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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Freund?«
    »Wenn du es sagst, ehrwürdiger Blohetan«, erwiderte der Yaman des Weißen Wolfs ruhig. Er hatte nicht mit der Wimper
gezuckt, als Awin davon gesprochen hatte, das Heer aufzuhalten.
    »Und vielleicht haben wir dann einen Feind, der es wert ist, dass wir ihn besiegen!«, rief Blohetan. Er wischte mit einer Hand einige bronzene Becher vom Tisch, die mit hellem Klang über den Boden davonsprangen, und starrte ihnen hinterher, bis der letzte wieder zur Ruhe gekommen war. »Wie diese Becher sind sie, diese Bauern. Kämpfen nicht, verkriechen sich. Laufen davon. Ist es nicht so, Wesgian?«
    »So ist es, ehrwürdiger Blohetan. Doch sollte das kein Anlass sein, in unserer Wachsamkeit nachzulassen. Die Akradhai sind uns in dieser Stadt doch sicher drei- oder vierfach überlegen«, erwiderte Wesgian.
    »Bauern«, sagte Blohetan und ließ sich in seinen Sitz fallen. Er schnaufte einmal, als müsse er sich von der Anstrengung der vielen Worte erholen, dann schloss er die Augen, und sein Kopf sackte auf die Brust. Yaman Blohetan, Befehlshaber der Stadt Karno, war eingeschlafen. Awin starrte ihn an. Es war schwer zu glauben, dass das noch derselbe bedächtige Klan-Älteste war, den er am Sichelsee kennengelernt hatte.
    »Wie ich sagte, Yaman Awin, die Dinge sind nicht, wie sie sein sollten«, murmelte Wesgian und spuckte noch einmal aus, bevor er sich umdrehte und die Halle verließ. Awin sah auch keinen Grund, länger zu verweilen, und folgte dem Yaman.
    Draußen auf dem Platz schlug Merege vor, sich die Boote im Hafen anzusehen. Unterwegs erfuhr Awin, dass etwa die Hälfte der Hakul außerhalb der Stadt lagerte.
    »Jenseits der Stadtmauer gibt es einen großen Platz, wo sie das Holz, das aus dem Süden herangeflößt wird, anlanden«, erklärte Wesgian. »Dort lagern jene von uns, die noch wissen, dass ein Hakul kein Dach über dem Kopf haben sollte, wenn er gut schlafen will. Außerdem ist dort Platz für unsere Pferde.
Mancher Krieger hat sein Ross jedoch mit in die Hütte geführt, die er einem unglücklichen Akradhai weggenommen hat. Es bleibt dir überlassen, ob du dein Pferd lieber auf eine Wiese oder unter so ein Strohdach stellen willst.«
    Awin nickte. Sie ritten durch eine schmale Gasse zum Hafen. Awin bemerkte viele hasserfüllte Blicke und geballte Fäuste, als sie zum Fluss zogen. Eine Frauenstimme schrie »Verräter!«, und es war klar, dass ihr Ruf Praane galt, der neben Wela herlief.
    Der Hafen war nicht sehr groß. Zwei Dutzend plumper Fischerboote lagen dort, dazwischen noch zahlreichere kleine Schilfboote, dicht an dicht ans Ufer gezogen. Einige Hakul bewachten sie, und Awin sah viele Akradhai, die sie mit verschränkten Armen beobachteten.
    »Am besten, ihr überlasst es mir, zu fragen, ob einer der Fischer uns ins Schneeland bringt«, sagte Merege.
    Awin nickte. Als Hakul hatte er hier nicht viel Entgegenkommen zu erwarten. Dann hatte er einen Einfall. »Nimm Mabak mit, Merege. Er soll den Fischern ruhig erzählen, mit wem sie es zu tun haben. Es mag helfen, sie zu überzeugen.«
    Merege lächelte, und Mabak platzte fast vor Stolz, als er diesen wichtigen Auftrag erhielt.
    »Sag, Wesgian«, fragte Awin, als Merege zu den Fischern hinüberschlenderte, »wie hat Eri das Heer eigentlich auf die andere Seite dieses Flusses gebracht?«
    Der Alte grinste. »Komm, ich zeige dir das größte Wunder dieser Stadt.« Dann führte er sie auf die andere Seite des Hafens. Dort wuchs ein langer Damm hinaus in den Fluss, der von einem klotzigen Turm gekrönt war, und unterhalb dieses Dammes gab es etwas, das Awin noch nie gesehen hatte. Es wirkte beinahe wie ein Floß, war aber länger und schmaler.
    »Was ist das?«, fragte er, da er sich keinen Reim darauf machen konnte.

    »Eine Fähre. Siehst du das Seil, das hier aus dem Turm ins Wasser läuft? Und siehst du ferner dort drüben diesen zweiten Turm, auf der Insel im Fluss? Dort endet dieses Seil, mit dem sie die Fähre hinüberziehen, wenn sie übersetzen, um im Marschland nach Bernstein zu suchen. Und mit dem Seil kann sich die Fähre gegen die Strömung behaupten.«
    »Aber damit kommen sie doch nur bis zur Mitte des Stromes«, warf Tuge ein.
    »Es gibt eine zweite Fähre auf der anderen Seite der Insel, aber du kannst sie von hier aus nicht sehen.«
    »Und damit hat Eri den Fluss überquert?«
    »Den ganzen Tag und die ganze Nacht mussten die Fährmänner schuften, denn viel mehr als hundert Reiter kann dieses Ding nicht aufnehmen. Aber am Ende war das

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