Der Sohn der Kellnerin - Heinzelmann, E: Sohn der Kellnerin
Haare und braunen Augen. Das Dunkle der beiden Väter und Hannahs italienischer Vorfahren setzte sich bei beiden durch.
Hannah umarmte ihren Sohn und drückte ihn eine ganze Weile an sich, als wollte sie ihn nicht mehr loslassen. “Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag”, sagte sie. Sie hatte Tränen in den Augen und schniefte. Alexander hielt sie mit beiden Händen von sich weg, um sie anschauen zu können und fragte, “Mama, ist ein neunzehnter Geburtstag ein Grund zum Weinen?”
Sie lächelte, wischte sich mit dem Handrücken ihre Tränen weg und sagte: “Freudentränen. Es ist wohl die Wiedersehensfreude.”
“Na Mama, so lange ist es doch nicht her, dass du bei mir die Wohnung besichtigt hast.”
“Nein das nicht, aber ich habe seither vergeblich versucht, mit dir Kontakt aufzunehmen. Es war einfach unmöglich. Ich hatte dich zwar am Telefon, doch warst du gedanklich so abwesend, dass ein Gespräch nicht wirklich zustande kam.”
“Ich arbeite im Moment etwas viel. Da kann es schon mal vorkommen, dass ich gedanklich in meinen Kompositionen hänge und nicht ganz da bin”, versuchte Alexander sein Verhalten zu erklären, “aber nun bin ich da. Vergessen wir für einen Moment, dass ich mich inletzter Zeit etwas rar machte und genießen den Nachmittag, ja Mama?” Er strich ihr mit dem Zeigefinger über ihre Wange und lächelte, “mach ein fröhliches Gesicht. Ich kann dich nicht traurig sehen.” Hanna lächelte leicht gequält zurück, denn es war ihr beim Anblick ihres blass wirkenden Sohnes nicht um Lachen zumute.
Doch allmählich stellte sich eine entspannte Atmosphäre ein und somit wurde es dennoch ein schöner, gemütlicher Nachmittag, den sie zusammen verbrachten. Solche Momente hätte Hannah am liebsten festgehalten und nie mehr losgelassen. Ute nahm ihren Bruder immer wieder in Beschlag. Sie wollte unbedingt, dass er mit ihr Klavier spielte. Und zwar konnte sie nicht genug davon bekommen, wenn er die ‘Fröhliche Kinderweise’ spielte, die sie zu ihrer Geburt von ihm bekam und seither immer wieder anhörte. Sie saß dabei auf seinem Schoß und schien richtig zufrieden. Es war ein so schönes Bild.
Leider konnten Joey und Thomy nicht da sein, weil sie ihr Restaurant bewirtschaften mussten. Doch riefen sie an, um Alexander zum Geburtstag zu gratulieren.
Für Hannah ging dieser Tag viel zu schnell vorbei.
Es wurde ziemlich spät und sie schlug vor, dass Alexander diese Nacht da blieb und erst am nächsten Tag wieder nach München fuhr. Alexander willigte ein.
Am nächsten Tag kam Alexander bei Armin in der Apotheke vorbei. Armin führte ihn in den hinteren Teil der Apotheke und überreichte ihm ein Arzneimittel mit dem Benzodiazepin-Wirkstoff und schaute ihn beschwörend an, “das ist ein Hypnotikum, das geeignet ist, kurzfristige Schlafstörungen zu beheben. Damit ist aber die Ursache deiner Störungen nicht behoben”, und um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen sprach er mit erhobenem Zeigefinger “… und du gehst bitte zum Arzt, ja!”
“Ja natürlich”, wiederholte Alexander sein Versprechen. Die kommende Nacht schlief er seit langem wieder einmal so richtig gut. Er fühlte sich erstmals seit langer Zeit wieder erholt. Doch hielt der Erholungszustand nicht lange an, denn es war nicht der natürliche, entspannende Nachtschlaf eines Gesunden.
In der folgenden Woche ging Alexander zum Arzt, zwar ungern, doch hatte er es Armin versprochen, also nahm er diesen Gang auf sich. Die Diagnose passte ihm ganz und gar nicht. ‘Quatsch’, dachte er, ‘depressive Verstimmung. Ich arbeite einfach zu viel. Ich mag vielleicht im landläufigen Sinne verrückt sein, denn welcher normale Mensch hat einen unstofflichen Freund, der ihn antreibt, aber ich bin doch nicht depressiv.’ Laut sagte er, “ich leide einfach nur unter Schlafstörungen”.
“… die Ausdruck Ihrer depressiven Verstimmung sind”, bestand Dr. Bischoff auf seiner Diagnose. “Sie mögendie Schlaflosigkeit vielleicht darauf schieben, dass Sie zu viel arbeiten. Mag sein, dass sie zu viel arbeiten und sich keine Ruhe gönnen. Und ich würde Ihnen auch dringend anraten, einmal auszuspannen. Gönnen Sie sich einen Urlaub in den Bergen oder am Meer! Dennoch das Problem Depression wäre damit nicht behoben. Eine Auszeit wäre nur eine unterstützende Begleitmaßnahme, aber keine Heilung.”
“Gut”, gab Alexander nach, “Wenn meine Oper fertig gestellt ist, werde ich mir Urlaub gönnen.”
“Prima, das wäre ja
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