Der Sohn des Bannsängers
dann kümmere ich mich schon um meinen«, grollte das Nashorn.
Buncan spähte angestrengt in die Öffnung, konnte jedoch nichts erkennen. Das Höhleninnere war in Dunkelheit gehüllt. Er fühlte sich ermutigt, weil die Öffnung nicht sehr groß war, denn es war unwahrscheinlich, daß der Bewohner größer sein würde als der Ausgang.
Nach einem fragenden Blick zu Gugelund, der nur hilflos die Achseln zucken konnte, wandte er sich wieder der schwarzen Öffnung zu und rief: »Hallo, ist da jemand? Wir sind Reisende aus einem fernen Land. Wir sind von weither gekommen, um heraus zu finden, ob es so etwas wie das Große Wahre wirklich gibt, und man hat uns gesagt, du würdest es bewachen.«
Die Antwort war tiefes Schweigen. Nach einer Weile versuchte Buncan es erneut.
»Hör mal, wir möchten im Moment bloß einen Blick drauf werfen, um zu sehen, ob es das verdammte Ding wirklich gibt.« Diesmal ein Echo des Schweigens.
Squill hatte Mut gefaßt und marschierte geradewegs auf den Eingang zu. »Also, ich 'ab ja immer schon gesagt, daß es so 'n Ding nich gibt. Das is alles Quatsch, genau wie der verdammte Wächter.«
»Ich bin kein Quatsch«, antwortete eine Stimme aus dem Höhleninneren. Eine sehr tiefe Stimme. Eindeutig die Stimme eines Fleischfressers, so sonor und volltönend, daß sie den Otter zu einem überstürzten Rückzug veranlaßte.
»Das läuft ja ganz prima«, murmelte seine Schwester, die sich mit ihm an Snaugenhutts Flanke preßte.
Buncan war ebenfalls zurück gewichen, jedoch nicht so weit. Er machte Anstalten, das Schwert zu ziehen, dann schwang er statt dessen die Duar vor die Brust. »Wir wollen bloß mal einen Blick drauf werfen. Wir kommen von weit her und haben zu viel Mühsal erduldet, um jetzt unverrichteter Dinge wieder fortzugehen. Gib uns wenigstens einen Beweis für die Existenz des Großen Wahren.« Und vielleicht eine Erklärung, was das eigentlich ist, fügte er im stillen hinzu.
»Verschwindet!« Die Stimme des Wächters war ein halbes Knurren, ein halbes Bellen und drückte vor allem eine Drohung aus. »Ich habe heute wirklich üble Laune. Reizt mich nur, dann komme ich raus.«
»Das is 'n Bluff.« Buncan blickte sich heftig nach Neena um.
»Mein Leben lang 'öre ich jetzt schon diese schrecklichen Geschichten über › Wächtern Über Monster, die angeblich Ge'eimnisse und Schätze 'üten, wa? Wenn's sich dabei nich um pures Geschwätz 'andelt, dann sind sie immer übertrieben. Was meint ihr wohl, warum sich der 'ier nich zeigt? Weil nich viel da'intersteckt, das is alles. Die vertrauen alle auf ihren Ruf, tun sie.«
»Ich weiß nicht.« Buncan drehte sich wieder zur Höhle um.
»Bloß mal einen Blick drauf werfen, mehr wollen wir nicht!«
»Beim Blut meiner Leber, ihr wollt es stehlen!« lautete die sonore Antwort. »Offen gesagt, hätte ich gar nichts dagegen. Ich bin meiner Aufgabe überdrüssig, und doch bin ich wie all meine Vorgänger dazu verpflichtet, sie nach bestem Vermögen zu erfüllen. Also versaut mir den Tag nicht noch mehr, in Ordnung? Verschwindet einfach.«
Für jemanden, dessen Aufgabe es war, über den Quell Allen Wissens und den Ursprung Grenzenloser Macht zu wachen, klang der Wächter eigentlich ganz vernünftig, fand Buncan. Er hatte ihrer Bitte zwar nicht nachgegeben, weigerte sich aber auch nicht, mit ihnen zu sprechen.
»Tut mir leid, aber aus den bereits erwähnten Gründen können wir das nicht tun.«
»Kannst du uns das Wahre beschreiben, ohne heraus zu kommen?« erkundigte sich Gugelund.
»Ja, gib uns 'n 'inweis«, bellte Squill. »Is es 'n Tier, 'ne Pflanze oder 'n Mineral?« Er zwinkerte seiner Schwester zu.
Ein markerschütterndes Gebrüll, das noch verstärkt wurde vom natürlichen Echo der Höhle, ließ den Boden wie bei einem Erdbeben erzittern. An der Felswand fielen kleine Steine herab.
»SO SEI ES DENN. SAGT NICHT, ICH HÄTTE EUCH NICHT GEWARNT.«
Während Buncan rückwärts stolperte, ruckten flammende grüne Augen, die zu etwas Riesigem und Lohfarbenem gehörten, auf ihn zu.
XXV
Es ist nicht so groß wie der Bullterrier-Stier, dachte er, als er sich nach links warf. Das Wesen war nicht so erschreckend wie eine Erscheinung der schwarzen Kunst, schien aber durchaus in der Lage, jeden einzelnen von ihnen nieder zu metzeln, ohne auch nur einmal Luft zu holen, den gewaltigen Snaugenhutt eingeschlossen.
Sein ungestümer Satz trug den Wächter am beiseite springenden Buncan vorbei. Steine und Staub spritzten unter seinen
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