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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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ebensoviel Land und ebenso viele Untertanen zu erobern wie vor ihm Cortés, sein Kommandant, gewonnen hatte. Obwohl das Wort Michihuacan nichts anderes bedeutet als ›Land der Fischer‹, stellte Guzmán wie die Mexica vor ihm bald fest, daß es ebensogut ›Land der kühnen Krieger‹ hätte heißen können.
    Es kostete Guzmán das Leben mehrerer tausend Soldaten, um auf den grünen Feldern und sanften Hügeln dieses Landstrichs langsam vorzurücken. Von den Purémpecha fielen etliche tausend, doch es blieben immer noch Krieger übrig, die unverdrossen weiterkämpften. Guzmán brauchte beinahe fünfzehn Jahre, um sich mit Pulver, Stahl und Feuer einen Weg zur Nordgrenze von Michihuacan, hinter der das Land Kuanáhuata liegt, zu bahnen, und an die westliche Grenze, an die Küste des Westmeeres vorzustoßen. Ich habe an einer früheren Stelle davon gesprochen, daß meine Mutter, mein Onkel und ich auf unserem Weg zur Stadt Mexico in Michihuácan viele Male vorsichtig Gebiete umgehen mußten, in denen immer noch blutige Kämpfe stattfanden. Als Krieger muß ich einräumen, daß sich Guzmán in Anbetracht dessen, was er an Jahren und Menschenleben bezahlen mußte, einen Anspruch auf das eroberte Land erworben hatte und damit das Recht, ihm einen Namen seiner Wahl zu geben – Nuevo Galicia, Neugalicien, zu Ehren seiner Heimatprovinz im alten Spanien. Doch er ließ sich zu unverzeihlichen Dingen hinreißen. Er trieb die wenigen Krieger der Purémpe, die er gefangengenommen hatte, sowie alle anderen Männer und Knaben Neugaliciens, die irgendwann beschließen konnten, Krieger zu werden, zusammen und verschiffte sie als Sklaven über das Ostmeer zur Insel Kuba und einer anderen in dieser Gegend liegenden Insel mit dem Namen Española. So konnte Guzmán sicher sein, daß diese Männer und Jungen, die weder die Sprache der dort eingeborenen Sklaven noch die Sprache der Morosklaven beherrschten, die fremden Inseln nicht zur Rebellion gegen ihre spanischen Herren aufwiegeln würden. Aus diesem Grund bestand damals, als ich mich in Michihuácan aufhielt, die Bevölkerung ausschließlich aus jungen und alten Frauen, alten Männern und Knaben, die kaum der Kindheit entwachsen waren. Ich war der erste erwachsene, aber nicht alte Mann, der seit längerer Zeit dort auftauchte und daher eine willkommene Seltenheit. Auf meinem Weg durch das ehemalige Land der Mexica hatte ich in den Dörfern, durch die ich kam, um Essen und Unterkunft bitten müssen. Die Mexica gewährten mir diese Gastfreundschaft bereitwillig, doch ich mußte danach fragen. In Michiuácan wurde ich regelrecht mit gastfreundlichen Angeboten bestürmt. Immer wieder hörte ich die einladenden Worte: »Du kannst bleiben, so lange es dir gefällt, Fremder.« Kam ich an Gehöften nahe der Straße vorüber, liefen die Frauen – denn Männer gab es keine – aus den Häusern, hielten mich am Mantel fest und forderten mich zum Bleiben auf.
    Wenn ich für sie etwas Ungewöhnliches war, so waren die Purémpecha das für mich genauso, obwohl ich mir diese Menschen eigentlich nicht anders vorgestellt hatte. Ich hatte nämlich in der Stadt Mexico in der Mesón de San José und auf dem Marktplatz eine Reihe älterer Purémpecha kennengelernt, Händler, Boten oder einfach Herumtreiber. Die Köpfe dieser Männer waren so kahl gewesen wie Huaxolómi-Eier. Sie erklärten, so seien in ihrer Heimat die Köpfe aller Männer, Frauen und Kinder. Den Purémpecha galt glatte, glänzende Haut als die Krönung der menschlichen Schönheit. Trotzdem hatte der Anblick der bis auf die Wimpern völlig unbehaarten Köpfe keinen großen Eindruck auf mich gemacht. Die Männer auf dem Markt in der Stadt Mexico waren schon so alt gewesen, daß ihre Kahlheit nicht weiter erstaunlich schien. Doch es war etwas ganz anderes, in Michihuácan zu sehen, daß ausnahmslos jeder, ob Säugling, Kind, ob erwachsene Frau oder Großmutter, unbehaart war.
    Die meisten Menschen der EINEN WELT, auch ich, waren stolz auf ihr Haar und trugen es lang. Wir Männer ließen es bis zu den Schultern wachsen, und es fiel uns bis dicht über die Augen in die Stirn. Den Frauen reichten die Haare manchmal bis zu den Hüften oder noch tiefer. Doch die Spanier hielten ihre Barte und Schnurrbärte für die einzig wahren Symbole der Männlichkeit und fanden, unsere Männer wirkten weibisch und unsere Frauen liederlich. Sie prägten sogar ein abfälliges Wort für unsere Haartracht: Balcarotta, etwa ›Heuhaufen‹. Da sie uns

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