Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin
in eine andere Straße bog.
Alexander freute sich, seine beiden Väter wieder zu sehen. Sie umarmten und herzten sich.
“Hallo Alexander. Schön, dass du uns besuchst”, begrüßte ihn Thomy. “Wir können uns ja richtig ‘von’ schreiben, dass wir dich hier in unseren bescheidenen Hallen empfangen dürfen”, fügte er ironisch hinzu.
Alexander puffte ihn mit der Faust freundschaftlich an, als wollte er ihn zurechtweisen und meinte: “Nun mach mal nen Punkt, ja! Ich treffe hier den besten Koch der Welt und der tut so, als müsse er sich klein machen. Überhaupt, Koch oder nicht Koch, von meinen ‘Vätern’ höre ich so etwas nicht gerne. Sie machen mir damit ein schlechtes Gewissen.”
“Wieso ein schlechtes Gewissen?”, fragte Joey nach.
“Ha ja, es könnte ja wie ein Vorwurf klingen, dass ich euch so wenig besuche”, antwortete er als logische Folgerung.
“Unser Filius”, sagte Joey stolz und staunte wieder einmal über Alexanders Art zu sprechen, seine Logik. Er klingt so erwachsen. “Hast du Hunger?”, fragte er dann unvermittelt.
“Einen Bärenhunger”, antwortete Alexander. “Am liebsten hätte ich Seezunge gefüllt mit Lachs und Blattspinat an Sahnesoße.”
“Oh, keine schlechte Idee”, pflichtete Hannah bei, “das nehme ich auch.” Fisch in jeder Art scheint in der ganzen Familie ein bevorzugtes Essen zu sein.
Während des Essens war Alexander plötzlich wieder in Gedanken versunken. Hannah schaute ihn nur an und dachte bei sich, dass er wahrscheinlich wieder mit Gottlieb kommunizierte. Das war immer so, wenn er so still wurde. Diese Phasen kamen immer öfter vor und sie wusste, dass er jetzt eigentlich lieber über einem Notenblatt gesessen hätte, um zu komponieren. Sie ließ ihn in Ruhe und so saßen sie schweigsam und aßen.
Joey kam zu ihnen an den Tisch und wollte gerade fragen, wie das Essen schmeckte, doch hielt er inne. Alexander schien abwesend und war im Moment nicht der kleine Junge, der vor einer halben Stunde so unbeschwert ins Restaurant kam.
“Was hast du gesagt?”, fragte Alexander geistesabwesend, als hätte er dessen Gedanken gehört.
“Ich sagte nichts”, gab Joey zur Antwort.
“Ach so! Sag Thomy bitte, das Essen war herrlich, wie immer!”
“Das sage ich ihm gerne.”
Hannah wollte mit Joey noch kurz ihren Dienstplan besprechen und bat Alexander, so lange zu warten.
“Ich gehe noch auf die Toilette und warte dann draußen im Flur auf dich. Ich denke das dauert nicht so lange.”
Aus Gewohnheit, von der Zeit, als sie noch hier wohnten, kamen und gingen sie immer durch die Hintertüre ins Restaurant.
Alexander umarmte Joey noch zum Abschied und verschwand in den Flur. Es ging keine zehn Minuten, da kam Hannah ihm nach. Doch Alexander war nicht da.
“Alexander?”, rief sie. Keine Antwort. Sie rief noch in die Toiletten hinein, doch keine Antwort. ‘Er wird wohl schon vorgegangen sein’, dachte sie bei sich, obwohl das für ihn nicht üblich war. Doch bei diesem Jungen wusste man ja nie. Sie lief schnell, weil sie dachte, ihn unterwegs noch einzuholen. Doch Alexander war nirgends. Er war nicht zu Hause, er war auch nicht mehr bei Joey, wie er ihr sagte, als sie ihn anrief und nach Alexander fragte. Wo könnte er nur sein? Vielleicht war er so abwesend, dass er wie automatisch zur Bushaltestelle lief, um zur Uni zu fahren. Sie suchte, sie rief an,keine Spur von Alexander. Sie bekam es mit der Angst zu tun. Um acht rief sie bei der Polizei an.
“Wie lange ist ihr Sohn schon verschwunden?”, wurde sie gefragt.
“Etwa seit sechs Uhr.”
“Das ist noch nicht lange. Hat er Freunde, wo er hingegangen sein könnte?”, wurde sie weiter gefragt.
“Nein. Er ist noch nie weggelaufen. Das passt nicht zu ihm.”
“Wir werden eine groß angelegte Suche starten”, versuchte der Polizist Hannah zu beruhigen. Ihm war klar, dass es sich bei diesem Jungen nicht um ein normales Kind handelte. Ein Kind, das einfach weglief. Das passte nicht zu diesem Jungen. Aufgrund seiner Berühmtheit war ihm sehr wohl klar, dass man möglicherweise von einem Verbrechen ausgehen konnte. Aber so weit wollte er noch nicht denken und schon gar nicht wollte er eine solche Vermutung aussprechen. Die Mutter des Kindes war besorgt genug.
Spät in der Nacht kamen Joey und Thomy. “Nichts?”, fragten sie.
Hannah schüttelte verzweifelt den Kopf. Sie weinte und Joey nahm sie in die Arme.
“Hannah, meine Liebe”, versuchte er sie zu trösten, “alles wird sich
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