Der Sohn der Schatten
ist ein wunderbares Geschenk, Liadan. Ich habe nie so recht geglaubt, dass sie von uns gegangen war … ich denke, ich hätte es irgendwie gewusst.«
»Es tut mir Leid«, sagte Vater abrupt. »Du warst sehr offen, und das achte ich. Ich war vielleicht zu voreilig. Aber du hast uns großen Schmerz verursacht. Das hätte ich nicht von dir erwartet, Liadan.«
»Es tut mir ebenfalls Leid, Vater.« Ich wollte ihn umarmen, ich wollte sagen, dass alles in Ordnung war, aber irgendwie teilten mir seine Augen mit, es nicht zu tun. Noch nicht. »Ich musste zwei Leben schützen, und beide sind immer noch in Gefahr.«
»Ich kann mir kaum vorstellen, dass du dir einen solchen Mann aussuchst.«
»Fällt es dir wirklich so schwer, zu glauben, dass ich den Sohn deines Freundes John wählte?«
»John war kein Gesetzloser. John war kein bezahlter Mörder.«
»Du bist in der Aufzählung der Fehler des Bemalten Mannes offen gewesen. Aber er seinerseits beschreibt dich als den Grund dafür, weil du deiner Verantwortung in Harrowfield nicht nachgekommen bist. Das, sagt er, ist der Grund, wieso er kein angemessener Mann für deine Tochter ist.«
Vater hatte darauf keine Antwort.
»Roter.«
»Was ist, Jenny?«
»Das musst du als Nächstes tun. Du musst zurückkehren. Zurück nach Hause.«
Vater starrte sie an.
»Du meinst zurück nach Harrowfield?« Ich stellte die Frage, die er nicht stellen wollte.
Mutter nickte. Sie sah immer noch meinen Vater an, hielt ihn mit ihrem Blick fest.
»Das wird deine Aufgabe sein«, sagte Mutter. »Kehre zurück und finde heraus, was geschehen ist. Was aus Margery und ihrem Sohn wurde. Wie es geschehen konnte, dass Johns Sohn zu diesem … diesem … unglücklichen jungen Mann wurde.«
Vater stand auf und wandte uns allen den Rücken zu. »Du glaubst also, meine Zeit hier sei zu Ende? Dass sobald … dass wenn … dass danach hier in Sevenwaters kein Platz für einen Briten mehr sein wird? Das kann ich wohl verstehen. Ich nehme an, ich werde es irgendwann verstehen können.«
Finbar, der reglos und still gewesen war, bis auf die Stimme in meinem Geist, war nun rasch genug. Sofort war er an der Seite meiner Mutter. »Willst du Sorcha wirklich ausgerechnet in dieser Nacht noch zusätzlich verletzen?«, fragte er. »Sprich nicht übereilt und aus deinem eigenen Schmerz heraus. Sie gibt dir diesen Auftrag, um dafür zu sorgen, dass du dich nicht verlierst, wenn sie davongegangen ist.« Mein Onkel hatte eindeutig keine Angst vor offenen Worten. »Sie bittet dich um deiner Tochter willen zu gehen, und um deines Enkels willen. Finde die Wahrheit heraus und bringe sie zu ihnen nach Hause. Hier sind Wunden zu heilen, und einige davon sind deine eigenen.«
»Und …« Sorcha sprach sehr leise, und mein Vater war gezwungen, sich ihr wieder zuzuwenden, um sie zu hören. Ich hatte ihn noch nie zuvor so bedrückt gesehen, und es fiel mir schwer, die Tränen zurückzuhalten, denn meine Geschichte hatte einen Mann, der bereits zu tief litt, noch mehr verletzt. »Und … du solltest mit deinem Bruder sprechen. Du wirst Simon sagen müssen, dass ich tot bin. Er sollte es wissen. Roter …«
Er kniete sich wieder neben ihr Bett, und sie streckte die Hand aus und streichelte seine Wange. Er legte die eigene Hand über ihre und hielt sie dort.
»Versprich es mir«, flüsterte sie. »Versprich mir, dass du es tun wirst und sicher hierher zurückkehrst.«
Er nickte.
»Sag es.«
»Ich verspreche es.«
Sie seufzte. »Es ist spät. Liadan, du solltest längst schlafen. Ist Sean schon hier?«
»Ich weiß es nicht, Mutter, soll ich nachsehen?«
»Ja«, sagte sie. »Und nimm deinen Sohn mit. Er würde dich vermissen.« Sanft fuhr sie mit den Fingern über das kleine Ohr des Kindes, sein weiches Haar, und dann nahm ich Johnny, und ich sah in Sorchas Augen, dass sie wusste, dies war das letzte Mal, dass sie ihn berührte.
»Liadan. Hast du Sean davon erzählt?«
»Nein, Mutter. Aber er vermutet es, zumindest einen Teil davon. Er hat Liam oder Fionn oder Eamonn nichts davon erzählt. Nicht einmal Aisling.«
»Ich mag keine Geheimnisse. Ich mag keine Lügen«, sagte mein Vater ernst. »Wir hätten von Anfang an alles offen legen müssen. Aber es ist klar, dass diese Wahrheit einige Zeit noch verborgen bleiben muss. Was ist mit Conor? Weiß er davon?«
»Du wirst nur eine Antwort auf diese Frage erhalten, wenn du ihn selbst fragst«, meinte Finbar. »Und selbst dann wirst du vielleicht nicht herausfinden,
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