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Der Sohn des Haeuptlings

Der Sohn des Haeuptlings

Titel: Der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Fuller hatte sich eingefunden und aus seinem Ministerium zwei Beamte mitgebracht, die sich jetzt um die Flugscheine und um die vielen Koffer kümmerten. In einem von ihnen ging auch Tesus Kopfputz und Tomahawk mit auf die Reise nach Deutschland.
    Während sich bei Jenny schon nasse Augen ankündigten und Mrs. Webster sich längst zum zweitenmal die Nase puderte, weil plötzlich eine Gruppe von Fotografen und Rundfunkreportern aufgekreuzt war, verabschiedete sich der semmelblonde Herr Langhans ein wenig abseits von seinem indianischen Schüler.
    Die beiden hatten sich in den vergangenen zwei Wochen angefreundet. „Darf ich dir einmal sagen, wie stolz ich darauf bin, daß ich den waschechten Sohn eines Häuptlings zum Schüler hatte.“ Dabei grinste er und holte für Tesu einen Zettel aus der Tasche. „Und da steht die Adresse meines Bruders in Bad Rittershude drauf und auch die Telefonnummer. Ich habe ihm geschrieben, daß du vielleicht vorbeikommst. Er ist nämlich rein weg verrückt auf alles, was mit Indianern zu tun hat. Im Augenblick proben sie für ein Theaterstück, in dem sie die Apachen darstellen. Es könnte doch ganz lustig sein, wenn du dir mal anguckst, was die sich so unter Indianern vorstellen. Jedenfalls würde mein ,Langer’ mit seinen Kumpeln vor Freude glatt auf die Bäume klettern. Sie nennen sich die Glorreichen Sieben, und du hättest bestimmt deinen Spaß mit ihnen.“
    „Welche Aufgabe erwarten Sie in Berlin“, wollte inzwischen einer der anwesenden Rundfunkreporter von Mister Webster wissen und hielt ihm sein Mikrophon vor den Mund.
    „Kein Kommentar“, erwiderte Mister Webster zugeknöpft, und Mister Fuller, der neben ihm stand, feixte ganz offen. „Also eine mehr oder weniger geheime Mission?“
    „Sie haben es erraten“, antwortete Mister Webster und paffte seinen Zigarrenrauch in das Mikrophon.
    „Würden Sie unseren Hörern trotzdem eine Andeutung machen?“
    „Nein —“
    „Wir danken Ihnen für dieses aufschlußreiche Gespräch, Mister Webster“, bemerkte der Reporter höhnisch.
    Fünf Minuten später bewegte sich der Jumbo mit den Websters und Tesu an Bord über das Rollfeld.
    Der junge Mann mit den Sommersprossen um die Nase stand neben Jenny auf der Aussichtsplatte über dem Flughafenrestaurant. Als der Jumbo in einem großen Bogen zur Startbahn rollte, winkten beide mit möglichst hoch ausgestreckten Armen.
    Als sich die Maschine schon kurz darauf donnernd vom Boden abhob, war es mit Jennys Fassung endgültig vorbei. Sie heulte wie ein Schloßhund.
    „Aber Jenny“, sagte der semmelblonde, junge Mann und reichte ihr sein Taschentuch.
    „Ach Mister —“, seufzte Jenny, „thank you. Sehr freundlich.“

Der geheimnisvolle Mann aus dem Regen

    „Jammerschade“, behauptete Herr Müller, als er im Hotel zum Kurfürsten seine Rechnung bezahlte. „Jetzt hat man grade angefangen, sich zu erholen und richtig wohl zu fühlen, da macht dieser blöde Anruf gestern abend alles kaputt.“ Er hob die Schulter, ließ sie wieder fallen und seufzte. „Und ich hab’ mir gar nichts dabei gedacht, als ich in meinem Büro anrief; und dann aus heiterem Himmel —“ Er seufzte zum zweitenmal und sagte, anstatt den Satz zu beenden, nur: „Na ja —“
    „Geschäfte sind leider manchmal wichtiger als die Gesundheit“, bemerkte Herr Pelz in seiner dunkelgrünen Portiersuniform und gab dem rothaarigen Gast das Wechselgeld zurück. „Obgleich man das nicht zulassen sollte, meine ich.“
    „Wie recht Sie haben“, stimmte Herr Müller zu. „Aber ich komme bald zurück, und dann wird alles nachgeholt.“
    „Wir stehen jedenfalls immer zur Verfügung“, entgeg-nete Herr Pelz höflich und zauberte den Zwanzigmarkschein, den ihm Eberhard Müller als Trinkgeld über den schmalen Tisch der Portiersloge zugeschoben hatte, unbesehen in seine Jackett-Tasche. Eine dreißigjährige Berufserfahrung hatte diese Bewegung perfekt gemacht. „Besten Dank, es wäre wirklich nicht notwendig gewesen“, sagte er so nebenbei.
    Der Page Fridolin wartete mit dem Gepäck bereits am Wagen des Gastes auf dem Parkplatz im Hof. „Besten Dank“, sagte auch er, als ihm der Rothaarige ein Fünfmarkstück in die Hand drückte, nachdem seine zwei Koffer und eine Aktentasche verstaut waren. „Gute Reise“, wünschten anschließend der Hotelportier und der Page im Duett, als Herr Eberhard Müller noch einmal mit einem freundlichen Lächeln durch das Seitenfenster seines Wagens winkte. Dann fuhr er

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