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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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war.
    »Sie liegt wohl noch weiter westlich. Auf, Hakul, wir müssen uns beeilen, weiter weicht das Meer nicht zurück«, rief Merege.
    Sie jagten nach Westen, bis sie schließlich in der Ferne Land jenseits des Meeres ausmachen konnten.
    »Das ist weit, Merege«, gab Awin vorsichtig zu bedenken.
    »Doch man sagt, dass ein schneller Fußgänger diesen Weg bewältigen kann«, erwiderte die Kariwa.
    Awin sah in die zweifelnden Gesichter seiner Gefährten. Die Flut hatte wieder eingesetzt, das hatte Merege selbst gesagt. Doch wenn er es richtig verstand, bot sich diese Gelegenheit nur jeden halben Tag - und sie hatten keine Zeit zu verlieren.
    »Seht!«, rief Wela, »ist dort nicht ein Reiter?«
    Jetzt sah Awin ihn auch. Eine graue Gestalt auf einem Pferd. »Isparra«, murmelte er.
    »Wir sind doch wohl schneller als diese Alfskrole«, rief er seinen Gefährten zu. »Auf, Hakul!«
    Und dann jagten sie ihre Pferde hinaus in das Watt. Zunächst war der Boden noch fest, aber bald war es aus mit der schnellen Jagd, denn der Grund unter den Hufen der Pferde wurde nachgiebig und morastig, und schließlich kamen sie nur noch im Schritt voran. Awin trieb sie weiter zur Eile. Der grüne Streifen in der Ferne schien kaum näher gerückt, und er sah weiter vorne schon wieder offenes Wasser. Die Strecke, die vor ihnen
lag, war bedeutend länger, als die, die sie bisher zurückgelegt hatten. Die Männer wurden unsicher.
    »Es ist nicht tief, weiter, Hakul, weiter«, drängte Merege die Zögernden. Also quälten sie sich weiter durch den tiefen Schlick. Die Pferde waren schon ermüdet, aber sie trieben sie an. Irgendwann blickte Awin zurück. Ore Praane war kein geübter Reiter, und er war ein Stück zurückgefallen. Wela war bei ihm geblieben. Das Meer stieg, es umspülte die Beine der Pferde, die immer tiefer im Morast zu versinken schienen, und immer noch war das Land weit entfernt.
    »Da, Awin, sieh!«, rief Tuge plötzlich und deutete ins Wasser.
    Da waren sie: Die Leichen der Pferde und Reiter, die Awin in seinen Gesichten gesehen hatte. Sie trieben im tiefen Wasser heran und es waren mehr als in seinen Traumbildern, ein gutes Dutzend.
    »Die Ebbe muss sie aus der Bucht gezogen haben, nun bringt die Flut sie zurück«, erklärte Merege nüchtern.
    Awin wandte sich schaudernd ab. »Weiter, Hakul, weiter«, trieb er die anderen zur Eile.
    Er fand unfassbar, wie schnell das Wasser stieg. Lamban überholte ihn mit seinen Kriegern. Awin drehte sich immer wieder um. Ore Praane und Wela waren weit zurückgeblieben. Das Pferd des Ore schien nicht weiterzuwollen. Es blieb einfach stehen. Vielleicht scheute es vor den Leichen zurück, die die Strömung langsam herantrug.
    »Halte dich an deinen eigenen Rat und eile, Hakul, du kannst ihnen nicht helfen«, flüsterte Isparra. Sie schien an Land auf die Hakul zu warten. Awin biss die Zähne zusammen und blieb, wo er war. Da - Praane sprang ab, kämpfte sich durchs Wasser und zwischen toten Körpern hindurch bis zu Wela, die ihm nun die Hand reichte und ihn auf ihr Pferd zog. Er konnte das Wiehern
des Tieres hören, das nun doppelte Last durch den tiefen Schlick zu schleppen hatte. Aber sie kamen wenigstens weiter voran. Die Flut war jedoch schneller. Awins Pferd schnaubte. Es spürte die Gefahr.
    »Reite weiter, Awin, warte nicht auf uns!«, rief Wela ihm von weitem zu.
    Aber Awin wartete. Das Wasser umspülte bereits seine Stiefel, als Wela und der Ore endlich aufgeschlossen hatten. Awin nickte ihnen zu und blieb an ihrer Seite. Sie trieben ihre Tiere zur Eile. Das Land war immer noch fern, Lamban und seine Krieger schienen es fast erreicht zu haben. Doch Awin zweifelte, dass sie selbst es schaffen würden. »Vielleicht müssen wir schwimmen«, rief er Wela zu.
    »Aber ich kann nicht schwimmen, Awin«, rief sie zurück.
    »Haltet euch an deinem Pferd fest, es wird euch tragen«, riet er, der er selbst genauso wenig schwimmen konnte. Schon reichte das Wasser den Pferden bis zur Brust, dann verloren sie den Boden unter den Hufen. Angstvoll stöhnten sie auf und begannen zu schwimmen. Awin glitt ins Wasser und hielt sich am Sattel fest. Sein Mantel sog sich voll und wurde schwerer und schwerer, doch dann, endlich, stieg der Grund wieder an. Die Pferde fassten Tritt, und Awin zog sich zurück in den Sattel. Keuchend und völlig erschöpft trug ihn sein Tier an den Strand. Praane und Wela stolperten hinter Welas Pferd her an Land und ließen sich hustend und keuchend in den dunklen Sand fallen.

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