Der Sohn des Haeuptlings
entführt worden sei. Dann wäre doch inzwischen längst ein Lösegeld erpreßt worden.
„Immerhin ist eine Entführung bei Nacht und Nebel über die Grenze denkbar“, machte Sputnik geltend. „Man hält ihn irgendwo in einem fremden Land gefangen, und er muß dort seine Erfindungen verraten.“
„Ziemlich unglaubwürdig“, meinte der Chefredakteur. „So was passiert nur in sehr phantastischen Filmen.“
„Aber möglich wäre es immerhin“, murmelte der dickliche Sputnik ein wenig hartnäckig.
„Bleibt also doch nur noch —“ überlegte Emil Langhans. Er hatte Hemmungen, das schlimme Wort auszusprechen.
Kriminalassistent Kasimir Specht hatte diese Hemmungen nicht. „Es war Mord“, sagte er. „Das ist für mich so sicher wie der tägliche Sonnenuntergang.“
„Wir müssen es jedenfalls in Betracht ziehen“, fügte Herr Roland vorsichtiger hinzu.
„Aber ausgerechnet Bademeister Pohmann?“ fragte Fritz Treutlein leise. „ Das kann ich einfach nicht glauben.“
„Wenn er überhaupt etwas mit der ganzen Geschichte zu tun hat“ erregte sich Hans Pigge, „dann steckt dieser feine Herr Müller dahinter. Wir kennen den Bademeister doch, er ist immerhin unser Fußballtrainer.“
„Wer kennt schon wen?“ meinte Herr Roland. „Ich bin da schon von einer Überraschung in die andere gepurzelt.“
„Pohmann ist bis über die Ohren verschuldet“, erklärte Kriminalassistent Specht ungerührt. „Das haben uns schon bei den ersten Rundfragen in der Nachbarschaft die Spatzen von den Dächern geflüstert. Vermutlich hat ihm dieser saubere Herr Müller, oder wer auch immer, Geld dafür angeboten, wenn er bei dem Professor eindringt und gewisse Papiere besorgt.“
„Aber zur Zeit des Einbruchs war Pohmann doch in München“, warf Emil Langhans ein.
„Kann sein, muß aber nicht“, überlegte Chefredakteur Kubatz.
„Sehr richtig“, bemerkte Herr Specht in seinem etwas zu weiten und vergammelten Jackett. Er ließ sich jetzt von seinem Eifer hinreißen und sprach eigentlich nur noch zu seinem Chef. „Herr Pohmann ist am Samstag nachmittag in einem Sonderbus nach München gefahren, dort am Abend angekommen, und am Sonntag nachmittag taucht er wieder im Olympiastadion auf. Das Alibi ist perfekt.“ Herr Specht holte tief Luft. „Aber nur auf den ersten Blick.“ Er drückte sich von der Vitrine ab und fing an, durch das Zimmer zu gehen. „Herr Pohmann hätte nämlich in der Nacht sehr gut nach Bad Rittershude fahren können und am anderen Vormittag wieder zurück nach München. Er oder irgendeine andere Person.“
„Wenn wir bei Pohmann bleiben“, warf Chefredakteur Kubatz ein, „er besitzt kein eigenes Auto.“
„Es gibt Leihwagen“, bemerkte Kriminalkommissar Roland. „Und wir sind der Sache nachgegangen, was gar nicht so einfach war.“
„Eine Heidenarbeit, ich schwör’s“, bemerkte Kriminalassistent Specht. „Aber jetzt haben wir ihn, nämlich einen grauen VW-Golf. Ich komme gerade aus München zurück. Es war reiner Zufall, daß wir den Wagen entdeckt haben. Aber er könnte in Frage kommen. Jedenfalls ist er genau an dem fraglichen Samstag gemietet worden, hat die notwendigen Kilometer zurückgelegt und wurde am Sonntag mittag schon wieder zurückgegeben, von einem gewissen Herrn Müller übrigens mit einem gefälschten Ausweis und einer Adresse, die es natürlich gar nicht gibt.“
Daß Kriminalkommissar Roland diesem Herrn Müller inzwischen schon auf der Spur war, behielt er für sich.
„Demnach wäre es also möglich, daß der Täter gleichzeitig in München und in Bad Rittershude war?“ fragte Fritz Treutlein.
„Wäre überhaupt kein Problem gewesen“, antwortete Herr Specht.
„Und haben Sie die Reifen dieses Leihwagens untersucht?“ fragte Karlchen Kubatz. „Es wäre ja denkbar, man findet zwischen den Rillen noch winzige Teile von Erde, die zum Beispiel zu den Bodenverhältnissen in Bad Rittershude passen oder gar zur Umgebung der Haselnuß-Straße.“ Er beugte sich in seinem Schneidersitz nach vorn. „Im schlimmsten Fall müßte man auch auf Blutspuren gefaßt sein —“
Kriminalkommissar Roland tippte kaum hörbar die Fingerspitzen seiner Hände aneinander und sagte: „Ausgezeichnet, Mister Doyle.“
„Leider gondelt dieser graue VW-Golf zur Zeit mit einem Hochzeitspaar durch die Toscana“, bemerkte Kriminalassistent Specht. „Aber wir sind hinter ihm her.“
„Werden Sie diesen Herrn Müller festnehmen lassen?“ fragte einer der Jungen.
„Die
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