Der Sohn des Haeuptlings
Zigarrenkisten unter ihnen.
Anschließend erhielt Kuguah noch ein hochmodernes Jagdgewehr, und sein Berater, die Große Schlange, einen nagelneuen Pferdesattel. Die übrigen Krieger wurden mit Ferngläsern bedacht. Alle in derselben Ausführung, derselben Größe und Farbe.
Mister Webster hatte im Laufe der Zeit seine Erfahrungen gemacht und wußte inzwischen genau, welche Rangordnung er bei solchen Aufmerksamkeiten beachten mußte, und wie wichtig es war, niemanden zu benachteiligen.
Natürlich hatten alle Indianer mit irgendwelchen Gastgeschenken gerechnet. Und es war ihnen auch von Anfang an klar gewesen, daß diese Geschenke in den vielen Paketen, die der dunkelgekleidete Butler ins Zelt geschleppt hatte, verborgen sein mußten. Aber selbstverständlich hatten sie gerade deshalb Pennyfull und dessen Gepäck bisher keines Blickes gewürdigt.
Und auch jetzt zeigten sie sich zuerst völlig überrascht und taten so, als wären sie ungeheuer erstaunt. „Uff“, stöhnten sie verwundert. Bis sie schließlich offen ihre Freude erkennen ließen. Sie bedankten sich laut und redeten dabei wie eine übermütige Schulklasse durcheinander.
Pennyfull hatte mit unverhohlenem Mißvergnügen beobachtet, wie Jagdgewehr, Sattel und Ferngläser in den Händen der neuen Besitzer verschwunden waren. Es lag aber nicht an seinem säuerlichen Gesichtsausdruck, daß sich jetzt der Häuptling der Apachen veranlaßt sah, sich zu revanchieren.
Kuguah nahm schweigend das herrliche Leopardenfell, das über seinen Schultern lag, und breitete es vor seinen Gästen aus. Es wäre beleidigend gewesen, hätte Mister Webster dieses Geschenk abgelehnt. Dabei wußte er, daß der Wert dieses Felles weit höher war als der Wert all dessen, was er mitgebracht hatte. Ganz abgesehen von dem persönlichen Opfer des Häuptlings, auf eine solche Siegestrophäe zu verzichten.
„Du beschämst mich, mein Bruder! Willst du, daß ich in deiner Schuld bin?“
Aber Kuguah schüttelte den Kopf. „Viele Männer der Regierung waren vor dir hier. Viele werden nach dir kommen. Aber keiner liebte unser Volk so wie du. Keiner wird es wieder so lieben. Kuguah und sein Stamm sind traurig darüber, daß du uns verlassen wirst.“
Mister Webster war aufrichtig gerührt. „Auch mein Herz ist erfaßt von Trauer, Kuguah. Aber die Wege, die wir gehen, sind nicht von uns bestimmt.“
Im stillen dachte Mister Webster zuerst daran, es den Männern der Apachen zu erklären, weshalb er heute zum letztenmal bei ihnen war. Aber dann hätten sie wissen müssen, was man in den Regierungszentren in Washington und New York unter „Feuerwehr“ versteht. Mister Webster war nämlich so etwas Ähnliches, und wenn es irgendwo in der Politik brannte, gehörte er zu denen, die dann gerufen wurden. Vor fünf Jahren, als er hier zum erstenmal aufgetaucht war, hatte es lichterloh in verschiedenen Indianerreservaten gebrannt. Seit einem guten Jahr war das Feuer wieder gelöscht, und vermutlich brannte es jetzt anderswo.
Inzwischen hatten sich die in ihrem Kriegsschmuck prächtig anzuschauenden Häuptlinge und Krieger die mitgebrachten Zigarren angezündet und pafften genußvoll kleine weiße Rauchwolken in die Luft. Sie stiegen zur Spitze des Zeltes auf und von da ins Freie.
„Es sind die Tage des Walkan“, sagte Kuguah in die Stille, die sich mittlerweile ausgebreitet hatte.
„Mein roter Bruder muß sich irren“, wagte Mister Webster zu widersprechen. Auch er hatte eine Zigarre im Mund und nahm sie jetzt heraus. „Noch sind es zwei Monde bis zum Fest eurer Väter.“
Kuguah lächelte: „Du kennst die Sitten unseres Volkes. Es wäre nicht möglich, dir anderes zu sagen als die Wahrheit. Hast du nicht die Zahl unserer Krieger gesehen? Der ganze Stamm ist versammelt. Auch die entfernteste Weide ist leer. Mapimis Krale sind voll vom Vieh unserer Herden. Die fremden Händler sind sogar von Texas und Nevada zu mir gekommen.“ Kuguah nahm einen neuen Zug aus seiner Zigarre und blickte ein wenig hilflos zu Chingachgook, seinem Ratgeber.
Aber die ,Große Schlange’ wußte auch nicht so recht, was sie sagen sollte. Sie hüllte sich in Zigarrenrauch und blickte vor sich auf den Boden. Und alle übrigen Krieger des Stammes machten es ihm nach.
„Begreifst du denn nicht endlich?“ flüsterte Mrs. Webster.
Und jetzt erst fiel bei ihrem Mann der Groschen.
„Das Volk der Apachen hat doch wohl nicht meinetwegen das Fest des Walkan um zwei Monate vorverlegt?“ fragte er
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