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Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin

Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin

Titel: Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Heinzelmann
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Er drehte sich einmal um sich selbst, warf jeweils einen Blick durch die offenen Türen in die Küche, das Schlafzimmer, das Arbeitszimmer und das Badezimmer und bemerkte anerkennend, “aber ich muss sagen, da hast du dir ein schönes eigenes Nest gebaut. Ich bin überzeugt, dass du dich hier genauso zu Hause fühlen wirst, wie bei uns. Doch wir alle hoffen schwer, dass du jetzt nicht ganz aus unserem Leben verschwinden wirst … also ich meine, dass du den Weg von München nach Garching nicht vergisst.”
    Alexander lächelte, klopfte Armin auf die Schulter und versprach, dass das niemals der Fall sein würde. Dazu hänge er viel zu sehr an seiner Familie und ebenso auch an Garching.
    Trotz Alexanders Zusicherung, fiel Hannah der Abschied schwer. Sie schalt sich innerlich für diese unbegründete selbstquälerische Gefühlsaufwallung, wusste sie doch, dass Alexander mit dem Umzug nicht aus der Welt war. Er ist ja nur nach München gezogen. Als er auf Tournee in der Sowjetunion war, hatte sie ihn doch auch für ein halbes Jahr nicht gesehen. Und da war er um riesige Distanzen weiter weg. Warum fiel es ihr da nicht schwerer? Warum schmerzte sie gerade dieser Abschied so sehr? War es, weil sie ihn zum Erwachsensein verabschiedete? Sie musste gehen, denn sie hielt es nicht mehr aus. Als sie draußen war, konnte sie nichtmehr an sich halten und fing an zu weinen. Armin tröstete sie.
    Zum zweiten Geburtstag von Ute schickte Alexander ein Kinderpiano mit eineinhalb Oktaven. Er konnte leider nicht selbst kommen, denn er war wieder einmal unterwegs. Zuerst hatte er in Prag ein Konzert, danach in Wien und danach flog er auf Einladung nach Hamburg, um einem Konzert als Zuhörer beizuwohnen. Eine Benefizveranstaltung in Berlin schloss diese Reiseserie ab. Alexander kam Ende April nach München zurück. Er war müde und fühlte sich total ausgepowert. Er trennte sich von seinen Begleitern, denn er wollte ein paar Schritte alleine gehen. Wie immer trug er eine Sonnenbrille und dazu eine Schildmütze. Um den Hals war ein beiger Kaschmirschal geschlungen. Seinen hellen Trenchcoat trug er offen. Darunter lugten ein schwarzer Pullover und eine schwarze Hose hervor.
    Auf dem Weg zu seiner Wohnung traf er zufällig auf Tatjana, die gerade auf dem Weg von der U-Bahn in die Stadt war. Sie schien Alexander in jeder Vermummung zu erkennen und sprach ihn an: “Hallo Alexander. Was für ein schöner Zufall, dass ich dich treffe.”
    “Hallo Tatjana”, antwortete Alexander nur kurz und zwang sich zu einem Lächeln. Tatjana begleitete ihn ein Stück weit und versuchte eine Unterhaltung in Gang zu bringen.
    “Kommst du gerade von einer Tournee zurück?” fragte sie ernsthaft interessiert an Alexanders beruflichen Aktivitäten.
    “Tournee ist zu viel gesagt. Es war nur eine kleine Konzertreise.” Seine Antworten fielen ziemlich karg aus. Tatjana wollte noch nicht aufgeben und erzählte ihm, dass sie jetzt mitten in den Vorbereitungen zum Abitur steckte und dass es recht gut lief. Und vor allem freue sie sich auf ihr Psychologiestudium. Doch Alexander war, als spräche sie durch einen dichten Schleier. Tatjana schien irgendwie weit weg zu sein. Alles fühlte sich irreal an. “Hallo, Alexander, was ist los? Geht es dir nicht gut?”, hörte er ihre besorgte Stimme nun etwas lauter.
    Alexander schien wie aus einem Trancezustand aufzuwachen und stammelte: “Ahm … wie … doch doch … es geht mir gut.” Er schaute sie verstört an, “Sorry Tatjana, ich … ja dann … ich wünsche dir viel Erfolg für die Prüfung. Bitte entschuldige mich. Ich bin müde, habe gerade eine anstrengende Zeit hinter mir.” Er ließ Tatjana stehen und eilte nach Hause. Sie sah ihm traurig nach, schüttelte den Kopf und dachte nur: Armer Alexander.’

19
    Alexander arbeitete ununterbrochen. Er war nicht mehr er selbst. Er und Mozart waren eins und es war als schotteten sie sich von der Welt ab. Hannah suchte vergebens den Kontakt zu Alexander. Doch sie hatte keinen Zugang mehr zu ihrem Sohn. Sie spürte, dass er sich immer mehr entfernte und sie ihn nicht mehr erreichen konnte. War es das, wovor sie Angst hatte, das, was sie vor einem Jahr so sehr bedrückte? Hatte sie eine Vorahnung? Hatte sie davor Angst, dass wenn ihr Sohn die Familie verließ, er für sie alle verloren war? Gehörte er nun voll und ganz Mozart. Allmählich fing sie an, diesen Gottlieb oder wie er sich auch immer nennen mochte, zu verfluchen. Laut sagte sie: “Er ist mein Sohn. Er

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