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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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zusammen, dass die vielen Dinge in eurer Vorratskammer noch nicht sehr lange dort liegen.«
    An den Mienen der Hofleute sah Awin, dass er richtig geraten hatte. Praane warf ihm einen zornigen Blick zu, und Nokke erbleichte und schloss die Augen. Er schien ein viel schlechteres Gewissen bei dieser Sache zu haben als sein Ore.
    »Ihr habt eure eigenen Leute bestohlen?«, fragte Wela angewidert.
    »Das haben wir nicht!«, erwiderte Praane wütend.
    »Wir … wir sind doch keine Hakul!«, presste Nokke hervor.
    Die Hakul sprangen auf, die Akradhai taten es ihnen gleich, und so mancher Dolch wurde gezogen, während Awin, Jeswin und Praane versuchten, ihre Leute wieder zu beruhigen. Aus dem Wald tönte hämisches Gelächter.
    »Hört ihr das?«, rief Praane. »Sie lachen über uns!«
    Das wirkte.
    »Wenn wir heute Nacht vielleicht den Kopf für euch hinhalten müssen, dann wäre es das Wenigste zu erfahren, was hier vorgefallen ist, Ore Praane«, sagte Awin.
    Praane zögerte, aber dann antwortete er: »Dann ist es wiederum an Nokke, euch zu berichten.«
    »Wir hatten eine Ladung Felle nach Borre gebracht und
dort eingetauscht«, begann Nokke, als die Männer wieder saßen. »Wenig genug haben wir dafür bekommen, wie üblich. Auf dem Rückweg erreichte uns die Meldung, dass die Hakul in nie gesehener Zahl über die Wasserhöhen kämen. Wir beeilten uns, den Wald zu erreichen, denn wir wussten, dass die Pferdeleute ihn meiden. Jedenfalls dachten wir das bis heute. Da kam mir der Gedanke, dass es vielleicht gut wäre, uns dort auf die Lauer zu legen. Wir waren zu zehnt, vielleicht würde es uns gelingen, einige versprengte Hakul anzugreifen und sie zu lehren, sich von unseren Äckern fernzuhalten. Es war furchtbar. Das Grünland verschwand unter dichten Rauchschwaden, und die Wälder füllten sich mit Flüchtlingen. Dann kam der endlose Strom von Reitern. Noch nie sah ich so viele Krieger. Wir hörten die Schreie derer, die so töricht waren, diesem großen Heer Widerstand zu leisten, und so brannten wir umso mehr auf Rache.« Nokke hielt einen Augenblick inne.
    Allmählich verstand Awin die Akradhai, ihre ohnmächtige Wut, ihren Hass auf den überlegenen Feind. Es war ein Wunder, dass sie in den Hof eingelassen worden waren.
    Der Bucklige fuhr fort: »Unsere Gelegenheit zur Rache sollte kommen, denn bald tauchte am Waldrand eine Schar Hakul mit einem Wagen voller geraubter Schätze auf. Sie trieben Ziegen, Schafe und Rinder vor sich her und sangen vergnügt von ihrem großen und leichten Sieg. Sie waren uns überlegen an Zahl, dennoch waren wir entschlossen, sie anzugreifen, als etwas Seltsames geschah. Ein Reiter tauchte auf, ein Knabe war er, schwarzhaarig, von dunklerer Haut als die Hakul und von gebieterischem Wesen. Er herrschte die Männer an, dass sie keine Zeit zu verlieren hätten, denn es gälte, die Brücke am Fluss zu nehmen. Und das Erstaunliche geschah - die Männer gehorchtem dem Knaben. Sie ließen ihre Beute einfach stehen und folgten ihm nach Osten.«

    »Skefer«, murmelte Wela.
    »Und da habt ihr euch die Güter angeeignet?«, fragte Jeswin, als Nokke nicht weitersprach.
    Der Akradhai nickte. »Es erschien mir Verschwendung, den Wagen und die Tiere den Wölfen zu überlassen - oder den Hakul.« Nokke wirkte sehr unglücklich, als er das sagte.
    »Und dann tauchten die Eigentümer eurer Beute hier auf?«
    »Diese Grünländer behaupten jedenfalls, Besitzer dieser Güter zu sein, und verlangten zurück, was angeblich ihnen gehörte«, erklärte Ore Praane. »Und sie forderten eine Sühne in doppelter Höhe. Das aber würde für uns den sicheren Hungertod bedeuten. Und deshalb kämpfen wir.«
    Awin schwieg nachdenklich. Hakul nahmen für gewöhnlich nichts, was sie nicht selbst durch Kampf gewonnen hatten, aber er konnte verstehen, dass Nokke der Versuchung erlegen war. Damit hatte er seine Leute jedoch in eine schier ausweglose Lage gebracht.
    »Warum verhandelt ihr nicht mit den Grünländern?«, fragte Wela jetzt.
    »Hast du nicht zugehört, Heilerin? Das haben wir doch versucht!«, erwiderte Praane gereizt.
    »Dann versucht es eben noch einmal«, antwortete Wela ungehalten. »Schließlich sieht die Sache doch jetzt ganz anders für euch aus.«
    Praane blickte sie überrascht an. Awin fragte sich hingegen, warum er nicht selbst auf diesen so nahe liegenden Einfall gekommen war. »Natürlich«, rief er, »jetzt werden sie verhandeln, denn sie wissen ja nicht, dass wir nur eine Nacht hierbleiben wollen.

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