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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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aber willst du von unseren angeblich so berühmten Männern, Schneetochter?«
    »Ein Boot. Denn wir müssen ins Schneeland, und zwar
schneller als das feindliche Heer, das durch das Marschland zieht, ehrwürdige Ese«, erklärte Merege knapp und ruhig.
    »Das Heer? Wir haben es gesehen«, murmelte Nerne in sich gekehrt. »Viele Feuer drüben in der Marsch. Doch was geht uns das an? Gar nichts, nicht wahr?«
    Jetzt übernahm Awin wieder das Reden: »Es geht euch sehr wohl etwas an, ehrwürdige Mutter Nerne, doch bedarf es hierzu einer langen Erklärung, und es wäre unhöflich von uns, sie dir vom Sattel aus zu geben.«
    »Hakul. Brandreiter«, murmelte Nerne, aber dann schnaubte sie und sagte: »Dann steigt ab von euren Tieren und kommt, wenn ihr so viel zu erzählen habt von der Welt da draußen, die uns nicht kümmert, so wie wir sie nicht kümmern.«
    Das war alles andere als eine herzliche oder ermutigende Einladung, aber sie nahmen sie an und folgten der Ersten des Dorfes in eine der Hütten. In der Mitte brannte ein kleines Feuer, das nur wenig Licht in die Schatten des weiten Runds warf. Es gab eine Öffnung im Dach, durch die der Rauch abzog - andere Öffnungen, Fenster oder weitere Türen gab es jedoch nicht. Große zusammengenähte Decken waren an langen Seilen an den Dachsparren befestigt. Sie trennten einen Bereich von der übrigen Hütte ab. Awin sah einige Kindergesichter, die hinter diesen Decken hervorlugten. Felle hingen an den Wänden und waren hier und dort über den Boden ausgebreitet. Awin fragte sich, wie viele Menschen hier wohnen mochten. Sie wurden erwartet. Acht Frauen saßen im weiten Halbkreis am Feuer. Sie alle sahen Nerne mehr oder weniger ähnlich, waren klein und sehr kräftig, einige sogar dick, und sie alle hatten die runden Gesichter der Ese. Stumm starrten sie die Fremden an, die ihre Hütte nun betraten und von Nerne einfach nur als »drei Fremde«, vorgestellt wurden. Eine der Frauen stand auf und machte sich an einem Topf zu schaffen,
den sie mit Kräutern und Wasser füllte und über das Feuer hängte. Bald roch es nach Rauch und Sud, und Nerne forderte Awin auf, sein Anliegen noch einmal zu erläutern. »Und ich bin sehr gespannt, ob es uns wirklich etwas angeht, wie du sagst, denn vorstellen kann ich es mir nicht.«
    Also erzählte Awin vom Tor der Daimonen und von den vier Alfskrolen, die ein ganzes Heer dorthin führten, um es zu öffnen und all die anderen, seit Jahrtausenden verbannten dunklen Daimonen und Unholde freizulassen. »Sie werden über die ganze Welt ausschwärmen, ehrwürdige Nerne, denn sie wollen zurück, was ihnen einst gehörte, und für Menschen wird kein Platz mehr sein. Ich fürchte, sie werden auch hierherkommen.«
    »Berke wird uns schützen«, erwiderte Nerne mit fester Stimme. Die Frauen murmelten zustimmend.
    Awin nahm an, dass das die dreibrüstige Göttin war, deren Bildnis er draußen bestaunt hatte.
    »Vielleicht«, sagte er vorsichtig, denn er wollte die Frauen keinesfalls durch seinen Unglauben beleidigen.
    »Du zweifelst?«, fragte Nerne.
    Awin nickte. »Starke und dunkle Mächte sind es, die hinter dem Skroltor auf den Tag ihrer Befreiung warten. Ich weiß nicht, ob eine einzelne Göttin ihnen Einhalt gebieten kann - oder will.«
    Die Frauen raunten einander aufgeregt zu.
    »Niemand weiß, was die Götter wollen, Fremder«, sagte Nerne schließlich. »Du willst also ein Boot, um die Windskrole und ein ganzes Heer aufzuhalten? Du, mit deinen wenigen Gefährten?«
    Awin nickte schlicht. Ihm war klar, dass es sich für diese Frauen anhören musste, als habe er den Verstand verloren.
    »Du sollst eines bekommen, Brandreiter«, sagte Nerne zu
Awins völliger Überraschung. Er konnte Praane und Merege ansehen, dass sie ebenso verblüfft waren wie er selbst, was ihrer Gastgeberin wiederum großes Vergnügen zu bereiten schien. Sie lachte wieder ihr fettes Lachen und rief: »Seht sie euch an! Sie sind es wohl nicht gewohnt, dass ihre Wünsche erfüllt werden!«
    »Das ist sehr großzügig von euch«, erklärte Awin, »und es ist wahr, dass wir nicht oft solcher Großzügigkeit begegnet sind.«
    »Wir wollen jedoch auch etwas dafür, Fremder«, fügte die Frau jetzt ernst hinzu. »Ich rieche Gefahr. Und wenn wir unser Boot und unsere Männer in Gefahr bringen, wollen wir eine Entschädigung.«
    »Und was können wir euch anbieten, ehrwürdige Nerne?«, erwiderte er und unterdrückte dabei ein Seufzen. Viel besaßen sie nicht.
    »Ein Boot können wir

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