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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Elfen führten gemeinsam mit Steuerprüferin Suvaskorpi einen Tanz auf.
    Psychiater Onni Osmola aß und trank mit außerordentlichem Appetit und war bald betrunken. Er fragte Notar Mälkynen, ob dieser tatsächlich an Ukko Obergott glaubte. Rutja hörte die Frage und beschloß, für den Psychiater ein kleines Wunder zu vollbringen, um ihm seine Skepsis auszutreiben.
    Rutja zog den Psychiater von der Bank und begann mit ihm einen wilden Tanz, er sprang mit ihm derart um den Opferofen herum, daß Osmolas Kleider flatterten. Dann hob ihn Rutja auf den Ofen, auf die heiße Kohle, und befahl dem Kugelblitz, sich einen Moment lang um den Mann zu tummeln. Osmolas Gesäß fing an zu qualmen, die Hosen brannten, aber er verspürte nicht den geringsten Schmerz, obwohl er auf glühenden Kohlen saß. Ein wahres Wunder! Noch verblüffter war Osmola, als er wieder auf seiner Bank saß und feststellen mußte, kein bißchen nervös gewesen zu sein. Er fühlte sich stark und stabil, er hatte keine Angst mehr vor Geisteskrankheiten, alles kam ihm nun überraschend klar vor. Onni Osmola schmetterte mit hoher Stimme eine Lobpreisung Ukko Obergotts und behauptete, niemals an Rutja Ronkainen gezweifelt zu haben, sondern ihn für einen wahren Gott zu halten, für den Sohn des Donnergottes.
    Wieder tanzten Helinä Suvaskorpi und die Elfen. Onni Osmola sah dem Tanz mit weit aufgerissenen Augen zu. Auch Notar Mälkynen war derart vom Körper der Steuerprüferin hingerissen, daß es ihm Schwierigkeiten bereitete, sitzen zu bleiben.
    In diesem Stadium des Rituals bat Rutja die Tänzerinnen, zur Seite zu treten. Er sprach einen temperamentvollen Vers, der an Ukko Obergott gerichtet war:
     
    He ho, Ukko Obergott,
    Donnerer am Himmelsrand!
     
    Nach dieser üblichen Ansprache gab Rutja seinem Vater einen Bericht über die augenblickliche religiöse Situation in Finnland:
     
    Hier kommt der Bericht von Rutja,
    Botschaft aus dem Sommer Finnlands.
    Erst ein Opfer für dich,
    dann ein Opfer für mich.
     
    Rutja verschlang einen tüchtigen Bissen von einem gegrillten Schweinekotelett, bevor er fortfuhr:
     
    Sechs Gebote gegeben,
    sechs Jünger gewonnen!
    Die Kirchen Finnlands leer,
    die Pfaffen Finnlands seufzen schwer,
    den armen Jesus will keiner mehr…
     
    Zum Schluß forderte Rutja den Donnergott auf, die Opfergaben anzunehmen:
     
    Nimm das Opfer, gib einen Pfeil,
    hier sind die heiligen Heiden!
    Verschlingen deinen Proviant,
    die Leckereien vom Ofenrand!
     
    Im kupfernen Rauchabzug fing es an zu rauschen, als ein himmlischer Sog einsetzte. Die Schweinekoteletts und die anderen Leckereien wurden in die Rohre gesogen, auch der Kugelblitz drängte sich hinein, und bald war vom Dach her das Heulen und Tosen des Windes zu hören. Das Opfermahl, die Kohle und selbst die Asche verschwanden vom Opfertisch. Schließlich leuchtete in der Ofentür noch ein letzter Blitz auf, dann lag vollkommene Stille über dem ganzen Raum. Das war das Zeichen für das Ende der Veranstaltung. Ukko Obergott hatte das Opfer angenommen, er war in jeder Hinsicht zufrieden mit dem Ritual.
    »Das ist das erste Mal, daß ein gegrilltes Schweinekotelett in den Himmel gelangt, mal sehen, wie es dort ankommt«, meinte Rutja zufrieden. »Ich glaube schon, daß die Götter das mehr mögen als die Opfergaben, die früher üblich waren. Mehr als genug Finnen haben ihren Göttern nämlich vergammelte Fische, erfrorene Kartoffeln und verschimmeltes Brot geopfert.«
    Steuerprüferin Suvaskorpi hatte inzwischen die Garderobe gewechselt. Sie erschien wieder in ihrer eleganten Alltagskleidung, in grauem Rock und weißer Baumwolljacke. Rutja zog den Wolfspelz aus und hängte ihn neben Frau Suvaskorpis Nachthemd an den Haken.
    Psychiater Onni Osmola war immer noch ganz verwirrt. Er erklärte, Rutja mit Freuden mit seiner gesamten ärztlichen Ausbildung und Erfahrung zur Seite zu stehen. Er wollte bei allem, was Rutja plante und zu verwirklichen gedachte, helfen. Eine Pflegeanstalt für Hysteriker und insbesondere für Hypochonder zu gründen, war seiner Ansicht nach ein absolut vernünftiger Gedanke, den er in jeder Hinsicht unterstützte.
    »Dann fahren wir morgen nach Pentele«, beschloß Rutja.
    »Könnte ich vielleicht ein paar Geisteskranke mitnehmen?« fragte Onni Osmola ungeduldig. Er fand es interessant zu beobachten, wie die Hysteriker auf das Dorf und die künftige Heilanstalt reagierten. Seine Kartei war voller passender Patienten, denn an Verrückten herrschte in Finnland

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