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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Ich halte es für zu gefährlich weiterzuziehen.«
    »Was bist du nur für ein Mann, dass du beim ersten Anzeichen von Gefahr umkehrst«, rief Wela empört.
    Praane sah sie überrascht an, aber dann lächelte er und erwiderte: »Einer, der gelernt hat, im Femewald zu überleben, Schmiedin.«
    »Du hast es gelobt, Ore«, warf Awin ein.
    »Aber die Hirschjagd hat alles verändert.«
    »Alles? Oder nur den Preis?«, fragte Awin kühl.
    Praane lächelte wieder. »Ich habe keinen Preis verlangt, Yaman Awin. Ihr habt uns Frieden gebracht, ich gelobte, euch
durch den Wald zu führen. Nun habt ihr den Frieden des Waldes gebrochen, also sehe ich mich an mein Wort nicht mehr gebunden.«
    Awin nickte ernst und schwieg. Der gesamte Sger schloss sich diesem Schweigen an. Er verharrte darin wie ein Schwert in einer Scheide, so lange, bis auch Praane die stumme Drohung verstand. Er ließ sich jedoch nicht so leicht einschüchtern: »Ich habe nicht die Absicht, einen höheren Preis von euch zu fordern, Hakul, jedoch denke ich, dass vielleicht eine weitere angemessene Gegenleistung angebracht wäre.«
    »Und wie soll die aussehen, Akradhai?«, fragte Jeswin verbittert.
    »Ich werde darüber nachdenken und es euch sagen, wenn wir am Ziel sind.«
    »Und wenn uns deine Forderung nicht gefällt?«, fragte Jeswin weiter.
    »Ich halte euch für Männer von Ehre. Ihr werdet erkennen, dass ich nicht zu viel verlange. Denn auch ich habe Ehre.«
    »Das ist ein seltsamer Vorschlag, Ore«, sagte Awin.
    »Nehmt ihn an oder lehnt ihn ab. Ich habe keinen anderen.«
    Jeswin und Awin tauschten einen kurzen Blick aus. Dann erklärte Jeswin ruhig: »Wir nehmen ihn an.«
    Wela schnaubte verächtlich, aber Awin sandte ihr einen warnenden Blick, und sie schwieg. Er sah ihr an, wie schwer ihr das fiel.
    »Warum lasst ihr euch auf diesen Handel ein, Awin?«, fragte sie leise, als der Sger aufbrach. »Nachher verlangt dieser Bauer etwas, was ihr ihm eigentlich nicht geben wollt, aber ihr faselt dann sicher wieder irgendetwas von Ehre und gebt es ihm doch.«
    »Das ist möglich, Wela, Tuwins Tochter, doch glaube ich es nicht. Praane ist nicht dumm. Er weiß genau, wie weit er gehen kann.«

    »Du verteidigst ihn auch noch?«
    »Er ist im Recht, Wela. Dies ist ein fremdes Land. Nur er kann uns führen. Doch wie soll er das tun, wenn wir seinem Rat nicht folgen? Den Hirsch zu töten war ein Fehler. Raiwe hat dafür teuer bezahlt. Lass uns hoffen, dass es nicht noch schlimmer kommt.«
    Wela wirkte unzufrieden, aber sie setzten das Gespräch nicht fort, denn der Sger brach nun auf.
    Noch bis zum Mittag blieb der Föhrenwald licht genug, um zu reiten. Die Hakul waren bedrückt, weil sie einen Mann verloren hatten, über dessen Schicksal sie noch dazu im Unklaren waren. Die meiste Zeit über ritten sie schweigend, eine Hand immer an Bogen oder Schwert, und ihre Blicke wanderten unruhig zwischen den Bäumen umher. Awin schlug vor, Späher vorauszuschicken, aber Praane riet ihm ab: »Es könnte ihnen das gleiche Schicksal drohen wie eurem Jäger. Der beste Schutz, den wir haben, ist es, zusammenzubleiben. Die Unsichtbaren greifen größere Gruppen für gewöhnlich nicht an.«
    »Bist du dir da sicher, Ore?«, fragte Tuge.
    »Nein. Jedoch habe ich selbst schon zweimal eine kleine Schar durch diesen Wald geführt, und wir wurden nicht behelligt. Doch wer sich hier nur wenige Schritte von den anderen entfernt, wagt sein Leben. Ihr habt es erlebt.«
    »Aber du warst auch schon alleine hier unterwegs, oder?«, fragte Awin.
    Praane nickte. »Ein Mal, doch würde ich es nicht wieder tun.«
    Kurz nach Mittag rückten die Föhren wieder dichter zusammen, und die Hakul mussten absteigen und zu Fuß weiter. Praane und Nokke gingen mit Mahuk voran, immer nach Gefahren und Spuren Ausschau haltend. Awin gefiel der Wald nicht. Er schien jetzt viel älter zu sein als zuvor. Die Föhren waren knorrig und
ihre Äste vielfach verflochten, viele Bäume sahen krank aus, einige Fichten waren mit grauem Schimmel überzogen, und es roch modrig. Eine bedrückende Stille lag über dem Waldboden, der unter jedem ihrer Schritte nachgab. Hatten sie zuvor noch von dem einen oder anderen Hügelkamm einen Blick auf die schier endlose Weite des Waldes werfen können, so schienen sie jetzt in einem Talgrund gefangen, und Awins Blick, die Steppe gewohnt, ermüdete schnell im Gestrüpp der Bäume. Die Föhren wurden kurz darauf weniger und durch Arten abgelöst, die Awin nicht kannte. Praane murmelte

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