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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Hände an den Bögen. Wesgian mochte sich leutselig geben, aber es war noch nicht gesagt, dass dieses Treffen friedlich enden würde.
    »Zunächst will ich nach Karno, Yaman Wesgian. Kannst du mir sagen, wie die Dinge dort stehen?«, fragte Awin.
    »Vielleicht sollte ich das nicht tun, denn du giltst im Heer
als Abtrünniger, Yaman Awin.« Wieder spuckte Wesgian aus, bevor er fortfuhr: »Andererseits ist mir das ziemlich gleich, denn die Dinge sind nicht, wie sie sein sollten. Wir haben das Land der Akradhai siegreich durchquert, und nun verlassen wir es wieder - ohne Beute?« Zum dritten Mal spuckte der Alte aus. Erst jetzt bemerkte Awin, dass die beiden ledigen Pferde schwer beladen waren. Was genau sie trugen, war nicht zu erkennen, denn die Beute war in Wolfsfelle gewickelt.
    Mit viel Verbitterung in der Stimme fuhr der Yaman des Wolf-Klans fort: »Eri mag große Pläne haben, aber ich finde, er vergisst darüber den guten alten Brauch der Hakul. Karno ist genommen und besetzt. Besetzt, aber nicht geplündert, Yaman Awin, wenn du dir das vorstellen kannst! Yaman Blohetan muss die Stadt mit einigen Hundert Hakul halten, bis der Tiudhan siegreich aus dem Schneeland zurückkehrt und uns zu noch ruhmreicheren Siegen in noch fernere Länder führt. Uns hat er zurückgelassen, also sitzen wir seit beinahe einer Woche in diesem elenden Fischernest und warten. Aber ein paar von uns haben die Dinge jetzt selbst in die Hand genommen. Eri und seine Zauberer haben uns wenig Zeit gegeben, die Früchte unserer vielen leichten Siege einzufahren - das holen wir nun nach.«
    »Der Älteste Blohetan befehligt die Stadt?«, fragte Awin überrascht.
    »Man stelle es sich vor!«, rief Wesgian. »Dieser Mann, vor einem halben Jahr nur ein einfacher Ältester eines aussterbenden Klans, nennt sich nun Meister einer ganzen Stadt und Yaman des ruhmreichen Klans der Schwarzen Berge!«
    Es war wirklich seltsam, das zu hören. Schließlich war das der Klan von Yaman Aryak gewesen, der Klan, in dem Awin aufgewachsen war. Doch hatten die wenigen Krieger, die die Kämpfe des vergangenen Jahres überlebt hatten, den Klan
verlassen, um Awin zu folgen, und fremde Männer ritten nun unter dem Sgertan mit dem schwarzen Dreieck.
    »Ich kenne Blohetan gut«, sagte Awin, »und ich denke, ich will mit ihm sprechen.«
    Wesgian sah ihn lauernd an. »So müssen wir heute nicht kämpfen?«, fragte er.
    Awin nickte. »Wir können in Frieden miteinander reiten, Yaman Wesgian, und ich hoffe, das können wir auch morgen noch.«
    Erst jetzt entspannten sich die Krieger beider Seiten, und gemeinsam setzten sie ihren Weg nach Karno fort. Awin fragte sich, ob alle zurückgelassenen Hakul so unzufrieden waren wie der Yaman des Wolfs. Eri hatte sein Heer also geteilt, aber wenn er Hunderte zurückgelassen hatte, waren immer noch Tausende mit ihm.
     
    Bald erhob sich die Stadt aus der Ebene. Karno lag auf einem niedrigen Plateau, der einzigen Erhebung weit und breit. Ein hoher, von einer Mauer gekrönter Erdwall schützte sie. Langsam ritten sie näher, und Awin suchte die Stelle, an der die Hakul den Wall überwunden hatten, aber er fand sie nicht. »Wie seid ihr in die Stadt gelangt?«, fragte er Yaman Wesgian schließlich.
    »Nicht durch harten, ehrlichen Kampf, Yaman Awin, das muss ich zugeben«, sagte der Alte. »Das Zauberweib hat sie für uns genommen. Sie ging in der ersten Nacht der Belagerung zum Tor, ganz allein, und sprach mit den Wächtern. Und die öffneten uns. Sie sind mächtig, diese Zauberer. Der Starke hat die Mauern von Borre eingerissen, und seine Schwester hat nun durch sanfte Überredung diese Festung erobert. Denn als das Tor offen war, da stürmten wir die Stadt, und die Akradhai verließ der Mut. Sie ergaben sich, und so war nur eine Handvoll
Toter zu beklagen. Leider hat das Zauberweib versprochen, dass wir nicht plündern würden, und so sitzen wir nun auf großem Reichtum, den wir nicht antasten dürfen.« Sie erreichten das Tor, das von einer Handvoll Krieger nachlässig bewacht wurde. Sie fragten nicht einmal nach ihren Namen, vermutlich gingen sie davon aus, dass auch Awins Sger zu Eris Hereban gehörte.
    Awin konnte spüren, dass Wela, die dicht hinter ihm ritt, vor Ungeduld bereits platzte. Nun überquerten sie endlich die Schwelle des Stadttores. Awin wandte sich kurz um - und sah die Enttäuschung in Welas Gesicht. Sie hatte von den Städten der Akkesch und Viramatai gehört, stolze und schöne Siedlungen aus festem Stein mit hohen

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