Der Sohn des Haeuptlings
und das Zimmer mit dem falschen Herrn Müller lag links, der Straße zu.
Wenn der Kriminalkommissar seine Fragen stellte, waren sein Assistent Specht, Polizeimeister Kalender und Reviervorsteher Nielsen bei ihm. Sie hielten sich aber ziemlich im Hintergrund. Genauso wie die Polizisten in ihren schwarzen Lederwesten aus den Funkstreifenwagen, die sich auf die beiden Räume verteilt hatten und die Verhafteten nicht aus den Augen ließen, auch wenn Herr Roland abwechselnd von dem einen Zimmer in das andere wanderte.
Dann riß Reviervorsteher Nielsen jeweils die Tür auf, rannte über den Korridor und öffnete diensteifrig drüben die andere Tür.
Für Herrn Kubatz und seinen jungen Fotografen wirkte das jedesmal so, als würde der Chefarzt eines Krankenhauses an der Spitze seiner Ärzte im Eilschritt vom Bett eines Patienten zum anderen spazieren.
Bei Bademeister Pohmann dauerte es eine gute Stunde, bis er umkippte. So lange hatte er geschwiegen oder geleugnet. Inzwischen schien er begriffen zu haben, daß ihm nur noch ein Geständnis helfen konnte.
Der Mann, der sich gleichzeitig Müller und Westernhagen nannte, hatte bei seiner Einlieferung in das Polizeirevier zuerst einmal den Verrückten gespielt. Dabei war sein Gesicht dunkelrot angelaufen und anschließend wieder leichenblaß geworden, ähnlich einer überbelichteten Fotografie. Er hatte andauernd denselben und dabei völlig dummen Satz gebrüllt: „Das kann doch nicht wahr sein!“ Dabei war er immer wieder im Zimmer auf und ab gerannt, hob mal die Arme wie gekreuzigt, trank eine ganze Tasse gelblichen Tee, den man ihm hingestellt hatte, in einem Schluck, starrte von einem Moment zum anderen an die nackte Wand und murmelte: „Ich Idiot, daß ausgerechnet mir so eine Dämlichkeit passieren muß.“
Anschließend hatte er laut schreiend verlangt, einen Anwalt zu bekommen, und selbstverständlich hatte er genauso laut mehrfach versichert, daß er total unschuldig sei.
„Mit einem Anwalt kann ich frühestens nach den Feiertagen dienen“, hatte Herr Roland in aller Ruhe geantwortet. „Und was Ihre Unschuld betrifft, kann ich nur fragen, ob Sie plötzlich unter die Komiker gegangen sind?“
Natürlich hatte sich der feine Herr Müller zuerst auch geweigert, seine Fingerabdrücke nehmen zu lassen. Aber da hatte es dann schon genügt, daß der großgewachsene Kriminalassistent Specht zwei Schritte auf ihn zugekommen war.
„Nur unter Protest“, hatte der Mann mit den rötlichen Haaren gesagt und dann die Prozedur über sich ergehen lassen.
„War’s denn so schlimm?“ fragte Kriminalkommissar Roland hinterher. „Sie haben sich die Finger schmutzig gemacht, das ist alles.“ Er lächelte und fügte fast höflich hinzu: „Aber das ist Ihnen ja wohl nicht zum erstenmal passiert, oder?“
Anschließend hatte man den Häftling noch um eine Handschriftenprobe gebeten.
„Was soll denn der Quatsch nun wieder?“
„Wir sammeln Autogramme“, hatte Assistent Specht grinsend geantwortet.
„Grinsen kann ich auch, wenn Sie das meinen“, hatte der Mann namens Müller oder Westernhagen daraufhin geantwortet und von diesem Moment an seine Taktik komplett auf den Kopf gestellt. Er gab jetzt keine einzige Antwort mehr und feixte nur noch jedem, der etwas von ihm wissen wollte, rotzfrech ins Gesicht.
„Mal abwarten, wie weit Sie damit kommen“, hatte Kriminalkommissar Roland festgestellt und das Zimmer verlassen. Er war über den Korridor geflitzt, und Reviervorsteher Nielsen hatte Mühe gehabt, vor ihm und seiner Begleitung auf der anderen Seite die Tür aufzureißen.
Bademeister Pohmann war aufgeschreckt, und seine ängstlichen Augen fragten, was wohl inzwischen passiert sei.
„Sie haben Glück“, meinte Herr Roland. „Ihr Komplize bestätigt im großen und ganzen, was Sie bisher gestanden haben. Wiederholen wir also —“
Reviervorsteher Nielsen hatte sich hinter die Schreibmaschine gesetzt und war bereit, das Protokoll der Aussage mitzutippen.
Polizeimeister Kalender und Herr Specht postierten sich mit undurchdringlichen Gesichtern vor einem Aktenschrank, und die beiden Polizisten der Funkstreife lehnten an der Wand neben dem Steckbrief eines Hamburger Bankräubers, der schon seit einem Jahr gesucht wurde.
Der Bademeister saß auf einer Stuhlkante vor dem Schreibtisch.
„Also fangen wir bei Ihrer ersten Begegnung mit diesem angeblichen Herrn Müller an“, schlug Kriminalkommissar Roland vor. „Können Sie sich noch an den Tag
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