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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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fürchtete«, sagte Praane leise, als Awin noch einmal auf die Menschenopfer zu sprechen kam. »Dann muss ich umkehren und die Meinen warnen. Mittsommer ist doch nicht mehr fern.«
    Awin schüttelte den Kopf. »Diesen Sommer wird sie euren Hof verschonen, Ore, das hat sie mir versprochen.«
    Praane sah ihn kurz nachdenklich an, dann erwiderte er: »Dann wird sie sich irgendwo anders ein Opfer holen, und es wird vermutlich ein Akradhai, also jemand aus meinem Volk sein. Vielleicht sollten wir der Sache ein Ende machen, alle Männer zusammenrufen und dieses Übel ausmerzen.«
    »Es würde euch kaum gelingen, Ore«, warf Merege ein. »Ihr würdet sie nicht einmal finden, wenn sie es nicht will. Denke an den Nebel! Wenn ihr sie aber findet, würdet ihr es bereuen. Sie ist sehr mächtig, vergiss das nicht.«
    Praane seufzte. »Verflucht soll sie sein, und verflucht seien auch die Kornländer, die uns zwingen, in Reichweite ihrer Klauen zu leben!«

Jurma
    BALD DARAUF HÖRTEN sie in der Ferne ein lautes Brausen, das Awin nicht einordnen konnte.
    »Das sind die großen Stromschnellen der Jurma«, erklärte ihm Praane, »von hier ist es nicht mehr weit bis zu den Holzplätzen von Luuta.«
    Der Ore behielt Recht. Sie bekamen den Fluss nicht zu sehen, aber das Rauschen begleitete sie eine ganze Weile. Als es allmählich verklang, wurde das Blätterdach schnell lichter, dann tauchte unvermittelt eine helle Linie vor ihnen auf - sie hatten den Waldrand erreicht. Die Hakul atmeten auf.
    »Endlich wieder freier Himmel, ich konnte ihn mir schon gar nicht mehr vorstellen«, sagte Tuge.
    Vor ihnen lag eine große Rodung, und Hunderte Baumstümpfe zeigten an, dass sich hier die Äxte der Akradhai unermüdlich in den Wald fraßen. Gefällte Baumstämme lagen kreuz und quer. Einige waren entastet, andere noch nicht. Etwas weiter glitzerte in ausladender Breite das Wasser der Jurma. Awin hatte noch nie einen so großen Fluss gesehen.
    »Wo sind die Männer, die diese Bäume fällten?«, fragte Jeswin.
    »Und wo ist die Stadt, die du mir versprochen hast, Praane?«, fragte Wela.
    Ore Praane lächelte. »Die Stadt liegt auf der anderen Seite des Flusses, und die Arbeiter kommen erst mit dem Sonnenaufgang in den Wald. Beides hat denselben Grund - sie fürchten die Unsichtbaren und die Behüterin. Sie werden sehr staunen, dass du ihr begegnet bist, Yaman Awin.«

    Awin betrachtete das Durcheinander gefällter Bäume. Er konnte sich gut vorstellen, dass Norgis dieser Anblick nicht gefallen würde. Die Akradhai hatten Grund, ihren Zorn zu fürchten.
    »Gibt es denn hier eine Brücke?«, fragte er.
    »Nein, doch überqueren die Holzfäller mit Flößen und Booten den Fluss. Auf diese Weise könnt auch ihr auf die andere Seite gelangen. Jedoch müssen wir uns noch etwas gedulden. Die Sonne ist zwar gerade aufgegangen, aber an den langen Tagen vor Mittsommer werden die Männer ein wenig später hier eintreffen.«
    Sie lagerten am Ufer, und staunend betrachteten die Hakul das Werk, das die Akradhai hier vollbracht hatten. Unzählige Stämme lagen am Ufer, mit Bastseilen zu großen Flößen vertäut, und weitere grob behauene Bäume waren bereit, den Flößen noch hinzugefügt zu werden. Nokke erklärte ihnen, wie das gemacht wurde, und sie erfuhren bei dieser Gelegenheit, dass er aus Luuta stammte. »Mein Vater war nur ein einfacher Holzfäller und Flößer, aber auch ihm erlaubten die Ältesten nicht, mehr als zwei Söhne auf der anderen Seite des Flusses aufzuziehen. Nun war ich zwar der Älteste, doch dieser Buckel über meiner Schulter verhinderte, dass ich das Handwerk meiner Vorfahren erlernen konnte. Also ging ich freiwillig ins Grünland. Ich wäre sicher zugrunde gegangen, wenn Ore Praane mich nicht aufgelesen und als Jäger mit in den Wald genommen hätte.«
    »Praane hat dich aufgenommen? Er scheint ein großes Herz zu haben«, meinte Wela.
    »Das hat er, Heilerin, auch wenn er es gerne versteckt.«
    »Aber was werdet ihr tun, Nokke, jetzt, da ihr wisst, dass die Behüterin Blutzoll von euch fordert?«, fragte Awin.
    Nokke zuckte mit den Schultern. »Ich habe mit Praane darüber
gesprochen. Vielleicht werden wir im Grünland einen der zerstörten Höfe wieder aufbauen, vielleicht werden wir aber auch im Femewald bleiben. Wir kennen nun die gefährliche Zeit und werden uns in Acht nehmen.«
    »Wie tapfer ihr seid!«, rief Wela.
    »Oder dumm«, warf Tuge mürrisch ein. Seine Verletzung schmerzte ihn offensichtlich immer noch. Während der

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