Der Sohn des Haeuptlings
Tesu zur Treppe gehen, da wurden sie von Emil Langhans aufgehalten. „Wir haben gehört, daß Sie alle am Sonntag zu diesen Osterfestspielen kommen —“
„Ja, wir haben Ehrenkarten für die Premiere in der ersten Reihe. Der Bürgermeister hat uns regelrecht überrascht und sie heute morgen ins Hotel bringen lassen.“
„Wir spielen da als Statisten mit und stellen die Apachen dar“, fuhr der Lange fort.
„Dann wird es ja um so interessanter für uns sein“, meinte der Amerikaner.
„Das stimmt aber alles nicht, ich meine, so wie dieses Indianerdrama ist, das sind nicht wir, und das ist auch nicht unsere Meinung!“ Emil Langhans blickte hilfesuchend zu Karlchen Kubatz, und der Bürstenhaarschnitt übersetzte das Ganze nochmal in verständliches Englisch.
„Ich möchte nur, daß Sie das wissen, Mister Webster“, fügte Emil Langhans hinzu. „Und daß es vor allem Tesu weiß. Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit, es ihm ganz genau zu sagen. Er soll sich nicht totlachen über uns. Das sind nicht wir, wie gesagt.“
Als die Glorreichen Sieben daraufhin vor dem Hotel wieder auf ihre Fahrräder klettern wollten, kam noch schnell der Page Fridolin angeflitzt. Er erzählte im Telegrammtempo, daß sich Kriminalkommissar Roland für die Herren Müller und Pohmann interessiert hatte. Dabei blickte er immer wieder hinter sich.
„Ich muß wieder los“, flüsterte er. „Es wäre schlecht, wenn man mich mit euch zusammen sieht.“
„Um fünf Uhr bei mir, wenn du freikommen kannst“, sagte Emil Langhans. „Du weißt ja, wo ich wohne.“
„Mal sehen, ob sich’s machen läßt“, zischte Fridolin Paschulke und verschwand wieder in irgendeinem Dienstboteneingang des Hotels zum Kurfürsten.
Man kann gleichzeitig in München und Bad Rittershude sein
Es wurde doch später.
Theaterdirektor Friedebold war so aufgeregt gewesen, als würde die Premiere seines Dramas noch am selben Abend über die Bühne gehen. Und sein Lampenfieber hatte auch alle anderen angesteckt. Manche Szene probierte er ein halbes dutzendmal. Bis dann dem Komiker aus Bielefeld, der den Sam Hawkins spielte, der Kragen geplatzt war. Er hatte von der Bühne herunter den Theaterintendanten angebrüllt, und Direktor Friedebold war ihm genauso lautstark nichts schuldig geblieben. Schließlich hatte sich noch der Darsteller des Old Shatterhand in den Streit eingemischt.
Dazu kam schließlich noch, daß heute die drei Sensationsdarsteller auf ihren Pferden zum erstenmal die Probe mitmachten. Auch der alte Indianer, der sonst als Häuptling Schwarzfeder in einem Zirkus auftrat, war eingetroffen. Und selbstverständlich wollten sie alle zeigen, wie ungeheuer tüchtig sie waren, und daß sie ihre Gagen zu Recht verdienten. Die Stuntmen galoppierten und ließen sich von ihren Pferden fallen, wo es ihnen gerade paßte. Der alte Indianer wirbelte sein Lasso durch die Luft oder ließ ziemlich sinnlos seinen Tomahawk durch die Gegend schwirren.
Theaterdirektor Friedebold versuchte, in das Ganze irgendeine Ordnung zu bringen. „Achten Sie doch auf die Inszenierung, um Himmels willen“, rief er. „Das ist doch hier kein Rummelplatz!“
Irgendwann war das alles dann für den Darsteller des Winnetou zuviel. Er ließ sich völlig ergeben auf einen Baumstumpf plumpsen und stöhnte nur immer wieder: „Das halten meine Nerven nicht aus, das halten meine Nerven nicht aus —“
Nach all dem und jetzt endlich hockten die Glorreichen
Sieben zusammen mit Tesu und dem Pagen Fridolin Paschulke Schulter an Schulter in ihrem Indianerzelt auf Langhansens Balkon, dicht zusammengedrängt wie Ölsardinen in einer Büchse. Sie mußten ihre Knie aneinanderdrücken, und ihre Füße bildeten ein unübersichtliches Durcheinander.
Vater und Mutter Langhans hatten sich diskret in die Küche zurückgezogen.
In der Schellingstraße lag warme, trockene Luft, und in einer knappen halben Stunde würde die Sonne irgendwo zwischen dem Gaskessel und dem Zobelberg in einen Wolkendunst absacken.
Paul Nachtigall, der Boß, hatte den Kriegsrat sehr förmlich mit einer Begrüßung des Häuptlingssohnes aus dem Stamme der Apachen eröffnet. Dann war er allerdings im Hinblick auf die Verspätung sehr schnell und direkt zur Sache gekommen.
Es ging natürlich um das Verschwinden von Professor Keller.
Zuerst hatte Karlchen Kubatz dem jungen, indianischen Gast das Wichtigste über die Person des Zahlengenies erzählt und dann berichtet, was passiert war und was man ja auch seit
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