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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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ihm lief, konnte Awin ihn kaum noch erkennen.

    Awin rief ihn leise zu sich. »Sag, ist es möglich, dass du dir über unseren Weg nicht mehr im Klaren bist?«, fragte er.
    Praane starrte ihn an. »Ich bin fast sicher«, erwiderte er schließlich.
    Jeswin rief gereizt: »Bei Mareket! Weißt du nun, wo wir sind, oder weißt du es nicht?«
    Praane schwieg eine Weile, dann sagte er: »Ich habe versucht, uns zurück auf den Weg zu bringen, den wir gestern wegen des Baches verlassen mussten, und habe mich daher seit unserem Aufbruch eher rechts gehalten. Aber auf dieser Seite ist es kein Hohlweg mehr, und ich fürchte, wir haben ihn schon überquert, ohne es zu bemerken. Deshalb gehen wir nun ein wenig mehr in die andere Richtung. Vielleicht haben wir ihn nur um wenige Längen verfehlt, ja, vielleicht läuft er nur drei Schritte neben uns durch diesen Wald. Jedenfalls halten wir ungefähr unsere Richtung.«
    »Yeku lacht über uns«, verkündete Mahuk unvermittelt.
    Jeswin starrte ihn ausdruckslos an, und die beiden Akradhai schielten leicht beunruhigt auf den Stock mit den drei grob geschnitzten Gesichtern.
    »Warum lacht Yeku?«, fragte Awin.
    »Er sagt, wir gehen schon lange nicht mehr nach Norden.«
    Awin biss sich auf die Lippen. »Sondern?«, fragte er mit gezwungener Ruhe.
    »Er sagt, wir gehen im Kreis.«
    »Verflucht sei dieser Nebel, und verflucht dieser Stock, dass er uns das erst jetzt verrät«, rief Jeswin ungehalten.
    »Kann Yeku uns die Richtung weisen, Mahuk?«, fragte Awin.
    Der Raschtar schüttelte den Kopf. »Wir können ihm nicht trauen. Ihm gefällt es.«
    Awin seufzte. »Es hilft nichts, wir müssen weiter, denn bleiben können wir hier nicht.«

    Kaum hatten sie sich wieder in Bewegung gesetzt, als erneut Wolfsgeheul durch den Nebel wehte. Ein dunklerer Ruf antwortete, ein dritter fiel ein. Dann kam ein weiterer hinzu. Awin lief ein Schauer über den Rücken. Sie konnten nicht sehr weit weg sein.
    »Es ist Sommer, da fallen sie niemals Menschen an«, meinte Lamban, aber er klang unsicher.
    »So, wie es im Sommer auch nicht solchen Nebel gibt?«, fragte Tuge gereizt.
    »Lamban hat Recht«, behauptete Awin, und er bemühte sich, Zuversicht in seine Stimme zu legen.
    »Sie werden genauso blind sein wie wir. Deshalb heulen sie«, sprang ihm Jeswin bei.
    Das Heulen verklang.
    »Weiter«, rief Praane.
    Awin legte die Hand auf sein Schwert und folgte den Schemen, die vor ihm durch den schweren, weißen Dunst marschierten. Er war jetzt fast mit Händen zu greifen, und die Bewegungen der Männer verursachten kleine Wirbel darin. Awin hörte Mahuk mit den Akradhai leise über den richtigen Weg sprechen, aber er begriff, dass sie eigentlich nur noch rieten. Sie tasteten sich wie Blinde durch das Gewirr von schwarzen Baumstämmen. Irgendwann berieten die Führer sich auch nicht mehr, und die bedrückende Stille, in der jeder Huftritt und jeder Atemzug unnatürlich laut klang, schien sich immer enger um sie zusammenzuziehen. Awin lauschte auf die Geräusche. Die Wölfe heulten wieder. Manchmal schienen sie vor, dann hinter ihnen, bald auf allen Seiten zu sein. Awin konnte die drei Männer an der Spitze kaum noch sehen, und nur Mahuks Pferd gab ihm die Gewissheit, dass er ihnen noch folgte. Einmal hielt er sogar schon einen abgeknickten Baumstamm für einen der Akradhai, der aus irgendeinem Grund stehen geblieben war. Er
bemerkte seinen Irrtum erst, als er ihn fast berühren konnte. Wenn er sich umwandte, konnte er noch Jeswin, Tuge und ihre Pferde sehen, dahinter löste sich alles in Weiß auf. Awin biss die Zähne zusammen. Er wollte nicht darüber nachdenken, welche Ursachen dieser seltsame Dunst haben konnte, er wollte nicht wissen, ob die Wölfe näher kamen oder nicht, er wollte diesen Nebel nur noch hinter sich lassen.
    Er war müde und konnte nicht einmal schätzen, wie lange sie nun schon durch diese weißen Schleier wanderten. Mahuk schien ebenfalls eine Pause zu brauchen, denn sein Pferd blieb stehen. Dankbar nutzte Awin die kleine Rast, um durchzuschnaufen. Er versuchte, sich klarzumachen, dass auch dieser Nebel irgendwann ein Ende haben würde, aber er konnte sich nicht einmal selbst überzeugen. Er ging weiter, um nachzusehen, warum Mahuk gehalten hatte, und stand plötzlich vor einem Busch, dessen Umriss er für Mahuks Pferd gehalten hatte. Mehr verblüfft als erschrocken blieb er stehen. Er drehte sich um, um Tuge oder Jeswin von seinem Irrtum zu berichten, aber dort war niemand. Awins Herz

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