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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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ist«, sagte ich und erinnerte mich an die Miene des jungen Druiden im Schatten des Flurs und an den Schmerz in seiner Stimme.
    »Er sagte, er würde mich ewig lieben.« Die Stimme meiner Schwester war angespannt und kalt. »Alle Männer sind Lügner. Ich habe ihm gesagt, dass ich nur ihm gehören würde. Er hat ein solches Versprechen nicht verdient. Ich hoffe, er leidet, wenn er erfährt, dass ich einen anderen geheiratet habe und weit vom Wald weggegangen bin. Vielleicht wird er dann wissen, wie es sich anfühlt, verraten zu werden.«
    »Oh Niamh«, sagte ich, »er liebt dich wirklich, da bin ich sicher. Zweifellos hatte er seine Gründe dafür, von hier wegzugehen. An dieser Geschichte ist mehr, als wir wissen; es gibt Geheimnisse, die man uns nicht verraten hat. Du solltest Ciarán nicht für das hassen, was er getan hat.«
    Aber sie hatte das Gesicht der Wand zugewandt, und ich konnte nicht sagen, ob sie mich gehört hatte oder nicht.
    ***
    Fionn war, wie mein Onkel schon gesagt hatte, ein Mann in mittleren Jahren, entschlossen und höflich und begleitet von einem Gefolge, wie man es von einem Mann in seiner Position erwarten würde. Er folgte meiner Schwester mit Blicken und versuchte erst gar nicht, die Begierde darin zu verbergen. Aber seine Worte waren kalt. Ich mochte ihn nicht. Was der Rest meiner Familie dachte, wusste keiner, denn wir gaben eine überzeugende Vorstellung einer fröhlichen Feier, und es fehlte am Hochzeitstag nicht an Musik und Blumen und Festessen. Die Uí Néills waren ein christlicher Haushalt, und es war ein christlicher Priester, der die Worte sprach und die Gelübde des Paares hörte. Aisling war anwesend, und mit ihr war auch Eamonn gekommen. Ich war erleichtert, dass es keine Möglichkeit gab, allein mit ihm zu sprechen. Er hätte in meinen Augen gesehen, wie unglücklich ich war, und verlangt, den Grund zu wissen. Conor war nicht da, und auch keine anderen von seiner Brüderschaft. Unter all der Fröhlichkeit lag eine eisige Falschheit, und es gab absolut nichts, was ich dagegen tun konnte. Dann ritten wir nach Nordwesten, Niamh und ihr Mann und die Männer aus Tirconnell und die sechs Bewaffneten aus unserem eigenen Haushalt mit mir in der Mitte, und ich fühlte mich ein wenig lächerlich.
    Das Dorf Littlefolds liegt am Fuße eines Hügels in dicht bewaldetem Hügelland. Es liegt westlich von Eamonns Ländereien und nordwestlich seiner Grenze mit Seamus Rotbart. Unsere Reise hatte uns bis dahin durch vertrautes und freundliches Gelände geführt. Nun war es Zeit, mich von meiner Schwester zu verabschieden und mich auf den Heimweg zu machen. Es war der dritte Tag. Wir hatten auf dem Weg ein Lager aufgeschlagen und waren dafür gut ausgerüstet gewesen. Niamh und ich und die Zofe, die sie begleitete, hatten ein Zelt geteilt, während die Männer sich um sich selbst kümmerten. Ich nahm an, dass Fionn warten würde, bis sie Tirconnell erreichten, bevor er die Ehe vollzog. Um meiner Schwester willen hoffte ich, dass er warten würde.
    Wir verabschiedeten uns. Es gab keine Zeit für Vertraulichkeit. Fionn wollte sich rasch auf den Weg machen. Ich umarmte Niamh und sah ihr in die Augen, und ihr Blick war leer, ihre Augen wie die einer in Stein gemeißelten Statue.
    »Ich werde dich besuchen kommen«, flüsterte ich. »Sobald ich kann. Sei stark, Niamh. Ich halte dich in meinem Herzen.«
    »Lebe wohl, Liadan«, sagte sie mit angespannter Stimme, drehte sich so, dass Fionn ihr aufs Pferd helfen konnte, und ritt ohne ein weiteres Wort davon. Ich weinte nicht. Meine Tränen würden niemandem helfen.
    Nachdem die Männer aus Tirconnell verschwunden waren, wurde die Atmosphäre ein wenig ruhiger. Meine sechs Bewaffneten hatten genau das getan, was Liam ihnen gesagt hatte: mich, wenn wir unterwegs waren, grimmig umgeben, so dass ich vor jedem möglichen Angriff geschützt war, und sie hatten auch zu anderen Zeiten Wache gehalten. Als sie nun die Pferde und das Gepäck für die Rückkehr nach Sevenwaters vorbereiteten, machte einer einen Scherz und die anderen lachten, und einer fragte mich freundlich, ob alles in Ordnung sei und ob es mir passen würde, bald aufzubrechen. War ich müde? Konnte ich vielleicht einen halben Tag reiten, bevor wir wieder Rast einlegten? Ich sagte Ja, denn ich wünschte mir nichts sehnlicher, als wieder nach Hause zurückzukehren und damit zu beginnen, die Wunden dieser schmerzlichen Zeit zu heilen. Also saß ich auf einem Stein und sah zu, wie sie sich für den

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