Der Sohn des Apothekers (German Edition)
kleiner Koffer, der Unterwäsche,
eine Hose und zwei Hemden enthielt. In einem Plastikbeutel neben dem Koffer
lagen verschmutzte Kleidung und Unterwäsche. Klein ging hinüber zum
Schreibtisch. Ein Kabel schlängelte sich über den Boden. Er griff danach und
zog einen kleinen schwarzen Kasten unter dem Schreibtisch hervor.
»Was ist denn das?«, fragte Magda Töngens.
Klein zuckte mit der Schulter. »Ich glaube, das gehört zu einem
Laptop.«
»Du siehst selbst, er war nicht hier, hat aber seine Sachen
dagelassen. Der wird schon noch kommen.«
»Na ja, vielleicht ist er ja wirklich nach Dänemark gefahren«,
murmelte der Oberkommissar.
Frau Töngens fasste sich an die Stirn. »Ja, klar, du hast
recht. Bevor er verschwunden ist, war er bei Peter im Laden und hat nach dem
Bus aus Dänemark gefragt, den der damals gesehen hat. Mich hat er auch gefragt.
Ich glaube, er hat irgendetwas von Dänemark gefaselt.«
Oberkommissar Klein grinste. »Siehst du, es klärt sich doch
alles auf. Was gibt es heute?«
»Du weißt doch, Königsberger Klöspe, Kartoffeln und Gemüse.«
»Ich komme kurz nach zwölf«, antwortete der Polizist und ging
die Treppe hinunter. »Jetzt gebe ich erst mal in Hannover Bescheid.«
17
Als Trevisan gegen zehn Uhr auf der Dienststelle ankam, saßen
Hanna und Lisa bereits im Konferenzzimmer und sondierten die Hinweise, die nach
der erneuten Presseveröffentlichung über den polizeilichen Meldeweg die Dienststelle
erreicht hatten. Sie unterrichteten Trevisan bis ins Detail über ihre
Dänemark-Erkenntnisse und übermittelten herzliche Grüße von Kristina Holt.
Anschließend widmeten sie sich wieder ihrer Arbeit.
Trevisan nahm am großen Tisch Platz und beobachtete seine
beiden Mitarbeiterinnen. Einige der Hinweise waren anonym eingegangen, andere
widersprachen jeglicher Logik. So hatte zum Beispiel eine Frau aus Steinhude
mitgeteilt, dass sie in ihrem Sommerurlaub auf Mallorca im Robinsonclub eine
Animateurin getroffen habe, die der verschollenen Tanja Sommerlath bis in die
Haarspitzen glich. Ein anderer Zeuge, anonym, glaubte bei einem Besuch in einem
Bordell in Hamburg auf die verschwundene Melanie getroffen zu sein. Wieder eine
andere Hinweisgeberin – welcher Sorte, war augenfällig – meinte am Tag der Tat
ein seltsames Licht über dem Ort gesehen zu haben. Sie habe sich am See aufgehalten,
als eine leuchtende Scheibe plötzlich steil in den Himmel aufgestiegen und in
den Wolken verschwunden sei. Und eine Frau aus Minden stellte sich als Medium
zur Verfügung. Sie sei mit übersinnlichen Fähigkeiten ausgestattet und würde
eine Seance abhalten, wenn man ihr persönliche Gegenstände der verschwunden Mädchen
zukommen ließe.
»Was machen wir jetzt mit all dem Mist?«, fragte Lisa und warf
den Telex-Ausdruck achtlos auf den Tisch.
Trevisan ging zu einem Rollschrank, in dem verschiedenfarbige
Ablagekörbe standen. Er nahm fünf heraus und stellte sie auf den Tisch. »Jemand
muss die Meldungen sortieren. Was sachdienlich klingt, in den schwarzen Korb;
rot wird alles, was plausibel klingt, aber noch weiterer Überprüfung bedarf. In
den grünen Korb legen wir alle Untersuchungsaufträge für andere Dienststellen.
Gelb ist für die fraglichen Hinweise und weiß wird der Ausschuss, also das, was
wir von vornherein ausschließen können.«
»Und an wen hast du beim Überprüfen der Meldungen gedacht?«,
fragte Hanna.
»An Lisa und dich, man braucht polizeiliche Erfahrung dabei«,
antwortete Trevisan. »Außerdem ist das im Augenblick alles, was wir tun können,
nachdem wir den dänischen Bus von der Liste streichen müssen.«
Hanna verzog ihr Gesicht. Mürrisch sagte sie: »Und was machst
du, während wir hier … sortieren?«
»Wir sind ein Team«, antwortete Trevisan. »Gute Ermittlungsarbeit
funktioniert nur im Team. Und schließlich haben wir ja schon ein paar
Fortschritte gemacht.«
»Ich habe aber das Gefühl, dass wir keinen Schritt vorwärts
kommen«, wandte Lisa ein. »Im Gegenteil, wir drehen uns eher im Kreis.«
Trevisan trat vor die Tafel mit den Tatortaufnahmen und den
wichtigsten Notizen. Nachdenklich betrachtete er die Bilder. Ein neues Foto
zeigte Tanja Sommerlath in ihrem Krankenbett in Flensburg, mit all den Kabeln
und Schläuchen, die zu den zahlreichen Apparaturen führten. »Irgendetwas stimmt
hier nicht«, murmelte er und zeigte auf das neue Bild. »Das Mädchen in
Flensburg ergibt überhaupt keinen Sinn. Wir müssen da was übersehen haben.«
Hanna schaute auf.
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