Der Sohn des Apothekers (German Edition)
durchschlagen, die Arme, mit all den Problemen, die ihr die
Kinder machen. Ihr Mann ist gestorben, saß im Rollstuhl und wollte über die
Straße. Der Laster hat ihn einfach umgefahren. Wird immer rücksichtsloser,
unsere Welt.«
»Ist das Ihr Laden?«, fragte Trevisan, um vom Thema abzulenken
und endlich wieder zur Sache zu kommen.
»Die Rosi hatte wirklich
Pech, zuerst verliert der Johannes beide Beine im Betrieb und dann, kaum zwei
Jahre später, wird er vom Laster überrollt. Und was zahlen die Versicherungen?
Einen feuchten Kehricht, sage ich Ihnen. Eigenverschulden, sagen sie. Wenn man
zahlt, ist man gut genug, aber wenn man Hilfe braucht, dann steht man alleine
da. Na ja, bei der Rosi geht es Ihnen sicher gut. Genießen Sie die Tage, hier
ist eine sehr schöne Gegend rund um den See. Ich würde auch am liebsten mal für
ein paar Tage ausspannen, aber wer kümmert sich dann um das Geschäft? Die
Jugend interessiert das nicht mehr, die wollen fort, in die Stadt, was erleben,
verstehen Sie.«
Trevisan nickte ungeduldig. »Das ist also Ihr Laden«, stellte
er noch einmal fest.
»Ja, ich bin der Besitzer.«
»Draußen steht Elektro-Staufert , aber Sie verkaufen hier
allerlei andere Dinge.« Trevisan ließ seinen Blick über die Regale schweifen.
»Ja, wissen Sie, das mit den Elektroartikeln geht nicht mehr so
wie früher«, erklärte Staufert. »Mittlerweile gibt es überall große Märkte und
mit den Preisen kann kein Einzelhändler konkurrieren, deswegen habe ich meine
Palette erweitert. Schließlich muss man ja irgendwie überleben.«
»Und die Mädchen verschwanden hier am See«, lenkte Trevisan das
Gespräch wieder auf das Thema.
»Nein, hinter dem Dorf im Wald am Bannsee, das ist ein kleiner,
meist ausgetrockneter Tümpel. Da habe ich auch das Auto gesehen. Leider habe
ich mir das Kennzeichen nicht gemerkt, aber es war dänisch, da kenne ich mich
aus.«
Trevisan zeigte auf die Batterien.
»Vier Euro«, sagte der Ladenbesitzer.
Trevisan zahlte und verabschiedete sich. Nachdem er den Laden
verlassen hatte, schaute er auf seine Armbanduhr. Es war kurz vor Mittag, er
ging am Klosterkrug vorbei und zögerte einen Augenblick. Auf dem Schild
vor dem Gasthaus wurden Rouladen als Tagesessen angeboten. Das Frühstück lag
schon einige Zeit zurück und sein Magen meldete sich mit einem Grummeln.
*
»… alles stand in Flammen und der Kerl stand mit erhobenem
Schwert direkt vor Trevisan und seiner Tochter«, erzählte Kristina Holt. »Ich
habe einfach nur abgedrückt.«
»Dann haben Sie ihm und seiner Tochter das Leben gerettet«,
stellte Hanna fest.
»Ja, so war das wohl.« Kristina lenkte den Saab in den kleinen
Feldweg und schaltete in den zweiten Gang.
»Und hier in dieser Einsamkeit wohnen tatsächlich noch
Menschen?«, bemerkte Lisa, als die dänische Kommissarin den Wagen über die
holperige und staubige Piste zum Waldrand lenkte.
»Diese Häuser am Waldrand sind sehr begehrt«, erklärte sie. »Es
gibt viele, die in der Stadt arbeiten und auf dem Land wohnen. Die Fahrten
nehmen sie in Kauf. Manche haben auch ein kleines Zimmer in der Stadt oder eben
ein Wohnmobil, so wie Berglund.«
»Ich bin gespannt, was uns erwartet«, sagte Hanna.
Kristinas uniformierter Kollege, der auf dem Beifahrersitz saß
und für die Gegend hier zuständig war, räusperte sich. »Berglund wohnt hier mit
seiner Frau und drei Hunden. Es ist nett und freundlich. Seit ich ihn kenne,
fährt er schon seine Busse. Er arbeitet in Esbjerg für die Stromgesellschaft
und ist Ingenieur. Seine Frau leitet den Kinderhort im Dorf.«
»Ein ganz normaler Staatsbürger«, bemerkte Kristina Holt. »Er
hat nichts auf dem Kerbholz, zahlt pünktlich seine Steuern und zu den Rockern
gibt es unseren Ermittlungen nach keine Verbindung.«
»Er hat letztes Jahr einen neuen Bus gekauft, weil der alte
einen Motorschaden hatte«, fügte Malt, der uniformierte Polizist, hinzu. »War
ja auch schon ein paar Jahre alt.«
Als sie die Steigung hinter sich gebracht hatten und sich dem
Waldrand näherten, tauchten mehrere Gebäude vor ihnen auf. Das geräumige
Haupthaus war hell getüncht, die roten Fensterläden bildeten einen reizvollen
Kontrast. Zwischen den Nebengebäuden stand ein roter Campingbus, daneben ein
dunkler Kleinwagen.
Lisa staunte. »Ich habe eigentlich eher so etwas wie eine Hütte
erwartet, aber das ist ja ein richtig schnuckeliges Haus.«
»Er ist zu Hause.« Malt wies auf die offene Tür am Schuppen.
Eine Dogge lag vor dem Haus
Weitere Kostenlose Bücher