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Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin

Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin

Titel: Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Heinzelmann
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dieser, dass er mit seinem Bruder noch eine Rechnung offen hatte, die es zu begleichen galt. Der Täter, der als sehr gewalttätig beschrieben wird, hatte vor neun Jahren das achtjährige aus Garching stammende Musikgenie Alexander Villamonti in erpresserischer Absicht entführt. Er hatte damals seinen eher als schüchtern und zurückhaltenden 20jährigen Bruder zur Beteiligung an dieser Tat gezwungen. Die Entführung fand aufgrund der beherzten Intervention des Jüngeren ein gutes Ende
.
    Alexander blickte mit versteinertem Gesicht von seiner Zeitung auf. Vor seinem geistigen Auge erschien ihm das Bild vom Oktober letzten Jahres. Er sah das Gesicht des Opfers, wie es ihn erwartungsvoll anblickte und wie sie beide sich schließlich umarmten. Timos Satz klang noch in seinen Ohren nach, als wäre es erst gestern gewesen: ‘Dennoch, ich habe Angst vor ihm. Nächstes Jahr wird er entlassen.’
    Alexander war blass. Er empfand unendliche Traurigkeit und er fragte sich, ob man es vielleicht hätte verhindern können, wenn man die Angst von Timo ernster genommen hätte. Er fühlte sich schuldig.
    “Alexander, was ist los?”, fragte ihn Matthias, einer der Begleiter, der über dessen versteinertes Gesicht erschrak.
    Alexander reichte ihm schweigend die Zeitung.
    “Oh mein Gott”, sagte Matthias. Nun wurde auch der Fahrer des Wagens aufmerksam.
    Dieses Ereignis lastete schwer auf der kleinen Reisegruppe und drückte auf deren Stimmung. Erst als ihre Maschine in Moskau landete, wurden sie etwas abgelenkt und sie konnten sich auf die bevorstehenden Anlässe konzentrieren. Doch Alexander war es schwer ums Herz.
    *
    Gerade rechtzeitig zu Utes erstem Geburtstag kam Alexander wieder zurück. Von ihrem Sohn erfuhr Hannah keine Details über die Tournee. Er erzählte nichts. Doch Hannah ließ Alexander in Ruhe. Sie wollte nicht in ihn dringen. Wenn er erzählen wollte, dann tat er es. Wenn nicht, dann war es ihm nicht wichtig genug. Informiert wurde sie ja über die Medien allemal. Auch schwieg sie über den Mordfall vor einem halben Jahr. Sie kannte Alexander zu gut, um zu wissen, dass ihn diese Nachricht mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit sehr belastet hatte. Denn auch die denkwürdige Umarmung, vor eineinhalb Jahren, zwischen Alexander und dem früheren Entführer war Thema in den Medien, natürlich inklusiveFoto. Hannah wollte ihn mit dem Wiederaufwärmen des Themas nicht noch zusätzlich quälen.
    Erst später über die Medien, erfuhr sie dann, dass die Tournee ein riesiger Erfolg und Alexander der Liebling der sowjetischen Musikliebhaber war.
    Auf dem Boden saß der kleine braune Lockenkopf Ute und strahlte Alexander, der zur Türe hereinkam, mit ihren großen braunen Augen an. Er ging natürlich gleich zu ihr, nahm sie hoch, lächelte sie an und stellte verwundert fest: “Bist du groß geworden und zum Fressen süß.” Er tat, als wolle er ihr in den Bauch beißen und die Kleine kicherte laut heraus. Er herzte sie liebevoll.
    Das Jahr 2008 war ein richtiges Jubiläumsjahr mit wichtigen Geburtstagen. Zuerst feierte Ute ihren ersten Geburtstag, danach folgte Alexanders Volljährigkeit, danach zelebrierte Onkel Robert seinen sechzigsten und am Ende des Jahres wurde Hannah vierzig. Jedes Mal gab es ein großes Fest, sogar Alexander lehnte es nicht ab, dass man seinen achtzehnten Geburtstag gebührend feierte. Es war eine Feier, bei der auch einige Berufskollegen, mit denen er freundschaftlich verbunden war, zugegen waren, so zum Beispiel Sandra, Sopranistin des Akademischen Gesangsverein München, Yvonne, Pianistin der Jungen Münchner Philharmonie und Andreas, Dirigent des Philharmonischen Chors München.
    Schließlich durfte Tatjana, seine Freundin aus Kindertagen, natürlich nicht fehlen. Sie war zwar über die Einladung überrascht, denn seit der letzten denkwürdigen Feier anlässlich seines sechzehnten Geburtstags, hatte sie von Alexander nichts mehr gehört. Auch wenn es eine eher ausgelassene Feier war, schien ihr Alexanders Wesensart befremdlich, ja seltsam. Sie beobachtete ihn und irgendwie bedrückte es sie, denn ihr schien, als wäre ihr Freund depressiv veranlagt. Ihr, die nach dem Abitur Psychologie studieren wollte und sich schon heute viel mit diesem Fach beschäftigte, war dieses Phänomen nicht unbekannt.
    Zu Onkel Roberts Geburtstag stieß die Familie leider nur über Webcam an. Doch Onkel Robert, der sich nur mühsam mit der modernen Technik anfreunden konnte, fand sie, trotz der Freude über diese Art

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