Der Sohn des Sehers 03 - Renegat
vorbeikommen, die doch sicher dort stehen werden?«
Awin warf einen fragenden Blick zu Merege, hatte sie doch schon mehr als einmal mit Zauberkraft dafür gesorgt, dass sie unüberwindliche Hindernisse bezwangen. Merege blickte ihn ernst an - und dann schüttelte sie den Kopf.
»Yeku und ich, wir kennen einen Weg«, meldete sich Mahuk Raschtar plötzlich zu Wort, und auf die erstaunten Blicke der Hakul hin erklärte er: »Wir gehen nicht nur für Kräuter in die Berge. Es gibt viele Geheimnisse dort. Eines ist ein Weg.«
»Ein Weg in die Stadt, den die Hakul nicht kennen?«, fragte Tuge zweifelnd.
»Nicht in die Stadt. Aber in die Berge, zu den weißen Pferden«, erwiderte Mahuk mit einem zufriedenen Grinsen.
Die Prawani hatte längere Zeit geschwiegen, aber ihre Augen ruhten unverwandt auf Awin, so durchdringend, als versuche sie, seine Gedanken zu lesen. Jetzt sagte sie: »Wenn du nach Tiugar gehst, wirst du Zeit verlieren, Yaman. Und du solltest versuchen, das Heer so schnell wie möglich einzuholen.«
Awin schüttelte den Kopf: »Ich muss wissen, was Eri …«
Kalya unterbrach ihn: »Es ist ein großes Heer mit vielen Männern, die sich bei ihrem Vormarsch weit über das Land verteilen werden. Du wirst sicher einen von diesen Kriegern fragen können, was Eri ihnen versprochen hat.«
»Nun, ehrwürdige Prawani. Es ist mein Sger. Und ich entscheide, welchen Weg er einschlägt!«, fuhr Awin sie wütend an.
Die Fürstrichterin zuckte überrascht zurück. Sie starrte ihn finster an und antwortete: »Ich sehe, du bist fest entschlossen, Hakul. Das ist gut, denn diese Entschlossenheit wirst du noch brauchen. Dennoch halte ich diesen Umweg für töricht.«
Damit war die Beratung zu Ende. Tuge und Wela fragten Awin anschließend nach dem Grund für seinen Wutausbruch, aber er wich dieser Frage aus, weil er ihnen nicht sagen wollte, warum es ihn in Wahrheit nach Tiugar zog.
Es galt, einige Entscheidungen zu treffen, bevor sie aufbrechen konnten. Es stand fest, dass alle Krieger vom Klan der Dolche Awin begleiten wollten. Awin unternahm auch keinen Versuch, Wela von ihrem Wunsch abzuhalten, sich ihnen anzuschließen. Sie war die Schmiedin und Heilerin ihres Klans und hatte bei vergangenen Gefahren gezeigt, dass sie selbst neben den besten Kriegern bestehen konnte. Awin hatte das versteckte Lächeln der Fürstrichterin bemerkt, als er von »allen Kriegern« seines Klans gesprochen hatte. Das war kein Wunder, denn neben ihm, Tuge und Wela waren das nur noch der junge Mabak und Karak, der Sohn Tuges, den sie wie Awins Schwester Gunwa aus den Fängen Slahans befreit hatten. Limdin und Dare waren Krieger des Fuchs-Klans, Enkel von Harmin dem Schmied, die nun schon viele Wochen um die Gunst Gunwas wetteiferten. Auch diese beiden baten Awin darum, ihn begleiten zu dürfen, ein Angebot, das er gerne annahm. Seine Schwester war darüber nicht sehr glücklich. Er nahm sie also zur Seite und sprach mit ihr: »Ich werde jede Hilfe brauchen, die ich finden kann, Gunwa, also auch die dieser beiden tapferen Krieger. Allerdings können weder du noch Mabaks Weib Niwa uns begleiten. Ich werde also einen Krieger zurücklassen, der euch nach Wastu
bringt. Und ich frage dich, wer ist dir als Begleiter lieber, Limdin oder Dare?«
Gunwa sah betreten zu Boden. »Du kannst nicht verlangen, dass ich das entscheide, kleiner Bruder«, sagte sie schließlich. Dann blickte sie ihn ernst an und fügte hinzu: »Denn wenn der, der mit dir zieht, stirbt, wird der andere es nie verwinden und sich nie verzeihen, dass er nicht an der Stelle seines Bruders gegangen ist. Sie sind einander sehr zugetan, vielleicht mehr, als sie im Augenblick wahrhaben wollen.«
Awin musste zugeben, dass er so weit nicht gedacht hatte. »Sicher, sie wären mir beide als Schwager willkommen, aber es wäre mir dennoch lieb, Gunwa, wenn du dich für einen der beiden entscheiden könntest«, drängte er. Aber sie blickte wieder zu Boden und schüttelte den Kopf. Dann sagte sie leise: »Bringe beide wieder zurück. Darum bitte ich dich. Und dann werde ich mich entscheiden.«
Awin versprach es. Dann redete er mit Tuge über diese Frage: »Die Viramatai werden sich sicher gut um unsere Frauen kümmern, dennoch würde ich Niwa und Gunwa ungern ohne Begleiter in Wastu wissen. Ich dachte an den jungen Mabak.«
»Ich würde deinem Gedanken zustimmen, wenn das eine Stadt der Akkesch oder Budinier wäre, aber es ist eine Stadt der Viramatai. Was soll ihnen da widerfahren?
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