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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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erreicht. Murdo konnte den Schweiß auf den Flanken der Pferde sehen und die dunklen, unfreundlichen Augen der Reiter. Es kostete ihn all seinen Mut, doch auch er schloß die Augen, und er hörte zu, als Bruder Emlyn sagte: »In Jesu heiligem Namen beschwöre ich den Schutz der Drei auf mich herab. Ich stehe im Kreis der Macht des Königs der Könige und lege mein Leben, meinen Geist und meine Seele in seine sorgenden Hände. Mein lieber Herr Jesus, mein Erlöser, befreie mich aus dieser Gefahr. Wenn die Feinde sich um mich versammeln, verberge mich in deiner Hand.«
    Nachdem die Beschwörung beendet war, öffneten die beiden die Augen und sahen, wie die Feinde an ihnen vorüberritten. Die Hufe der Pferde wirbelten dichte graue Staubwolken auf, während die Reiter nur eine Lanzenlänge entfernt an Murdo und Emlyn vorbeigaloppierten. Mit geblähten Nüstern rannten die Pferde so schnell sie konnten; ihre Reiter hatten die dunklen Augen stur geradeaus gerichtet und blickten weder rechts noch links.
    Immer mehr kamen die Straße entlang, und Murdo und der Priester standen vollkommen regungslos in ihrem Schutzkreis und schauten zu. Murdo krallte sich in Emlyns Umhang. Er fürchtete, die Reiter würden sie jeden Augenblick entdecken und anhalten; aber die Türken ritten achtlos an ihnen vorüber.
    Schließlich war der letzte der feindlichen Krieger vorbei, und Mur-do ließ Emlyns Umhang los und drehte sich um, um nach dem Kamel zu sehen. Während er sich rasch umschaute, wich Unglaube der Sorge. Er konnte das Kamel nirgends sehen; die elende Kreatur war verschwunden.
    »Das Kamel ist weg.« Murdos Kopf wirbelte hierhin und dorthin in der Hoffnung, irgendwo eine Spur des Tiers zu entdecken.
    »Rühr dich nicht«, zischte der Mönch und ergriff Murdos Arm, um ihn an Ort und Stelle festzuhalten.
    Noch während er sprach, erschien eine weitere Gruppe von Seld-schuken auf der Straße. Murdo drehte sich in die entsprechende Richtung um und sah, daß sich plötzlich eine kleinere Gruppe aus der Hauptmacht löste, die Straße verließ und unmittelbar vor ihm und Emlyn zum Stehen kam. Der vorderste Seldschuke sagte etwas, und zwanzig Lanzen wurden gesenkt.

    ie Augen der Türken glitzerten schwarz und hart wie Schiefersplitter. Die Pferde schlugen mit den Köpfen; ihre Mäuler und Flanken waren weiß von Schweiß, und ihre dünnen, zerbrechlich wirkenden Beine scharrten unablässig im Staub. Hinter diesen Türken sah Murdo, wie die Hauptmacht der Seldschuken vorbeigaloppierte; er sah den Silberbeschlag an den Halftern und Sätteln der Pferde und das Funkeln der goldenen Dolche in den breiten Stoffgürteln der Reiter. Auch sah er das Aufblitzen elfenbeinfarbener Zähne hinter den dichten schwarzen Bärten und die schneeweißen Turbane über den bronzefarbenen Gesichtern.

    Der Anführer der Krieger sagte etwas, und Murdo beobachtete, wie der Mund des Mannes unverständliche Worte formte; Speichel troff von seinen Lippen, und jeder Tropfen schillerte wie eine Staubflocke im Sonnenlicht. Verächtlich und drohend streckte der Mann das Kinn vor.
    All das sah Murdo mit schrecklicher Klarheit - einer Klarheit, die von dem fürchterlichen Pochen in seinen Ohren noch verschlimmert wurde. Das Rauschen des Blutes in seinen Adern erfüllte sei-nen Kopf mit einem Donnern, das alle anderen Geräusche übertönte. Sein Mund war trocken und klebrig. Seine Kopfhaut juckte, und sein Herz raste und sprang in seiner Brust wie ein gefangenes Tier, das versuchte, sich zu befreien. Seine Beine zitterten, doch gleichzeitig drängten ihn seine Muskeln zu rennen, zu fliehen. Es kostete Murdo sein letztes Gran Mut, im Kreis des caim zu bleiben.
    Der Anführer sprach erneut; dann stieß er die Lanze vor, und die Spitze berührte Murdos Hals. Er spürte, wie geschärfter Stahl in sein Fleisch schnitt, doch er zuckte nicht zurück. Er stellte sich der Klinge und wünschte sich ein rasches Ende. Seine letzten Gedanken sollten Ragna gelten, und so versuchte er, ihr Bild in seinen Gedanken heraufzubeschwören; doch zu seinem großen Entsetzen konnte er sich nicht mehr daran erinnern, wie sie aussah.
    Das paßt, dachte er voller Abscheu. Sein Leben war von Priestern zugrunde gerichtet worden, und nun würde er sterben, weil er einem vertraut hatte. Und dies trotz seines Entschlusses, niemals wieder einem Kirchenmann zu vertrauen! Das bedeutete seinen sicheren Untergang.
    Schweiß lief Murdos Wangen und Stirn hinab. Mach ein Ende, dachte er. Töte mich, und zieh

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