Der Sohn des Haeuptlings
erinnern?“
In diesem Augenblick drückte sich, ohne anzuklopfen, Frau Erika Bandel leise durch die Tür. Der Kriminalkommissar hatte sie gebeten vorbeizukommen, weil sie doch mehr oder weniger die einzige Bekannte des Professors war und deshalb im Augenblick seine Angehörigen vertreten mußte. Auch konnte es sich ja ergeben, daß er sie bei dem augenblicklichen Verhör als Zeugin brauchen würde. Sie solle einfach vorbeikommen, sobald sie mit ihrer Milchbar fertig sei, hatte er zu ihr gesagt. Und jetzt war sie da.
Herr Pohmann hatte wohl ein Geräusch gehört, aber er hatte Frau Bandel nicht bemerkt, weil die Tür in seinem Rücken lag. Und da Kriminalkommissar Roland über den Schreibtisch gebeugt genau vor ihm stand, wagte er es nicht, sich umzudrehen.
„An das genaue Datum kann ich mich nicht mehr erinnern“, stellte er jetzt fest. „Aber es müßte so am dritten oder vierten April gewesen sein.“
„Nun, das ist vorerst auch nicht wichtig“, erwiderte der Kriminalkommissar. Dabei blickte er so mit dem linken Auge kurz zu Frau Bandel hinüber, wie um sie zu begrüßen, und einer der Funkstreifenbeamten stellte leise einen Stuhl hinter sie.
„Vielleicht kann ich Ihnen Ihr Geständnis erleichtern“, mischte sich jetzt Kriminalassistent Specht in die Vernehmung ein. „Nachdem der Professor verschwunden war, haben wir natürlich erst einmal in der Haselnußstraße alle Nachbarn abgeklappert und ausgefragt. Dabei sind wir dann ganz schnell dahintergekommen, daß Sie durch Ihre Bauerei ganz schön verschuldet sind und daß man Sie auch schon mit Zahlungsbefehlen eingedeckt hatte. Sie brauchten also dringend Geld. Und wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, ist mancher bereit, Dinge zu tun, an die er sonst nicht einmal denken würde.“ Herr Specht verschränkte die Arme und blickte Pohmann voll ins Gesicht. „Für uns waren Sie eigentlich schon von der ersten Stunde an verdächtig. Andererseits gab es eine Menge Zeugen dafür, daß Sie sich zur Tatzeit beim Pokalspiel in München aufgehalten haben. Wie war es möglich, daß Sie gleichzeitig dort und hier in Bad Rittershude waren? Das hat uns im ersten Augenblick stutzig gemacht.“
„Ist aber inzwischen geklärt, und wir kommen noch darauf zurück“, warf der Kriminalkommissar ein. „Bleiben wir vorerst bei unserem feinen Herrn Müller in Anführungszeichen. Er hat also Ihre Bekanntschaft gesucht? —“
„-ja, und zwar in der Badeanstalt“, fuhr Herr Pohmann fort. „Er würde eine Kur machen, es sei ihm zu langweilig hier, und ob ich nicht gelegentlich zu Waldläufen mit ihm Zeit hätte. Er würde dafür bezahlen —“
Bademeister Pohmann sprach nur halblaut, ohne ein Wort besonders zu betonen und ohne richtig Luft zu holen. Es war spürbar, wie es ihn erleichterte, sich endlich alles von der Leber reden zu können. Er versuchte nichts zu beschönigen oder gar zu lügen. Anscheinend gibt es auch für Nerven eine Grenze der Widerstandskraft.
„Selbstverständlich war es kein Zufall, daß dieser sogenannte Herr Müller gerade mit Ihnen zusammengetroffen ist“, stellte jetzt Herr Roland fest. „Bevor er hier in Bad Rittershude aufgekreuzt ist, war längst ausgekundschaftet, daß Sie, Herr Pohmann, in der unmittelbaren Nachbarschaft des Professors wohnen und daß Sie wegen Ihrer Schulden vielleicht für einen gleichfalls längst gefaßten Plan zu überreden seien. Alles klappte ja dann auch ganz ausgezeichnet.“ Der Kriminalkommissar untersuchte eine Weile nachdenklich seine Fingernägel. „Wann hat er zum erstenmal von dem Einbruch gesprochen?“
„Es war bei einem Abendessen“, antwortete Herr Pohmann. Und dann erzählte er, wie dieser Herr Müller zuerst versucht hätte, ihn unter Alkohol zu setzen, und wie er dann vorsichtig und ganz allmählich mit seinem Vorschlag, in das Haus des Professors einzubrechen, herausgerückt sei. Er wäre lediglich an den Papieren des Gelehrten interessiert, die ich dort bestimmt in großer Zahl entdecken würde. Es ginge um irgendwelche Erfindungen. Jedenfalls solle ich alles mitnehmen, was mir an scheinbar auch unwichtigen Notizen oder Aufzeichnungen in die Hände fiele. Ob das Material schließlich brauchbar für ihn wäre, das sei nicht meine Sache, sondern ausschließlich sein eigenes Risiko. Jedenfalls bekäme ich zehntausend Mark von ihm. Die eine Hälfte sofort, und die andere Hälfte hinterher. Selbstverständlich hätte er gerade diesen Sonntag für den Einbruch ausgesucht, weil dann ganz
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