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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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auch. Ein langer Ritt für ein Mädchen.«
    »Ja. Es scheint, als wäre es ein ganzes Leben her, seit ich Sevenwaters verlassen habe. Wir sind dir viel schuldig. Wie hast du gewusst, wohin ihr kommen sollt, Schlange, und wann?«
    »Wir wussten, wo sie waren, er und Möwe. Wir haben diesen Ort bewacht, Sidhe Dubh, ununterbrochen, seit Eamonn schon einmal einen Freund verraten hat. Er hatte einen Verbündeten im Norden, den der Hauptmann kannte, einen Mann, der uns hin und wieder einen Gefallen getan hat, uns Zuflucht gewährte und sicheres Geleit gegeben hat, als es sonst niemand tun wollte. Dieser Bursche hatte ein festes Abkommen mit Eamonn über Land, oder er glaubte es zumindest. Er hat mit gutem Vieh damit bezahlt. Dann kamen eines Nachts die Männer in Grün zu seinem Außenposten und haben ihn niedergebrannt, während die Wachen noch drin waren. Was es noch schlimmer machte, war, dass einer von ihnen seine Familie dort hatte, Frau, kleine Töchter, die ihn besuchten. Sie sind alle verbrannt. Als der Hauptmann das gehört hat, sagte er, dass sich immer wieder zeigt, dass Söhne so werden, wie ihre Väter waren. Der alte Eamonn, der Vater von dem da, hat seine Verbündeten an die Briten verkauft.«
    »Ich weiß.«
    »Ja, das dachten wir schon. Jedenfalls hat Eamonns Nachbar uns zu Hilfe gerufen, und wir haben geholfen. Wir haben uns um seine Truppe auf eine Weise gekümmert, die ihm Angst machte. Der Hauptmann konnte nicht widerstehen, seinen eigenen Stil hinzuzufügen, mit der abgeschnittenen Hand und so. Sie gehörte einem Mann, der längst tot war. Wirkungsvoll, aber nicht hübsch. So macht es der Hauptmann eben.«
    »Aber«, sagte ich unwillkürlich, »all die Geschichten, die sie von euch erzählen, vom Hauptmann und von euch allen … sie schreiben euch Grausamkeiten zu, die genauso schlimm sind wie das Niederbrennen dieses Wachtpostens. Wie könnt ihr Eamonn verurteilen, wenn ihr dasselbe tut?«
    Schlange runzelte die Stirn. »Wir töten keine Frauen und Kinder«, sagte er schließlich. »Wir machen keine Fehler und verbrennen die Unschuldigen zusammen mit dem Feind. Außerdem kannst du diese Geschichten nicht glauben. Wenn wir für alles verantwortlich wären, was sie uns anhängen wollen, müssten wir an fünfzig Stellen gleichzeitig sein. Frag Ratte einmal, was er von Eamonn Dubh hält. Es waren seine Mutter und seine kleinen Schwestern, die in dem Feuer gestorben sind.«
    Ich schaute hinüber zu der Stelle, wo das Feuer nun eine lang gezogene Rauchwolke in die morgendliche Luft entsandte. Ratte saß da und hatte Johnny auf den Knien, beschäftigt mit einem Spiel, das meinen Sohn aufgeregt auf und ab hüpfen ließ. Die helle Haut des Kindes hatte zornige rosa Schwellungen, wo die Marschinsekten ihn angegriffen hatten; Rattes Tricks lenkten ihn davon ab, diese Stellen zu kratzen und alles noch schlimmer zu machen. Ich konnte erkennen, woher dieser junge Mann seinen Namen hatte. Seine Augen standen dicht beieinander über einer langen, spitzen Nase, und die Zähne in seinem breiten, lächelnden Mund waren unregelmäßig.
    »Ratte ist ein guter Junge«, sagte Schlange. »So dumm er auch aussehen mag, er lernt rasch. Jetzt geh zum Hauptmann und überlass uns den kleinen Johnny für eine Weile. Wir rufen dich, wenn das Frühstück fertig ist.«
    »Ihr habt die Frage nicht beantwortet. Wie wusstet ihr, dass ihr kommen solltet?«
    »Wir haben eine Botschaft erhalten. Ein rothaariger Bursche, sah ziemlich seltsam aus. Wir waren bereits in der Nähe, weil wir wussten, dass sie da drin waren, aber wir hatten keine Ahnung, wie wir sie rauskriegen sollten, da Eamonn seine Verteidigung verstärkt hat. Der Bursche sagte uns, wir sollten am Weg warten und uns verstecken, bis er uns ein Zeichen gibt. Und nicht lange danach wart ihr da. Wie durch Zauberei.«
    »In der Tat«, stimmte ich zu, und dann zwang ich meinen müden Körper, sich zu bewegen, und ging zur anderen Seite des Hügels, wo die glatten Felsen den stillen Teich einrahmten und die Stehenden Steine, verziert mit Zeichen, die so alt waren, dass selbst ein Druide ihre Bedeutung nicht verstand, stumm Wache über die tiefsten Geheimnisse der Erde standen. Und als ich an ihnen vorbeikam, glaubte ich, eine Stimme sagen zu hören: Gut gemacht. Das hier war kein Ort der Túatha De mit ihren Göttern und Göttinnen, ihrer blendenden Schönheit und erschreckenden Macht. Es war ein viel älterer, dunklerer Ort, ein Ort der Alten, die meine Ahnen gewesen waren, wenn

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