Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
meinen Apachen wird mir am schwersten fallen.“
    „Dabei haben sie dir immer die meisten Sorgen gemacht“, meinte Mrs. Webster leise.
    „Und warum? Weil sie eben noch mehr als die anderen an ihrer Vergangenheit hängen. Das gehört alles zusammen.“
    Mister Webster zog die Bremse und schaltete den Motor ab. Der Wagen hatte den höchsten Punkt der Anfahrt erreicht. Vor der Windschutzscheibe und dem verchromten Kühler der schwarzen Limousine breitete sich jetzt ein weites Tal aus, in dessen Mittelpunkt ein großer See lag, in den sich über steile Felsen ein Wasserfall stürzte.
    „Geben Sie mir das Fernglas, Pennyfull.“ Mister Webster reichte das Glas zuerst seiner Frau. Er zeigte seitlich zu den Anhöhen hinüber, von denen immer noch jene drei Rauchsäulen aufstiegen.
    Jetzt waren neben diesen Rauchsäulen aber bereits Menschen zu erkennen, die herüberwinkten.
    Unten im Tal und am Ufer des Sees lag die Siedlung der Apachen. Durch das Fernglas konnte Mrs. Webster schon Zelte und Dächer unterscheiden. Auf einem freien Platz wimmelte eine Menge winziger Gestalten durcheinander.
    Als ihm die Rauchzeichen der Späher gemeldet wurden, hatte Kuguah die Männer seines Stammes zum Großen Platz rufen lassen.
    Trommeln brachten ganz Mapimi auf die Beine.
    Schon in wenigen Minuten waren die Zelte leer, und genauso war die Siedlung der Pueblos mit den zwei- oder dreigeschossigen Lehmhütten, in denen vor allem die Verwaltung, die Schule und ein primitives Telegrafenamt mit einem nur selten funktionierenden Telefon untergebracht waren, plötzlich wie ausgestorben.
    Die Männer der Apachen hatten, wie an den großen Tagen ihrer Väter, den traditionellen Kriegsschmuck des Stammes angelegt. Die braune Haut ihrer Körper war mit Tiersymbolen weiß bemalt. Fische bedeuteten Wachsamkeit, Bären bedeuteten Kraft, Wale bedeuteten Mut und Löwen bedeuteten Macht. Ihre langen Hosen aus weichem Leder und ihre Mokassins waren bunt bestickt. Sie trugen die Federn des Geiers, des Bussards und des Habichts als Kopfschmuck. Wer die weiße Feder eines Adlers tragen durfte, mußte durch irgendeine Tat besondere Fähigkeiten bewiesen haben. In den Zeiten der großen Kriege hatten sich die Söhne der Apachen diese Auszeichnung durch todesmutigen Kampf gegen die weißen Eroberer verdient.
    Heute konnte der tapfere Sieg über ein gefährliches Raubtier zum Tragen berechtigen, die Entdeckung einer Büffelherde oder das Aufspüren von Öl oder Gold im Gebiet des Reservats.
    Die jüngeren Männer der Apachen gingen barfuß und trugen lediglich einen kurzen Lendenschurz aus Otternhaut. Ihr langes, schwarzes Haar war im Nacken geknotet.
    Es waren insgesamt mehr als tausend Krieger, die sich auf dem Großen Platz versammelt hatten. Sie waren mit Speeren und Gewehren bewaffnet — zum Teil auch noch mit Pfeil und Bogen oder Tomahawks.
    Die Frauen standen mit ihren Kindern in bunten Gewändern und mit Stirnbändern aus Glasperlen in weitem, fast ehrfurchtsvollem Abstand.
    Als jetzt der schwarze Straßenkreuzer von Mister Webster mit der amerikanischen Flagge auf dem Kotflügel sichtbar wurde und immer näher kam, gab Kuguah ein Zeichen. Darauf hatten die jungen Burschen, die mit ihren Bambustrommeln auf der Erde hockten, gewartet. Ihre Hände schlugen jetzt einen gleichmäßigen Rhythmus. Gleichzeitig kam auch Bewegung in die langen Reihen der Krieger. Sie begannen, sich in den Hüften zu wiegen, traten von einem Bein aufs andere und hoben ihre Waffen. Aber es war noch kein Tanz, sondern nur ein allgemeines Hin- und Herschwanken. Dazu war im Takt der Trommeln ein leises Summen zu hören, das allmählich in Gesang überging. „Buah — hu — buah — hu--“
    Kuguah, der Häuptling der Apachen, kam aus seinem weitgeöffneten Tipi, das farbenprächtiger und größer war als alle anderen Zelte. Ein Leopardenfell lag über seinen Schultern, und sein Kopfschmuck bestand aus lauter schneeweißen Adlerfedern. Die Haut des tiefbraunen Gesichts war wie aus Leder. Sein Alter war nicht zu schätzen.
    Einen Schritt neben ihm ging Chingachgook, die Große Schlange. Er war der Ratgeber des Häuptlings und der Älteste des Stammes. Auch er trug einen prächtigen Kopfputz. Allerdings nur mit zehn Adlerfedern. Vor seinen Augen hatte er eine Metallbrille mit ziemlich dicken Gläsern. Er war kleiner als Kuguah, und es machte ihm Mühe, an seiner Seite zu bleiben.
    Der Häuptling erreichte das Ende des Spaliers seiner tanzenden Krieger fast im gleichen Augenblick,

Weitere Kostenlose Bücher