomy waren ihr sehr ans Herz gewachsen und auch sie mochten Hannah. Mittlerweile spielte ein junger Pianist namens Andy an bestimmten Tagen im Restaurant, um sich sein Studium zu finanzieren. Musik war einfach Bestandteil des Restaurants und die Gäste waren es gewohnt und wollten die Veranstaltungen nicht mehr missen. Carsten der sein Studium abgeschlossen hatte, zog es nach Berlin.
Hannah schaute auf die Uhr. “Oh, ich muss gehen. Ich habe Alexander versprochen, ihn bei der Uni abzuholen. Er braucht wieder neue Konzertkleidung. Der Kerl wächst aus seinen Sachen heraus. So schnell kann ich gar nicht schauen.”
“Weißt du Mama, am liebsten wäre mir manchmal, wenn wir unser Haus in München gesucht hätten. Dann wären die Wege für uns beide viel kürzer”, sagte Alexander zum Empfang seiner Mutter. Sie küsste ihnauf die Wange und sagte: “Ich hänge schon sehr an Garching. Es würde mir schwer fallen, von dort wegzugehen. Na ja, wer weiß, vielleicht ist das nicht unser letztes Haus?”
Alexanders Outfit war schnell gekauft und schon saßen sie wieder in der U-Bahn zurück Richtung Garching.
“Lass uns noch mal zu Joey und Thomy gehen. Sie haben nach dir gefragt und würden dich gerne wieder mal sehen. Du warst schon zwei Wochen nicht mehr dort”, schlug Hannah vor.
“Wir könnten doch dort auch gleich etwas essen. Ich habe nämlich ziemlich Hunger”, verkündete Alexander, nachdem sich sein Magen sehr lautstark bemerkbar machte.
“Hey Alexander”, hörten sie eine kindliche Stimme hinter sich, als sie von der Busstation kommend zum Restaurant liefen. Sie drehten sich beide um und sahen Tatjana, die strahlend lächelte.
“Oh Tatjana”, sagte Alexander erfreut, “wie geht es dir?”
“Ganz gut. Ich komme jetzt in die dritte Klasse. Ich wollte, ich wäre schon so weit wie du und müsste nicht mehr zu Schule. Dann könnte ich dich auf deinen Konzertreisen begleiten”, antwortete sie, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, dass sie ihren Freund begleitete. Ja, sie bewunderte ihn. Leider war Alexanderin den letzten zwei Jahren sehr beschäftigt, so dass sie sich kaum noch sahen.
Alexander lächelte. Er mochte Tatjana wegen ihrer natürlichen Art.
“Das wär’ noch was, wenn du mich begleiten würdest. Dann könnten wir zusammen die Städte anschauen und …”, weiter kam er nicht, denn Tatjana meinte, “… und ich könnte bei deinen Konzerten dabei sein und ganz von der Nähe erleben.”
Sie liefen noch ein Stück zusammen bevor sich Tatjana von ihnen verabschiedete und
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