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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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bald einholen. Und vielleicht kannst du mit Edhils Hilfe die Sache schon im Grünland zu einem guten Ende führen.«
    Awin entging nicht, dass die Fürstrichterin damit nebenher zum Ausdruck brachte, dass sie den Besuch des Orakels immer noch für Zeitverschwendung hielt. Er würde dennoch nicht auf geradem Weg nach Norden reiten, denn er musste nach Tiugar, auch wenn die Prawani das nicht verstand.

    Noch im Morgengrauen brachte die Brami ein Wein- und Fleischopfer auf dem weißen Platz und erflehte den Segen der Götter für Awins Schar. Dann verabschiedeten sich die Hakul von denen, die zurückblieben. Tuge sprach mit seinem Sohn Karak, Mabak verabschiedete sich mit vielen Umarmungen von der weinenden Niwa, und Awin sprach leise mit Gunwa. Sie wünschte ihm für seinen Weg alles Gute: »Ich möchte, dass du heil zurückkommst, kleiner Bruder«, sagte sie. »Und ich wünsche, dass du auch die anderen Männer und Frauen aus deinem Sger heil zurückbringst. Aber vor allem bitte ich dich, auf Limdin und Dare zu achten. Sie sind so kühn.«
    Awin versprach es und sah mit einer gewissen Verwunderung, dass sich seine Schwester von den beiden Enkeln Harmins in jeweils gleicher Innigkeit verabschiedete. Sie schien sich wirklich nicht entscheiden zu können, welchen der beiden sie lieber mochte. Wela erschien als Letzte auf dem Platz. Sie trug eine lange Lanze, unter deren eiserner Spitze ein Sgertan baumelte. Es war aus Bronze, und Awin sah, dass ein Zeichen darauf gemalt war. Es war ein schlanker schwarzer Strich, von dem ein spitzes Dreieck nach links, und ein weiteres, etwas darunter, nach rechts wies.
    »Die schwarzen Dornen, es ist das Zeichen unseres Klans, Awin«, erklärte Wela auf seinen fragenden Blick hin. »Es hat mich schon immer gestört, dass wir keine Sgerlanze hatten.«
    Awin betrachtete die Bronzescheibe. »Wann hast du es angefertigt?«, fragte er.
    »In der Nacht. Jetzt, da das Ende der Welt droht, haben die Sonnentöchter nichts mehr dagegen, dass ich ihre Schmiede benutze. Wäre ihnen das früher eingefallen, hätte ich sicher das eine oder andere über die Kunst des Eisenschmiedens lernen können.«
    »Ich hoffe, du wirst dazu später noch viel Gelegenheit
haben, Wela, aber eines möchte ich dir sagen: Dieses Sgertan, das du gemacht hast, und dieses Zeichen, das du für unseren Klan gefunden hast - es gefällt mir. Ich denke, wir können stolz darauf sein, unter diesem Zeichen zu reiten.«
    »Das ist ja wohl auch das Wenigste«, sagte Wela mit schlecht gespielter Bescheidenheit, und ihr Gesicht strahlte.
    Dann waren die Opfer dargebracht, die Abschiede genommen und die kleine Schar konnte sich endlich in Bewegung setzen. Wela richtete die Sgerlanze auf, und sie verließen die Festung, die ihnen nun für mehr als zwei Monde eine Heimstatt gewesen war, in langsamem Trab.
    »Glaubst du, wir kommen zurück, Awin?«, fragte Tuge.
    Awin blickte sich um. Er vermeinte, auf der Mauer die Umrisse von Gunwa, Niwa und Karak zu sehen. Sie winkten. Dann ertönte ein wehmütiges Horn als Abschiedsgruß.
    »Natürlich kehren wir zurück, Tuge«, erwiderte Awin, denn er war der Yaman dieses kleinen Sgers, und er durfte von nun an keine Spur des Zweifels oder der Schwäche mehr zeigen.
    »Aber sicher nicht alle«, gab der Bogner düster zurück.
     
    Sie hielten sich dicht unter den Bergen, denn dort war die Wahrscheinlichkeit gering, auf Hakul zu treffen, die für ihre Herden die weite Ebene bevorzugten. Mahuk Raschtar konnte nicht genau sagen, wie weit es nach Tiugar war: »Ich war zu Fuß. In den Bergen. Nicht auf diesem Daimon, den ihr Pferd nennt. Yeku hasst ihn.«
    »Aber du weißt, wo wir den geheimen Pfad finden, der uns zum Orakel führt?«
    »Achtet auf einen Berg mit drei Spitzen. Die mittlere ist die niedrigste. Dort liegt der Anfang«, antwortete der Raschtar.
    Sie ritten zügig immer nach Norden, und von Tag zu Tag hielt sich Mahuk ein wenig besser im Sattel. Am ersten Abend
mussten sie ihn noch von seinem Pferd heben, denn da war er ganz steif und auch wund geritten, aber dann zog er eine geheimnisvolle Salbe aus seinem großen Beutel, die seine Leiden linderte. Zur Belustigung der Hakul führte der Ussar auch einen kleinen Holzkäfig mit, in dem er zwei Tauben hielt. Sie fragten ihn, was er mit den Vögeln vorhabe, ob sie etwa auch für eine seiner gefürchteten Salben gedacht waren. Aber Mahuk beantwortete den Spott nur mit einem geheimnisvollen Lächeln und klammerte sich schweigend weiter an die

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